Streit um Arbeitszeiten - Arbeitgeberpräsident für Reform

| Politik Politik

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert eine schnelle Reform des Arbeitszeitgesetzes in Deutschland mit einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Eine wöchentliche Höchstarbeitszeit passt besser in das Zeitalter der Digitalisierung als die strikte tägliche Höchstarbeitszeit. Wir brauchen das in Deutschland jetzt endlich auch.» 

Dulger: Regelungen veraltet

Die Arbeitszeitgesetzgebung in Deutschland stamme aus der Zeit von Telex und Wählscheibe, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die Möglichkeiten der EU-Arbeitszeitrichtlinie sollten voll ausgeschöpft werden. 

«Für einen Dachdecker oder einen Arbeiter am Montageband gibt es so etwas wie Homeoffice nicht. In diesen Bereichen haben wir auch tarifvertragliche Tagesarbeitszeiten», sagte Dulger. «Am liebsten ist es mir, wenn das Arbeitgeber und Gewerkschaften untereinander vereinbaren, und der Gesetzgeber das durch einen passenden rechtlichen Rahmen begleitet. Wichtig dabei ist, dass wir als Sozialpartner weiterhin alle tariflichen Freiheiten behalten, etwa durch Öffnungsklauseln.» Das habe sich in der Vergangenheit sehr bewährt. 

Flexibler arbeiten

«In anderen Jobs wollen Mitarbeiter flexibler sein, vielleicht um 16 Uhr das Kind aus der Kita holen, dann um 20 Uhr noch zwei Mails schreiben – und dann trotzdem am nächsten Morgen um 7 oder 8 Uhr im Büro sein können», sagte Dulger. «Das ist aktuell gesetzlich nicht möglich, weil man die Ruhezeiten dann nicht einhält. Ich möchte, dass der gesetzliche Rahmen auch bei Ruhezeiten mehr Flexibilisierung zulässt, die wir mit unseren Sozialpartnern füllen. Es geht nicht darum, den Achtstundentag zu schleifen und alle täglich 13 Stunden schuften zu lassen. Das ist Unsinn.»

Arbeitszeitgesetz

Das Gesetz sieht vor, dass die tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten darf. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen auf bis zu zehn Stunden verlängert werden. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben - eine Verkürzung auf zehn Stunden ist unter Voraussetzungen möglich etwa in Krankenhäusern, in Verkehrsbetrieben oder Gaststätten. Abweichende Regelungen sind auch durch Tarifverträge möglich.

Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es, die Arbeitswelt sei im Wandel. Beschäftigte und Unternehmen wünschten sich mehr Flexibilität. «Deshalb wollen wir im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen – auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.» Zur konkreten Ausgestaltung solle es einen Dialog mit den Sozialpartnern geben.

Gewerkschaften lehnen Reform ab

Dieser Sozialpartnerdialog zum Arbeitszeitgesetz startete in der vergangenen Woche. Die Gewerkschaften lehnen eine Änderung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ab. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi sagte, eine Abschaffung des regulären Achtstundentags gehe an der Realität der Beschäftigten völlig vorbei. Schon heute leisteten die Menschen in Deutschland zahlreiche Überstunden, viele davon unbezahlt. Schon heute vereinbarten die Sozialpartner in Tausenden Tarifverträgen flexible Arbeitszeiten. Das Arbeitszeitgesetz in seiner derzeitigen Form biete dafür ausreichend Spielraum.

In einer im Mai vorgelegten Kurzstudie des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeitsrecht der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung heißt es, das Vorhaben der Bundesregierung würde tägliche Höchstarbeitszeiten von über mehr als zwölf Stunden erlauben - überlange Arbeitszeiten aber gefährdeten die Gesundheit. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) fordert eine rasche und dauerhafte steuerliche Entlastung für das Gastgewerbe. Der Verband sieht darin einen entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Innenstädte.

Die im Europäischen Parlament angestoßenen Pläne für ein Bezeichnungsverbot von Fleisch-Namen für pflanzliche Ersatzprodukte stoßen im Bundestag auf breite Ablehnung. Quer durch fast alle Fraktionen äußerten Abgeordnete Kritik an einem möglichen Verbot von Begriffen wie „Tofu-Wurst“ oder „Veggie-Burger“.

Die wiederholte Blockade in Washington hat für das US-Hotelgewerbe bereits zu massiven Verlusten geführt. Über 30 Branchenverbände richten einen verzweifelten Appell an die politischen Entscheidungsträger.

Der Mindestlohn steigt wie geplant zum 1. Januar auf 13,90 Euro pro Stunde und ein Jahr später um weitere 70 Cent auf 14,60 pro Stunde. Das Bundeskabinett beschloss in Berlin eine entsprechende Verordnung.

Bundesagrarminister Alois Rainer spricht sich gegen ein Verbot von Bezeichnungen wie «Veggie-Schnitzel» oder «Tofu-Wurst» für pflanzliche Lebensmittel aus. Es würde «unglaublich hohe Kosten für die Wirtschaft» sowie Bürokratie verursachen, sagte der CSU-Politiker vor einem Treffen mit einem EU-Amtskollegen in Luxemburg.

Zwei Drittel der abhängig Beschäftigten in Deutschland sprechen sich für eine Lockerung der täglichen Arbeitszeitbegrenzung und die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit aus. Dies ist das zentrale Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Die Debatte um geplante Steuerentlastungen für die Gastronomie und Pendler spitzt sich zu. Nach der ablehnenden Haltung von Bundesfinanzminister Klingbeil hinsichtlich einer Kompensation für die Länder, kam scharfe Kritik von Ministerpräsidenten der CDU. Gleichzeitig warnt der DEHOGA vor den Folgen einer Verzögerung der Entscheidungen.

Der Streit zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung des geplanten Entlastungspakets spitzt sich zu. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat die Länder scharf vor einem Scheitern der geplanten Mehrwertsteuersenkung für Speisen in der Gastronomie gewarnt. Jetzt äußerten sich weitere Politiker und Verbände.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat angesichts des anhaltenden Streits über die Verteilung der Steuerausfälle mit einem Scheitern der geplanten Entlastungen für die Gastronomie und Pendler gedroht. Die Länder fordern eine Kompensation der zu erwartenden Mindereinnahmen durch den Bund.

Entlastung für eine krisengeschüttelte Branche: In einer öffentlichen Anhörung im Bundestag bekräftigen Wirtschaftsvertreter und Fachexperten die Notwendigkeit der geplanten Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf sieben Prozent. Kritiker stellten die fiskalischen Kosten und die soziale Treffsicherheit der Maßnahme infrage.