Verpackungssteuer-Verbot löst Frust bei Bayerns Städten aus

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Mit ihrem landesweiten Verpackungssteuer-Verbot hat die Staatsregierung Frust und scharfe Kritik bei Bayerns Städten ausgelöst. «Das Verbot einer kommunalen Verpackungssteuer stellt einen unbegründeten und überzogenen Eingriff in die kommunale Finanzhoheit dar», sagte der Geschäftsführer des bayerischen Städtetags, Bernd Buckenhofer, zum Beschluss des Kabinetts. «Kommunalfreundliches Handeln sieht anders aus.»

Städte wie Regensburg und Bamberg hatten erwogen, eine solche Steuer auf Einwegverpackungen im Kampf gegen Müllberge nach Tübinger Vorbild einzuführen. Das müsste der Freistaat genehmigen - was er laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) aber nicht tun wird. Perspektivisch wollen CSU und Freie Wähler eine solche Steuer auch per Gesetz verbieten.

Bamberg will mit anderen Städten «weiteres Vorgehen ausloten»

Der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Bamberg, Jonas Glüsenkamp, bedauerte die Entscheidung der Staatsregierung. «Als touristisch geprägte Welterbestadt haben wir sehr stark mit Einwegmüll im Innenstadtbereich zu kämpfen», sagte der Grünen-Kommunalpolitiker. «Es scheint vernünftig, hier nach dem Verursacherprinzip vorzugehen und nicht die Allgemeinheit die verheerenden Auswirkungen der To-Go- und Wegwerfkultur zahlen zu lassen.»

Zudem sei die Finanzlage in Bamberg wie in vielen Kommunen angespannt, sagte Glüsenkamp. «Wir haben als Auflage unseres Haushaltsvollzugs, dass wir alle Einnahmepotentiale voll ausschöpfen müssen. Nun ist uns eine weitere Einnahmemöglichkeit vorerst verwehrt.» Bamberg werde über den Städtetag mit anderen an einer Steuer interessierten Kommunen «das weitere Vorgehen ausloten». Ob das die Möglichkeit einer Klage umfasst, blieb zunächst unklar. «Das wird zu prüfen sein», sagte Glüsenkamp auf Nachfrage.

Umwelthilfe prüft Klage-Option und fordert Zusicherungen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte andere Bundesländer auf, in denen Kommunen wie im Freistaat eine Erlaubnis für solche Steuern brauchen, ein Zeichen gegen Bayerns Alleingang zu setzen. 

Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern müssten ihren Kommunen jetzt «eine freie Entscheidung über die Einführung von Einweg-Verpackungssteuern zusichern, weil dort wie in Bayern eine Zustimmung durch das Land nötig ist», sagte DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz. Die DUH fordere Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf, «diesen Fehler sofort zu korrigieren.» Der Verein prüfe auch, ob er juristisch gegen das Verbot vorgehen könne.

Städtetag: Verbot deutet auf Misstrauen gegenüber Stadträten hin

Der bayerische Städtetag wertete das Verpackungssteuer-Verbot der Staatsregierung laut Buckenhofer als Hinweis auf ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber den Entscheidern vor Ort: «Vor einigen Jahren die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, später das Verbot der Übernachtungssteuer und jetzt wieder eine Verbotsankündigung legen nahe, dass das Vertrauen der Staatsregierung in die Entscheidungskompetenz der von der Bürgerschaft gewählten Stadt- und Gemeinderäte nicht stark ausgeprägt ist.» 

Die Verpackungssteuer könne ein Baustein sein, um Müll in den Städten zu vermeiden, betonte Buckenhofer. «Diese Abwägung, ob eine solche Steuer eingeführt werden soll, kann von Stadt zu Stadt unterschiedlich ausfallen. Eine solche Abwägung von vornherein unmöglich zu machen, schwächt die kommunale Selbstverwaltung.»

Einwegbecher kosten in Tübingen 50 Cent extra

Das Bundesverfassungsgericht hatte vor der Entscheidung des bayerischen Kabinetts nach einem jahrelangen Rechtsstreit die Tübinger Verpackungssteuer für verfassungsgemäß erklärt. Dort wird seit Anfang 2022 eine Steuer von 50 Cent für Einwegverpackungen wie Kaffeebecher, 50 Cent für Einweggeschirr wie Pommesschalen und 20 Cent für Einwegbesteck erhoben. 

Andere Städte kündigten daraufhin an, ebenfalls eine solche Steuer erheben zu wollen. In Konstanz am Bodensee wurde sie schon eingeführt, Freiburg hat eine solche Abgabe beschlossen.

Herrmann begründet Ablehnung mit Bürokratieabbau

In Bayern wird es diese Möglichkeit auf absehbare Zeit nach dem Willen der Staatsregierung aber nicht geben. Bayerns Innenminister Herrmann begründete seine Ablehnung damit, dass es keine zusätzlichen Belastungen mit Blick auf Kosten und Verwaltungsaufwand für Bürger und Betriebe geben solle. Eine Verpackungssteuer sehe im Widerspruch zum Versprechen, Bürokratie abzubauen. 

Lob kam dafür vom bayerischen Hotel- und Gaststättenverband: «In einer Zeit, in der viele Unternehmen ohnehin unter hohem wirtschaftlichem Druck stehen, ist es ein wichtiges Signal, auf zusätzliche kommunale Belastungen zu verzichten», sagte Landesgeschäftsführer Thomas Geppert.


 

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