Wachsende Unzufriedenheit bei Deutschlands Azubis

| Politik Politik

Von Axel Hofmann und Michael Donhauser, dpa

«Obwohl minderjährig, arbeite ich teilweise 12 Tage am Stück, drei Sonntage im Monat und auch an Feiertagen», beschwert sich eine angehende Hotelfachfrau im Onlineforum «Dr. Azubi». Eine andere Userin klagt über ihre Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin, dass sie «4-mal am Tag Kundentoiletten samt Kloschüssel und Pissoire putzen muss». Die meisten Auszubildenden sind mit ihrer Lehrstelle «zufrieden» oder «sehr zufrieden» - doch im Ausbildungsreport, den der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Donnerstag in Berlin zum 14. Mal veröffentlicht hat, liegt der Anteil der Zufriedenen erstmals unter der Marke von 70 Prozent. Vor zehn Jahren seien es noch 75,5 Prozent gewesen, heißt es beim DGB.

Dabei sehen die Zahlen, die die Bundesagentur für Arbeit zum Ausbildungsmarkt vorlegt, glänzend aus: Die Lehrherren in Deutschland bieten 556 000 Ausbildungsplätze an - 8000 mehr als vor einem Jahr. Nur 497 000 junge Leute gaben an, eine Lehrstelle zu suchen. Das sind 24 000 weniger als vor Beginn des vorigen Ausbildungsjahr. Die Crux: Kaum jemand will Bäcker werden. Oder Fleischer. Oder Klempner.

Dass bestimmte Ausbildungsberufe wenig begehrt sind, dürfte auch an den jeweiligen Arbeitsbedingungen liegen. Vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe hat da einen schlechten Ruf, der sich auch im DGB-Ausbildungsreport niederschlägt. Für ihre Studie hatte die Gewerkschaft mehr als 16 000 Lehrlinge aus den 25 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen befragt. Und 52 Prozent der Köche sowie 57 Prozent der Hotelfachleute gaben an, regelmäßig von Überstunden betroffen zu sein.

Laut Studie muss zudem fast jeder achte Jugendliche unter 18 Jahren verbotenerweise mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten - vor einem Jahr war es nur jeder zehnte. «Die Auszubildenden dürfen nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden», mahnte deshalb die DGB-Bundesjugendsekretärin Manuela Conte. Ausbildungsberufe, in denen überlange Arbeitstage häufig vorkommen, haben oft eine hohe Abbrecherquote.

Ein weiteres Problem bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen ist die Tatsache, dass viele jungen Leute nur bedingt zum Ortswechsel bereit sind. In Gegenden wie Mecklenburg gibt es nach Angaben der Arbeitsagentur Lehrstellen vor allem in der Gastronomie und wenig in anderen Berufen. Dagegen gibt es in Bayern zu wenige Bewerber.

Wegen dieser Ungleichgewichte ist der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, nur bedingt optimistisch: «Ich gehe davon aus, dass es angesichts der großen Differenz zwischen Angebot und Ausbildungsplätzen und Ausbildungsplatzsuchenden am Ende wieder ein Delta bleibt mit offenen Ausbildungsplätzen.» Dass jeder, der sucht, eine Lehrstelle bekommt - soweit wollte Scheele jedoch nicht gehen.

Einen Schwerpunkt des DGB-Ausbildungsreports lag in diesem Jahr auf der notwendige Digitalisierung der Ausbildung - und auch hier scheint es erheblichen Nachholbedarf zu geben: Nach eigener Einschätzung werden lediglich 54 Prozent der Jugendlichen gezielt darauf vorbereitet, im Berufsalltag digitale Technologien zu nutzen. Die digitale Ausbildung an der Berufsschule bewertet jeder dritte Azubi nur als «ausreichend» oder gar «mangelhaft».

Die Gewerkschaft fordert deshalb eine bessere technische Ausstattung der Berufsschulen sowie eine bessere Qualifizierung der Lehrkräfte. «Die Mittel aus dem Digitalpakt von Bund und Ländern müssen auch an den beruflichen Schulen ankommen», mahnte DGB-Vize Elke Hannack. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) machte sich dafür stark, die Berufsschulen besser auszurüsten: «Sie brauchen nicht nur eine hochwertige und zeitgemäße Ausstattung, sondern auch im Umgang mit der Technik versierte Lehrer», sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sieht grundsätzlich aber auch die Azubis in der Pflicht: «Die persönliche Eignung, das Engagement und die Sozialkompetenzen sind ebenso wie die fachliche Eignung der Auszubildenden entscheidende Voraussetzungen für den Ausbildungserfolg.» (dpa) 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) erwägt ein Subunternehmerverbot für Essenslieferdienste wie Uber Eats, Wolt und Lieferando. Die Maßnahme soll nach einer rbb-Recherche, in der auf mögliche kriminelle Strukturen in der Branche hingewiesen wurde, effektiver gegen zahlreiche Verstöße gegen das Arbeitsrecht vorgehen.

Der Bundestag hat das Steueränderungsgesetz 2025 beschlossen. Das Gesetz setzt die im Koalitionsausschuss vereinbarten steuerlichen Rechtsänderungen um. Zu den zentralen Beschlüssen gehört die dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent.

Gastronomen, Pendler sowie Ehrenamtler sollen steuerlich entlastet werden. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag in Berlin beschlossen. Nun muss noch der Bundesrat den Weg für das Branchenanliegen freimachen.

Die große Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland spricht sich für eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf maximal 8 Stunden aus. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse des nun vorgestellten DGB-Index Gute Arbeit 2025.

Eine Umfrage beleuchtet die Herausforderungen der DSGVO-Umsetzung in der deutschen Wirtschaft. Unternehmen fordern mehrheitlich eine umfassende Reform der europäischen Datenschutzregeln, um die Digitalisierung und die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz nicht weiter zu behindern.

Bundesernährungsminister Alois Rainer hat die geplante Novellierung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes verschoben. Die Ausweitung der Kennzeichnung auf weitere Tierarten und die Einbeziehung der Gastronomie sind weiterhin strittige Punkte, während die Bezahlbarkeit von Lebensmitteln für den Minister im Vordergrund steht.

Der Deutsche Bundestag hat den Haushalt 2026 verabschiedet. Das zentrale Element aus Sicht des Gastgewerbes ist die Verankerung der auf sieben Prozent gesenkten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie. Der DEHOGA zeigte sich zuversichtlich, dass nun auch die Mehrheit der Bundesländer im Bundesrat den Weg für das Branchenanliegen freimachen wird.

Die neue Budgetverteilung im Bundeshaushalt 2026 stößt beim Deutschen Tourismusverband auf gemischte Reaktionen. Während der Etat für Kunst und Kultur bejubelt wird, sorgt eine weitere Kürzung der zentralen Tourismusförderung für Unmut.

Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz fordert, Werkverträge bei Essenslieferdiensten zu verbieten. Auch die Gewerkschaft NGG unterstützt den Plan. Ähnliches gibt es schon in anderen Branchen.

Europa-Park-Gründer Roland Mack hat im Umgang mit der AfD für einen offenen Austausch geworben. Dass man mit Menschen spreche, die immerhin einen hohen Anteil an Wählerstimmen ausmachten, halte er für notwendig und richtig, so der 76-Jährige in einem Gespräch mit dem «Südkurier».