Weitere Kommunen in Niedersachsen führen Bettensteuer ein

| Politik Politik

In niedersächsischen Städten und Gemeinden wird zunehmend Bettensteuer erhoben. Nachdem bereits die Landeshauptstadt Hannover eine solche Abgabe Anfang des Jahres eingeführt hat (Tageskarte berichtete), treten Beherbergungssteuern nun zum 1. Juli auch etwa in Laatzen in der Region Hannover, im ostfriesischen Leer und in Bleckede an der Elbe in Kraft, wie aus Angaben der Städte hervorgeht. In weiteren Städten wie Hildesheim, Emden, Springe und Hameln wird die Einführung einer solchen Abgabe diskutiert oder geplant, wie der Bund der Steuerzahler in Niedersachsen auf Anfrage der Deutschen-Presse-Agentur mitteilte. 

Nach Angaben des Steuerzahlerbundes, des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga und des Innenministeriums gibt es Übernachtungssteuern in Niedersachsen bislang in Hannover, Cuxhaven, Lüneburg, Hann. Münden, in den Gemeinden Adendorf und Amt Neuhaus im Landkreis Lüneburg sowie in der Gemeinde Lembruch (Landkreis Diepholz). In Lüneburg wurde die seit 2015 bestehende Steuer Anfang 2024 auf Geschäftsreisende ausgeweitet. 

Bettensteuer lukrative Einnahmequelle für Kommunen

Dass weitere Kommunen Bettensteuern einführen, liegt laut Jan Vermöhlen, Vorstandsmitglied beim Bund der Steuerzahler in Niedersachsen, zum einen an einem Urteil. Nach jahrelanger Diskussion um die Abgabe hatte das Bundesverfassungsgericht 2022 entschieden, dass Städte und Gemeinden von Gästen eine Übernachtungssteuer erheben dürfen. Darüber hinaus gaben die Karlsruher Richterinnen und Richter grünes Licht für eine Ausweitung auf Geschäftsreisende, die bis dahin ausgenommen waren. 

«Dadurch hat sich die mögliche Besteuerungsgrundlage verbreitert, die Einführung einer Bettensteuer erscheint vielen Kommunen folglich lukrativer als zuvor, als lediglich private Übernachtungen besteuert werden konnten», teilte Vermöhlen mit. Zum anderen habe sich die Finanzlage der Kommunen in Niedersachsen erheblich verschärft. «Viele Kommunen suchen derzeit händeringend nach neuen Einnahmequellen. Da kommt ihnen die Bettensteuer sehr gelegen», sagte der Steuerexperte. 

Verschiedene Namen - aber gleiches Prinzip

Wie die Steuern in den einzelnen Kommunen heißen und wie sie ausgestaltet sind, ist verschieden. Oft werde die Abgabe auch Beherbergungssteuer oder Übernachtungssteuer genannt, teilte der Steuerzahlerbund mit. Kommunen können diese nach dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz erheben. Die Einnahmen fließen in den allgemeinen Haushalt. Sie sind nicht zweckgebunden. Anders ist das bei Tourismusbeiträgen oder Gästebeiträgen, die zum Beispiel in Kur- oder Erholungsorten erhoben werden dürfen. Diese Mittel müssen zweckgebunden für den Tourismus ausgegeben werden. 

Das Grundprinzip bei der Bettensteuer ist gleich: Meist wird pro Person und Nacht ein bestimmter Anteil des Übernachtungspreises fällig. Manchmal muss auch ein fester Betrag abgeführt werden. Zum Teil wird auch zwischen Privat- und Geschäftsreisen unterschieden. Mancherorts werden nach Angaben des Steuerzahlerbundes auch bestimmte Gruppen oder Reiseanlässe von der Erhebung ausgenommen wie zum Beispiel Klassenfahrten.

Kritik von Gastgebern und Steuerzahlerbund

Der Hotel- und Gaststättenverband nimmt an, dass künftig weitere Kommunen Bettensteuern erheben werden. «Alle Kommunen leiden unter Finanznot», sagte Renate Mitulla, Geschäftsführerin des Dehoga in Niedersachsen. «Wir gehen davon aus, dass alle Kommunen mit einem nennenswerten Übernachtungsaufkommen nach und nach über diesen Weg nachdenken werden, weil sie von der Kommunalaufsicht dazu angehalten werden, um ihre Haushalte zu decken.» 

Der Branchenverband kritisiert die Mehrkosten für Gäste und den bürokratischen Aufwand für Gastgeber. Kostensteigerungen und ein Mangel an Arbeitskräften belasteten ohnehin das Gastgewerbe. Nun komme mancherorts noch die Bettensteuer hinzu, die Gastgeber aufschlagen würden und an ihre Gäste weiterleiteten. Das bedeute, Übernachtungen würden für Gäste teurer und das in einer Zeit, in der nicht nur Privatreisende, sondern auch Firmen sehr preissensibel seien, sagte Mitulla. 

Für Kommunen werden Bettensteuern laut Dehoga und Steuerzahlerbund zu einem Wettbewerbsfaktor. «Die Verteuerung des Übernachtungspreises wird immer dazu führen, dass ein Teil der Gäste in Nachbarkommunen übernachtet, in denen die Abgabe nicht erhoben wird», sagte Vermöhlen vom Steuerzahlerbund. Orte mit der Steuer hätten dann einen Standortnachteil. Wenn Gäste fernblieben oder abwanderten, wirke sich dies auch auf andere Branchen aus, wie den Einzelhandel oder die Gastronomie. Andere Steuereinnahmen wie Lohn-, Umsatz und Gewerbesteuer könnten sinken. 

Städtetag: Beherbergungsbetriebe profitieren von attraktiver Infrastruktur

Der Niedersächsische Städtetag hat eine andere Sicht. Viele laufende Kosten für kommunale Aufgaben einerseits und eine flächendeckend schlechte Finanzlage andererseits führten dazu, dass in Kommunen die Einführung einer Bettensteuer diskutiert werde, teilte der Niedersächsische Städtetag auf Anfrage mit. 

Die Bettensteuer sei dabei als Kultur- und Tourismusförderabgabe zu verstehen. «Stark frequentierte Tourismus- oder auch Messeorte verlangen nach gut ausgebauter und zu unterhaltender Infrastruktur», sagte Hauptgeschäftsführer Jan Arning. «Die Infrastruktur, die von stark frequentierte Tourismuskommunen vorzuhalten ist, geht über das hinaus, was nur für die bloße Einwohnerzahl notwendig wäre.» Diese Ausgaben müssten finanziert werden. Eine attraktive Infrastruktur komme dann wiederum indirekt auch den Beherbergungsbetrieben zugute, heißt es vom Städtetag. 

In Hannover, wo eine Bettensteuer für Übernachtungen in Hotels, Campingplätze und Ferienwohnungen seit Januar gilt, hat etwa angekündigt, etwa ein Drittel der Einnahmen für die Förderung des Messe-, Kultur- und Tourismusstandortes auszugeben. Früheren Angaben zufolge erhofft sich die Landeshauptstadt Einnahmen von rund zehn Millionen Euro pro Jahr. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Verbraucherschützer sprechen sich deutlich gegen ein mögliches Verbot von Bezeichnungen wie «Tofu-Wurst» oder «Soja-Schnitzel» aus. Das Europaparlament will am Mittwoch über ein entsprechendes Vorhaben abstimmen.

Die niederländische Tourismusbranche steht vor einer möglichen drastischen Änderung: Die Regierung in Den Haag plant, die Mehrwertsteuer auf Übernachtungen von derzeit 9 auf 21 Prozent anzuheben. Die Maßnahme soll laut Medienberichten ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten. Branchenvertreter warnen vor drastischen Folgen.

 

Die Neuköllner Kulturkneipe «Bajszel» ist erneut Ziel antisemitischer Anfeindungen geworden. Rund um die Schenke brachten unbekannte Flugblätter an, auf denen die drei Betreiber abgebildet sind und wegen angeblicher Unterstützung Israels persönlich bedroht werden.

Weniger Werbung für Ungesundes: Vor allem Kinder sollen dadurch geschützt werden. Die britische Regierung erhofft sich langfristig Milliardeneinsparungen im Gesundheitssektor.

Am 2. Oktober beginnt vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim eine entscheidende Verhandlungsreihe. Gegenstand sind Berufungen der landeseigenen L-Bank gegen Urteile, die zuvor Rückforderungsbescheide der Corona-Soforthilfe als unrechtmäßig eingestuft hatten.

Gastwirte sollen 2026 entlastet werden, die Umsatzsteuer auf Speisen sinkt. Doch ob es auch zu Preissenkungen in Restaurants kommt, ist fraglich. Die DGB-Vorsitzende hätte da einen anderen Vorschlag. Bayerns Tourismusministerin widerspricht.

Die geplante Ausweitung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes auf Restaurants, Imbisse und Co. stößt auf heftigen Widerstand. Branchenvertreter sehen darin eine neue, unnötige Bürokratie und befürchten Wettbewerbsnachteile, ohne dass es einen echten Mehrwert für die Gäste gibt.

Die europäische Kommission hat von den Tech-Unternehmen Apple, Google, Microsoft und Booking.com Auskünfte darüber verlangt, wie sie sich auf ihren Plattformen gegen Betrugsmaschen zur Wehr setzen. Grundlage dafür ist das Gesetz über digitale Dienste.

Beim „Burger Dialog“ von McDonald's trafen Vertreter der Gen Z auf Abgeordnete der Regierungskoalition. Im Zentrum des Austauschs standen die Sorgen junger Menschen, die zunehmend daran zweifeln, dass Leistung allein noch den gesellschaftlichen Aufstieg sichert.

In vielen Ballungsräumen gehen etliche reguläre Wohnungen ausschließlich an Feriengäste. Lindert es die Wohnungsnot, wenn man die kurzfristige Vermietung eindämmt?