In Hessens Einzelhandel, Gastronomie und Bäcker-Handwerk sind auch nach Ablauf einer Übergangsfrist immer noch viele Kassen nicht manipulationssicher. Ein Großteil sei «sehr wahrscheinlich» noch nicht mit der sogenannten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet, sagte Stefan Körber, Geschäftsführer des Bäckerinnungsverbands Hessen. Der DEHOGA sowie der Handelsverband schätzen die Lage ähnlich ein. Alle betonen jedoch: Die Schuld dafür liegt nicht bei den Betrieben.
Laut Bundesfinanzministerium gehen dem Staat jährlich hohe Steuersummen verloren, weil Umsätze mit manipulierten Kassen und fingierten oder fehlenden Rechnungen falsch oder gar nicht erfasst werden. Neben Einführung der Bonpflicht soll die Umrüstung mit der technischen Sicherheitseinrichtung Abhilfe schaffen. Die TSE-Module zeichnen jede Transaktion auf und versehen sie mit einer Signatur. Bis zum 30. September sollten alle Kassen umgerüstet sein, hatte der Bund festgelegt.
Tatsächlich hätten viele Betriebe Kassen gar nicht umrüsten können, sagt Körber: «Ein Großteil der Kassenhersteller muss das vor Ort aufspielen, hat aber wegen Corona keinen Außendienst gemacht.» Neben einer Umrüstung der Hardware gibt es auch eine Cloud-Variante - dabei werden Daten nicht in der Kasse direkt gespeichert. «Wir empfehlen cloudbasierte Systeme, weil diese der richtige Weg für die Zukunft sind», sagt Silvio Zeizinger, Geschäftsführer des Handelsverbands Hessen. Doch für cloudbasierte Systeme gab es bis Anfang Oktober keinen entsprechend zertifizierten Anbieter. «Jetzt, wo eine Lösung da ist, muss jeder handeln», sagt Zeizinger. Man hoffe angesichts der Situation auf die Kulanz der Behörden.
Die haben das Problem erkannt: Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Mehraufwands für Unternehmen durch die Absenkung der Umsatzsteuer hätten 15 Bundesländer – einschließlich Hessen – mehr Zeit für die Um- oder Nachrüstung eingeräumt, sagt Lucas Cornelius von der Oberfinanzdirektion Frankfurt. Die Frist geht nun bis zum 31. März.
Allerdings muss der Steuerpflichtige nachweisen, bis Ende September eine TSE bestellt oder einen Dienstleister mit dem Einbau beauftragt zu haben. Bei einer cloudbasierte TSE gibt es keine konkrete Frist, sondern es sei «unverzüglich alles Erforderliche selbst zu tun oder zu veranlassen, um die zeitnahe Inbetriebnahme sicherzustellen». Ob eine Kasse umgerüstet ist, wird bei unangekündigten Kassenprüfungen ermittelt. «Der Verstoß gegen die TSE-Pflicht kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden», heißt es von der Oberfinanzdirektion.
Mit der Fristverlängerung können Handel, Gastronomie und Bäcker grundsätzlich leben. Allerdings kämen die Umrüstkosten angesichts der Corona-Belastungen zu einer schwierigen Zeit, sagt Julius Wagner, Hauptgeschäftsführer der DEHOGA.
Laut Bäckerinnungsverband liegen die Durchschnittskosten für eine TSE-Ausstattung bei 5.000 Euro für kleinere Betriebe und bei 28 000 Euro für größere. Stefan Körber hofft, dass TSE am Ende zumindest einen Vorteil für die Betrieb hat: «Dass der Wahnsinn aufhört, Bons ausdrucken zu müssen». (dpa)