Columbus-Preis-Gewinner Eckart Mandler: Wie Corona das Reisen verändern wird

| Tourismus Tourismus

Aus der Sicht eines Praktikers: Wie die Corona-Pandemie das Reisen verändern wird

Die Nachwirkungen von Corona werden das Reisen langfristig beeinflussen. Es wird mühevoller werden und die Gefahr von neuen Virenmutationen wird weltweit das Reiseverhalten ändern.
Reisen wird schon deshalb entschleunigter, weil die Sicherheitsmaßnahmen viel mehr Zeit verlangen und daher eine Reise überall hin einbremsen. Reisen wird wieder einen besonderen Stellenwert in unserem Leben einnehmen. Wir werden für das Reisen selber wieder mehr Verantwortung übernehmen müssen und uns über die Reiseziele vorab gut informieren müssen. Nicht jeder Instagram-Hotspot ist dann auch wirklich ein lohnendes Reiseziel.

Welche Bedeutung bekommt „Slow Travel“?

Auch angesichts der auf uns zukommenden Klimakrise werden wir unser Reiseverhalten ändern müssen: der CO²-Fußabdruck beim Verreisen wird an Bedeutung gewinnen. Das heißt aber nicht auf Reisen zu verzichten, aber das Ziel und die Art zu Reisen sollten auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit hin kritisch hinterfragt werden. Ähnlich wie bei Slow Food spielt auch beim Reisen die Konsumation der angebotenen Produkte eine große Rolle und hat Auswirkungen auf das Weltklima. 

Was heißt „langsames Reisen“ in der Praxis?

In der Coronakrise haben viele Menschen erstmals gelernt, die eigene Umgebung zu erkunden und das meist auch noch zu Fuß. Man hat Orte und Menschen getroffen, die vorher (im Kopf) ganz weit weg waren. Man hat Freizeitaktivitäten ausgeübt, die bisher nur aus den Medien bekannt waren und von anderen Menschen gemacht wurden. Wandern, Radfahren, Langlaufen, Schneeschuhwandern oder einfach nur Bewegen in der näheren räumlichen Umgebung vom Wohnort. 

Reisen war lange Zeit eine langsame Art der Fortbewegung, die Ziele nicht ganz so weit von Zuhause entfernt und diese Art von Reisen war gar keine so unbequeme. Heute und in den nächsten zwei Jahren wird schon Corona-bedingt das Verreisen etwas langsamer vor sich gehen. Länger voraus eine Reise selber organisieren, nicht dorthin reisen, wo viele hinwollen, sondern Ziele finden, die noch unentdeckter sind und mehr Raum zum Entdecken bieten. Das heißt, man lernt die Menschen vor Ort intensiver kennen, tauscht mit ihnen Erfahrungen und Eindrücke aus und spürt, was ein gutes Leben wirklich ist. So sind auch Reisen zu den Wurzeln des guten Geschmacks in Kärnten eine Form von Slow Travel, weil man hier noch etwas ganz Besonderes entdeckt: die Herstellung von echten Lebensmitteln, deren Rohstoffe direkt aus dem Boden oder von den Tieren der Bauern vor Ort kommen.

Wo kommt unser Essen auf Reisen her?

Zu einer nachhaltigeren Art des Reisens zählt auch der Konsum von Speisen und der Einkauf von Souvenirs oder ähnlichen Dingen, die man sich im Urlaub gerne gönnt. Wer jetzt in der Corona-Zeit erstmals selber wieder Kochen und Backen lernen musste, wird sich mit der Herkunft von Lebensmitteln wieder stärker beschäftigt haben und ist vielleicht draufgekommen, dass viele Zutaten und Nahrungsmittel schon einen weiten Weg hinter sich haben. Viele Menschen, insbesondere auf dem Land, haben aber auch den Vorteil genossen, gleich um die Ecke bei Direktvermarktern und kleinen Lebensmittelhandwerkern einkaufen zu können. 

Dieses Verhalten lässt sich dann leichter auf die zukünftigen Reisen übertragen und die Frage, wo das Essen am Urlaubsziel eigentlich herkommt, wird sich öfter stellen. Reiseziele, in denen die Slow Food-Bewegung schon spürbar ist, können darauf gute Antworten geben. Hier kümmern sich die Menschen vor Ort um eine nachhaltige, ökologische und klimafreundlichere Ernährung. Sie pflegen eine Esskultur, die dem Slow Travel-Reisenden sehr entgegen kommt. Daraus entwickelt sich in Kärnten gerade die Slow Food Village-Bewegung. 

Diese Orte des guten Lebens schaffen besondere Momente, die den Reisenden erden und eine neue Form von Luxus bieten: Zeit für Begegnungen, Zeit für echte Erfahrungen und Entdeckungen, Zeit für den authentischen Geschmack.

Warum lohnt es sich, nach Corona anders zu verreisen?

Die Welt ist aus den Fugen geraten. Nicht nur, weil wir überall und jederzeit zu günstigen Preisen hinreisen konnten. Wir haben uns gerade hinreißen lassen, jedes Schnäppchen zu kaufen und zu buchen – oft ohne Rücksicht auf die Umwelt, auf Natur und Mensch. Jedem Instagram-Motiv hinterher zu eilen – das war vor Corona.  
Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen und die Freiheit des einen endet dort, wo der Andere Freiheit verliert. Slow Travel heißt auch Reisen mit Verantwortung für sich und andere. Wer zukünftig seine Reisen länger im Voraus plant, längere Zeit an einem Ort verweilt und dort mit allen Sinnen sein Reiseziel erkundet, kommt vielleicht mit mehr Erkenntnissen in sein Leben zurück als erwartet. Bewusstes Reisen schafft Zugänge zu Menschen, zu Speisen, zu Künsten und Erlebnissen, die beim Drüberfliegen im Verborgenen bleiben.

Ihre ganz persönlichen Erfahrungen und Tipps für Slow Travel:

Am intensivsten sind Reisen zu Fuß: Wandern in naturbelassenen Landschaften, ob in den Bergen oder am Meer, machen den Kopf frei und stärken ganz natürlich die Fitness und das Immunsystem der Menschen. Ich konnte über zwanzig Jahre lang als Hotelier Gäste durch die Berge begleiten. Nach jeder Tour gab es unglaubliche Glücksgefühle, die nur durch das Gehen in fantastischen Berglandschaften entstanden sind. Daraus sind dann die Wanderhotels (www.wanderhotels.com) entstanden, in denen Hoteliers bis heute ihren Gästen eindrucksvolle Momente vermitteln. 

Eine Landschaft schmecken lernen: Nirgendwo nimmt man den Geschmack einer Reiseregion besser auf als in den Speckkammern, Käsereien oder in Brotbackstuben. Mit den Slow Food Travel-Reisen in Kärnten ist uns ein Projekt gelungen, das als Vorbild für genussvolles, bewusstes Reisen anderen Reiseregionen weltweit dient. Meine Erfahrungen zeigen, dass der Genuss von echten Lebensmitteln vielen Menschen erst beim Besuch eines Erzeugers, z.B. auf dem Bauernhof oder in der Lebensmittelwerkstatt einen Wert erhält.

Kleine Dörfer, große Erinnerungen: Es sind nicht immer die großen Ressorts, die für die großen Abenteuer stehen, sondern oft sind es die kleinen, versteckten Dörfer abseits der Tourismusströme. Hier ist Nichts hundertausendmal in Reiseführern beschrieben, sondern jedes Detail muss selber erkundet werden. Und jede dieser Erkundungen birgt ein Abenteuer, das lange im Gedächtnis verankert bleibt. Deshalb lebe ich auch immer noch in einem kleinen „Kräuterdorf“ und staune, mit wie wenig Aufwand große Erinnerungen entstehen können.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Ägypten will ein riesiges neues Tourismuszentrum an seiner Mittelmeerküste bauen. Bei dem Projekt in der Region Ras Al-Hikma, 350 Kilometer nordwestlich von Kairo, sollen mehr als 170 Millionen Quadratmeter an Hotel-, Wohn-, Freizeit- und Geschäftsflächen entstehen.

Reisen nach Hamburg sind weiter stark gefragt. 15,9 Mio. Übernachtungen zählten die Betriebe der Hamburger Tourismusbranche im Jahr 2023 – und damit so viele wie noch nie zuvor in einem Jahr. Im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum von 8,4 Prozent.

Wird derzeit in deutschen Unternehmen geschäftlich weniger gereist? Angesichts verschiedener internationaler Studienergebnisse hat der Verband Deutsches Reisemanagement ein aktuelles Stimmungsbild eingefangen.

Emirates Flight Catering hat Bustanica, die weltweit größte vertikale Indoor-Farm, vollständig übernommen. Die 30.000 Quadratmeter große Anlage verfügt über die Kapazität, mehr als eine Million Kilogramm Blattgemüse pro Jahr anzubauen.

Vom 5. bis 7. März bietet die ITB Berlin erneut eine Plattform für die Förderung von sozialer und ökologischer Gerechtigkeit im Tourismus. Das Segment Responsible Tourism, der ITB Berlin Kongress und wegweisende Awards stärken den Dialog für eine nachhaltigere Branche.

Egal, wie groß das Budget ist, ob nah oder fern: Die Auswahl an potenziellen Urlaubszielen ist riesig - und hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Spoiler: Influencer haben eher wenig Einfluss.

Die Wahl des perfekten Verlobungsortes trägt eine tiefe Bedeutung in sich. Es geht darum, einen Moment zu schaffen, der nicht nur die Liebe zweier Menschen zueinander zelebriert, sondern auch eine gemeinsame Zukunft einläutet. Ein solcher Ort wird Teil der persönlichen Geschichte, ein Kapitel, das immer wieder gerne erzählt wird. Weltweit bieten sich dafür Kulissen von atemberaubender Schönheit und einzigartigem Charme an.

Millionen Menschen in China reisen zum Frühlingsfest. Die Feiertage sind ein wichtiger Konsumtreiber für das Land. 2024 scheinen die Chinesen nach den Corona-Jahren besonders reiselustig zu sein.

Die Deutsche Umwelthilfe hat Klage gegen die TUI Cruises GmbH wegen unzureichend begründeter Netto-Null-Ziele für die Zukunft eingereicht. Der Konzern kündige einen "dekarbonisierten Kreuzfahrtbetrieb" bis 2050 an und "begründe dies unter anderem mit realitätsfremden Annahmen".

Die US-amerikanische Buchungs- und Bewertungsplattform TripAdvisor bereitet sich auf eine eventuelle Übernahme vor. Das Unternehmen hat einen Sonderausschuss eingerichtet, um potenzielle Geschäftsvorschläge zu prüfen, was auch einen möglichen Verkauf einschließen könnte. Anleger reagieren positiv auf diese Entwicklung.