Condor vs. Lufthansa: Kartellamt sieht Marktmacht-Missbrauch

| Tourismus Tourismus

Im Streit mit der Lufthansa um gekündigte Zulieferflüge erhält der Ferienflieger Condor Rückendeckung vom Bundeskartellamt. Nach einer vorläufigen Prüfung der Wettbewerbshüter missbraucht die Lufthansa ihre Marktmacht im Kampf um touristische Langstrecken-Passagiere, wie die Behörde am Dienstag auf Anfrage mitteilte. Lufthansa hatte den langjährigen Pauschal-Vertrag über Zubringerflüge zu den Condor-Fernreisen im vergangenen November gekündigt. Umsteigeverbindungen mit einem Wechsel der Fluggesellschaft werden dadurch schwieriger buchbar. Condor reichte daraufhin Beschwerde beim Bundeskartellamt ein.

«Wir sind nach vorläufiger Prüfung der Auffassung, dass die Kündigung einen Missbrauch von Marktmacht darstellt», sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt auf Anfrage. «Es wäre natürlich zu begrüßen, wenn die Lufthansa den Vertrag mit der Condor nun doch weiter laufen lassen würde, wie dies einigen Presseberichten der vergangenen Tage zu entnehmen war», sagte Mundt.

Der Kranich-Konzern erklärte, er könne die Aussagen des Kartellamtes nicht kommentieren: «Uns liegt aktuell noch keine finale schriftliche Entscheidung des Bundeskartellamtes vor – auch läuft derzeit noch die Frist zur Stellungnahme.» Die Lufthansa zieht nach jüngsten Aussagen eines Sprechers in Erwägung, den Vertrag mit Condor vorerst weiterlaufen zu lassen. «Eine finale Entscheidung gibt es bisher nicht», hatte der Lufthansa-Sprecher gesagt. Mit Condor hat sich die Airline bislang nicht in Verbindung gesetzt, wie eine Sprecherin des Ferienfliegers auf Anfrage sagte.

Medienberichten zufolge hat auch EU-Kommission die negativen Auswirkungen der Vertragskündigung thematisiert und ist unter anderem deswegen in Berlin vorstellig geworden.

Dem Kartellamt zufolge nutzen durchschnittlich etwa 25 Prozent der Passagiere der Condor-Langstrecken einen Zubringerflug nach Frankfurt, um dort in eine Condor-Maschine umzusteigen. «Ohne diese Zubringerpassagiere kann die Langstrecke der Condor nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht wirtschaftlich betrieben werden», erklärten die Wettbewerbshüter.

Die Lufthansa hatte argumentiert, dass Condor trotz der Beendigung der Vereinbarung weiter Zubringerflüge bei Lufthansa buchen kann. Nach den vorläufigen Prüfungen des Bundeskartellamtes sind die Buchungsmöglichkeiten außerhalb der gekündigten Vereinbarung jedoch nicht ausreichend. «Condor kann damit nicht planbar und verbindlich kombinierte Flugverbindungen insbesondere gegenüber Reiseveranstaltern und Reisebüros anbieten.» Die Lufthansa kann bis zum 7. April 2021 dazu Stellung nehmen. Danach entscheidet das Bundeskartellamt darüber, ob einstweilige Maßnahmen erlassen werden.

Lufthansa will selbst stärker in das Touristikgeschäft einsteigen, dem nach der Corona-Krise eine schnellere Erholung zugetraut wird als den Geschäftsreisen. Das Unternehmen hat den neuen Betrieb «Eurowings Discover» gegründet, in dem die touristischen Flüge gebündelt werden sollen. Condor war früher selbst eine Lufthansa-Tochter und steht seit dem Untergang des Thomas-Cook-Konzerns mit Hilfe eines großen Staatskredits auf eigenen Füßen. Auch die Lufthansa wurde in der Corona-Krise vom Staat gerettet.

Condor hatte im Streit mit dem Kranich-Konzern zudem beim Gericht der Europäischen Union in Luxemburg Klage eingereicht. Der Ferienflieger will die EU-Auflagen für die staatlichen Milliardenhilfen an den Konkurrenten gerichtlich überprüfen lassen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Global Hotel Alliance präsentiert aktuelle Einblicke in die zukünftigen Reisegewohnheiten. Die Umfrage unter 34 Millionen Mitgliedern ihres Loyalitätsprogramms zeigt einen deutlichen Trend zu persönlicheren, langsameren Reisen, bei denen Asien als Traumziel dominiert und technologiegestützte Planung zunimmt.

In Mailand sind Schlüsselkästen zum Einchecken in Ferienwohnungen künftig verboten. Ab Januar werden bis zu 400 Euro fällig, wenn immer noch eine Keybox in der Nähe der Wohnungstür oder an der Hausfassade hängt.

Die Tourismusbranche in Deutschland erhält eine neue Basis zur Messung von Nachhaltigkeit. Neun Kernindikatoren, von der Gästezufriedenheit bis zu den Treibhausgasemissionen, sollen künftig eine einheitliche und ganzheitliche Steuerung des regionalen Tourismus ermöglichen.

Zum Entwurf der neuen EU-Pauschalreiserichtlinie wurde im Trilogverfahren eine Einigung erzielt. Eine erste Bewertung des Deutschen Reiseverbandes sieht Licht und Schatten: Während die Vermittlung von Einzelleistungen möglich bleibt, führen erweiterte Pflichten und unveränderte Fristen für Erstattungen zu neuem Aufwand für die Reiseunternehmen.

Die französische Compagnie des Alpes (CdA) plant, den im April 2025 erworbenen Freizeitpark Belantis in Sachsen schrittweise in den ersten Astérix-Park außerhalb Frankreichs umzugestalten. Die Transformation des Standorts in der Nähe von Leipzig soll bis 2030/31 abgeschlossen sein und eine offizielle Namensänderung beinhalten.

TUI meldet einen frühen und erfolgreichen Buchungsstart für den Sommer 2026. Besonders Griechenland setzt sich an die Spitze der beliebtesten Urlaubsziele. Der Veranstalter reagiert mit einem erweiterten Angebot für Familien, Alleinreisende und Rundreisen.

Der Tourismusverband Wonderful Copenhagen hat das neue Tourismusmodell DestinationPay vorgestellt. Das Konzept lädt Städte weltweit dazu ein, den bereits in Kopenhagen etablierten Ansatz CopenPay zu übernehmen, welcher Touristen für nachhaltiges Verhalten mit Vergünstigungen belohnt.

Nach elf Jahren soll die Marienschlucht am Bodensee im kommenden Frühjahr wieder öffnen. Die Touristenattraktion wird am 28. März bei einem «Tag der offenen Schlucht» erstmals wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Neue Zahlen zum Flugsommer 2025: Während die internationalen Passagierzahlen steigen, setzen die Inlandsflüge ihren Rückgang fort. Das beliebteste europäische Reiseziel verzeichnet leichte Zuwächse gegenüber dem Vor-Corona-Niveau, während andere Mittelmeerstaaten starke Sprünge machen.

Der internationale Tourismus verzeichnete in den ersten neun Monaten 2025 ein robustes Wachstum mit über 1,1 Milliarden internationalen Ankünften. Die aktuelle Analyse der UN Tourismus zeigt eine weiterhin starke Reisenachfrage trotz anhaltender Inflation und geopolitischer Spannungen. Insbesondere Regionen in Afrika und Asien meldeten signifikante Zuwächse.