Corona beschert Nationalpark Schwarzwald Besucherrekorde

| Tourismus Tourismus

Wilder See statt Comer See: Während der Corona-Pandemie erlebt der Nationalpark Schwarzwald einen Besucheransturm. Im ersten Halbjahr seien rund 100 000 Gäste mehr gekommen als in den ersten sechs Monaten 2019, teilte das Umweltministerium am Mittwoch mit. Das sei ein Plus von fast 50 Prozent. Fast vier Monate ohne Führungen und andere Veranstaltungen – das klingt zunächst nach einer ruhigen Zeit für die Rangerinnen und Ranger im Nationalpark Schwarzwald. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Coronakrise, in der außer Ausflügen im engen Familienkreis nicht viel erlaubt war, hat die Menschen zurück zur Natur gebracht. Basierend auf den Daten der aufgestellten Zählschranken haben im Zeitraum April bis Juni rund 100 000 Gäste mehr als im Vorjahreszeitraum den Nationalpark Schwarzwald besucht – ein Plus von knapp 50 Prozent.

„Diese für alle herausfordernde Zeit hat auch die Sinne für die Schönheiten der Natur geschärft“, kommentiert Umweltminister Franz Untersteller den enormen Gästezuwachs im Nationalpark. Das sei sehr erfreulich, fügte Untersteller hinzu. „Auf diese Weise erfahren die Menschen hautnah, wie bedeutend die Artenvielfalt für unsere Lebensgrundlage ist.“

Nicht nur mehr, sondern zum Teil auch ungewohntes Publikum trieb es in den vergangenen Monaten in den Nationalpark ergänzte Rangerin Friederike Schneider: „Wir sind auf ganz neue Besuchergruppen getroffen, die sonst eher nicht hier sind. Zum Beispiel viele Familien, auch mit Kindern in der Pubertät, die sonst für Wandertouren erfahrungsgemäß nur schwer zu begeistern sind.“

Auch in der Regel weniger aufgesuchte Orte, die sonst als ruhige Geheimtipps gelten, wurden seit dem Beginn der Corona-Pandemie stärker besucht.

An einigen Stellen wurden doppelt bis drei Mal so viele Ausflügler wie im Vorjahreszeitraum festgestellt. „Es hat sich gezeigt, dass sich der Andrang nicht auf die üblichen Hotspots beschränkt hat. Obwohl wir nach wie vor am Buhlbachsee mit rund 7 000 deutlich weniger Gäste gezählt haben als zum Beispiel auf dem Lotharpfad mit mehr als 44 000“, sagt Dominik Rüede, im Nationalpark zuständig für das Besuchermonitoring.

„Die besondere Situation der Corona-Monate hat deutlich gemacht, wie wichtig die Natur als Erholungsort und Gesundheitsquelle für die Menschen ist“, sagt Kerstin Ensinger, Leiterin des Sachbereichs Tourismus und Erholung im Nationalpark.

Spannungsfeld Mensch-Natur

„Bei aller Begeisterung für den Nationalpark dürfen wir nicht vergessen, dass Menschen auch eine Belastung für die Natur sein können“, mahnte Umweltminister Untersteller bei seinem Besuch. „Menschen hinterlassen immer und in den allermeisten Fällen ohne böse Absicht Spuren die naturfremd sind. Diese zu minimieren ist umso wichtiger, je mehr Menschen den Nationalpark für sich entdecken“. So musste das Rangerteam häufig wilde Camper ermahnen, manche größere Gesellschaft auflösen und einmal sogar ein ferngesteuertes Boot vom Wilden See holen. Auf den Parkplätzen im Nationalpark standen abends plötzlich Campingwagen dicht an dicht. „Einmal haben wir 14 auf einem Platz gezählt“, sagt Schneider.

Für die Natur ließe sich bislang schwer beziffern, welche Auswirkungen so ein Ansturm wie in den letzten Monaten habe, sagt Marc Förschler, Leiter des Fachbereichs Ökologisches Monitoring, Forschung und Artenschutz: „Störungen abseits der Wege sind aber ein großes Problem, zumal im zweiten Quartal des Jahres, in das die sensible Brut- und Aufzuchtzeit bei vielen Arten fällt.“ Sehr störungsanfällige Arten wie das Auerhuhn fänden dann nur noch sehr schwer ruhige Bereiche vor, in denen sie ihre Jungen großziehen können.  

„Ich freue mich sehr über das große Interesse am Nationalpark Schwarzwald, appelliere aber auch an die Besucherinnen und Besucher, Rücksicht zu nehmen, nur die ausgewiesenen Wege zu nutzen und mit Einbruch der Dämmerung der Natur auch ihre verdiente Ruhe zu gönnen“, ergänzte der Minister.

„Was in den Sommerferien auf uns zu kommt, können wir noch gar nicht einschätzen“, so Friederike Schneider vom Nationalpark. In den vergangenen zwei, drei Wochen, habe sich die Situation zwar etwas normalisiert, vermutlich, weil wieder mehr andere Ausflugsziele geöffnet haben. Am Lotharpfad gelte aber weiterhin eine Einbahnstraßenregelung, um den möglichen Andrang zu lenken. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Tourismusbranche in Deutschland erhält eine neue Basis zur Messung von Nachhaltigkeit. Neun Kernindikatoren, von der Gästezufriedenheit bis zu den Treibhausgasemissionen, sollen künftig eine einheitliche und ganzheitliche Steuerung des regionalen Tourismus ermöglichen.

Zum Entwurf der neuen EU-Pauschalreiserichtlinie wurde im Trilogverfahren eine Einigung erzielt. Eine erste Bewertung des Deutschen Reiseverbandes sieht Licht und Schatten: Während die Vermittlung von Einzelleistungen möglich bleibt, führen erweiterte Pflichten und unveränderte Fristen für Erstattungen zu neuem Aufwand für die Reiseunternehmen.

Die französische Compagnie des Alpes (CdA) plant, den im April 2025 erworbenen Freizeitpark Belantis in Sachsen schrittweise in den ersten Astérix-Park außerhalb Frankreichs umzugestalten. Die Transformation des Standorts in der Nähe von Leipzig soll bis 2030/31 abgeschlossen sein und eine offizielle Namensänderung beinhalten.

TUI meldet einen frühen und erfolgreichen Buchungsstart für den Sommer 2026. Besonders Griechenland setzt sich an die Spitze der beliebtesten Urlaubsziele. Der Veranstalter reagiert mit einem erweiterten Angebot für Familien, Alleinreisende und Rundreisen.

Der Tourismusverband Wonderful Copenhagen hat das neue Tourismusmodell DestinationPay vorgestellt. Das Konzept lädt Städte weltweit dazu ein, den bereits in Kopenhagen etablierten Ansatz CopenPay zu übernehmen, welcher Touristen für nachhaltiges Verhalten mit Vergünstigungen belohnt.

Nach elf Jahren soll die Marienschlucht am Bodensee im kommenden Frühjahr wieder öffnen. Die Touristenattraktion wird am 28. März bei einem «Tag der offenen Schlucht» erstmals wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Neue Zahlen zum Flugsommer 2025: Während die internationalen Passagierzahlen steigen, setzen die Inlandsflüge ihren Rückgang fort. Das beliebteste europäische Reiseziel verzeichnet leichte Zuwächse gegenüber dem Vor-Corona-Niveau, während andere Mittelmeerstaaten starke Sprünge machen.

Der internationale Tourismus verzeichnete in den ersten neun Monaten 2025 ein robustes Wachstum mit über 1,1 Milliarden internationalen Ankünften. Die aktuelle Analyse der UN Tourismus zeigt eine weiterhin starke Reisenachfrage trotz anhaltender Inflation und geopolitischer Spannungen. Insbesondere Regionen in Afrika und Asien meldeten signifikante Zuwächse.

Übernachtungsrekorde in Österreich zeigen eine positive Entwicklung hin zur Ganzjahresdestination. Gleichzeitig stehen die Betriebe aufgrund steigender Kosten und geringer Margen wirtschaftlich unter Druck.

Knapp 2.000 Veranstaltungen, mehr als zwei Millionen Gäste: Ein Jahr lang war Chemnitz Kulturhauptstadt Europas. Kulturstaatsminister Weimer lobt eine kreative Aufbruchstimmung in der Stadt.