Corona und Klimawandel - Schwerer Neustart im Tourismus und Luftverkehr

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Die Corona-Krise ist noch nicht ausgestanden, zugleich stellt der Klimawandel Reisebranche und Luftverkehr vor neue Herausforderungen. Nach zuletzt gestiegenen Buchungen sorgt die massive Verschärfung der Corona-Infektionslage nun wieder für Verunsicherung der Urlauber. Der Reiseverband DRV rechnet mit einem weiteren «schwierigen Jahr». Im Luftverkehr rüsten sich Billigflieger und Netzwerk-Airlines für einen verschärften Verdrängungswettbewerb.

Auf etwa 24 Milliarden Euro beziffert der DRV die Umsatzausfälle bei Reisebüros und Veranstaltern seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020. Die Unsicherheit, wie sich die Situation weiter entwickele, führe erneut zu einer erkennbaren Zurückhaltung bei der Buchungsentscheidung, berichtet DRV-Präsident Norbert Fiebig. Die Branche blickt zwar optimistisch auf den kommenden Sommer und hofft, sich dem Umsatzniveau der Zeit vor Corona weiter anzunähern. «Mit einer nachhaltigen Erholung für die Reisewirtschaft rechnen wir allerdings erst ab 2023», sagt Fiebig.

Reiseveranstalter scheinen sich eingestellt zu haben auf die Pandemie unter anderem mit speziellen oder ausschließlichen Angeboten nur für Geimpfte und Genesene (2G) sowie mit Flextarifen. Damit können Kunden gegen Aufpreis bis zwei Wochen vor Reisebeginn umbuchen oder stornieren.

Im Luftverkehr rüsten die effizienten Billigflieger wie Ryanair und Wizz Air auf für einen verschärften Verdrängungswettbewerb an Europas Himmel. Beide Gesellschaften haben für die kommenden Jahre Hunderte zusätzliche Jets bestellt, die sie bei fehlender Nachfrage auch zu Kampfpreisen ab 5 Euro pro Ticket füllen werden.

Wizz-Chef József Váradi hat dabei durchaus die Langstrecke im Blick, auf der in den kommenden Jahre kleinere Jets wie die Airbus A321XLR mit einer Flugzeit von bis zu elf Stunden wesentlich weitere Strecken bewältigen können als bislang. Damit werden auch Überseeflüge von kleineren Flughäfen möglich und es könnte eine ernsthafte Konkurrenz zu Netzwerk-Gesellschaften wie Lufthansa, British Airways und Air France entstehen.

Die sind dabei, die Corona-Delle aufzuholen und das Flugangebot von jetzt 60 Prozent auf 80 Prozent im Schnitt des Vorkrisenniveaus anzuheben. Als Angreifer in Europa hat sich in der Krise die ehrgeizige Turkish Airlines erwiesen, die ihr Programm über das neue Drehkreuz bei Istanbul ausgebaut hat. Hilfreich für alle war zunächst die Öffnung der USA für EU-Bürger, während andererseits niemand weiß, wann die wichtigen Destinationen in Asien wieder öffnen.

Der Airline-Verband IATA zweifelt immer lauter an der Wirksamkeit der Reisebeschränkungen, die in den vergangenen Monaten neue Infektionswellen nicht verhindert hätten, aber der Airline-Industrie dauerhaft große Schäden zufügten. «Das Risiko kommt nicht vom Luftverkehr, das Risiko ist in der Gemeinschaft», erklärte IATA-Präsident Willie Walsh.

Für Flieger und Touristiker ist das Megathema Klimawandel ungleich komplexer. Flüge, Kreuzfahrten und Autoreisen tragen zum Anstieg schädlicher Emissionen bei. «Wir werden die Achillesferse des Reisens in den Blick nehmen müssen: den Klimagasausstoß», ist sich Verbandspräsident Fiebig bewußt.

Der Verband schlägt unter anderem vor: Alle Reisen mit einem nachvollziehbaren CO2-Abdruck zu versehen, damit die Urlauber vor der Buchung wissen, welchen ökologischen Fußabdruck ihre Reise verursacht. Kunden sollen beraten werden, wie der Ausstoß von Klimagasen möglichst gering ausfällt und welche Möglichkeiten der Kompensation es gibt.

Antje Monshausen von Tourism Watch bei Brot für die Welt sieht die Reiseveranstalter aber vor allem bei der Gestaltung der Angebote in der Pflicht. «Den Co2-Abdruck einer Reise anzugeben ist richtig, entscheidend ist jedoch eine deutliche Verringerung schädlicher Emissionen.» Dazu müssten die Veranstalter auch auf der Mittelstrecke in Europa andere Produkte anbieten, zum Beispiel vermehrt Anreisen mit dem Zug.

Der Luftverkehr steckt in dem Dilemma, dass es an technologischen Alternativen zu den Riesentriebwerken fehlt, die Startgewichte von bis zu 350 Tonnen wie bei der neuen Boeing 777X in die Luft wuchten können. Während Airbus immerhin bis 2035 einen Kurzstreckenjet mit Brennstoffzelle angekündigt hat, verlässt sich Boeing allein auf Verbrenner und nachhaltig produziertes Flugbenzin (SAF). Schon jetzt balgen sich weltweit die großen Airlines um die geringen Produktionsmengen, weil immer mehr (Geschäfts-)Kunden nach klimaneutralen Flügen verlangen. Die Lufthansa beispielsweise hat sich für drei Jahre SAF im Wert von 250 Millionen Euro gesichert, was aber nur für rund 100 Transatlantikflüge reicht. Das entspricht der Leistung des Konzerns auf diesen Strecken an einem einzelnen Tag.

Sustainable Aviation Fuel (SAF) wird derzeit hauptsächlich aus Biomasse wie nicht mehr genutzten Pflanzen- und Speiseölen hergestellt. Solche Biotreibstoffe sollen die CO2-Emissionen deutlich verringern, sind zurzeit aber erheblich teurer als normales Kerosin.

Monshausen reichen die Anstrengungen mit neuen, sparsameren Flugzeugen und SAF nicht aus. «Wir stellen zugleich fest, dass alle Einsparungen aufgezehrt werden durch das Wachstum des Luftverkehrs. Wir brauchen technologische Lösungen und zugleich eine Verringerung der Flüge.» Eine große Rolle spiele neben dem CO2 auch die Wolkenbildung durchs Fliegen, weil so die Wärmeabstrahlung von der Erde gemindert werde. (dpa)


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