Dem Stau entfliegen - Volocopter hebt über Stuttgart ab

| Tourismus Tourismus

Von Annika Grah, dpa

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) würde auf jeden Fall einsteigen, Daimler-Chef Ola Källenius will damit die Staus in Städten verringern. Am Samstag flog ein als mögliches Flugtaxi gedachter Ultraleicht-Hubschrauber des Bruchsaler Start-ups Volocopter erstmals vor Publikum in einer europäischen Stadt.

«Natürlich wäre das auch für mich ein optimales Gerät», sagte Kretschmann mit Blick auf seinen Termindruck. Der Ultraleicht-Hubschrauber, der mit seinen 18 Rotoren aussieht wie eine Mischung aus Hubschrauber und Drohne, wird mit Strom angetrieben, verursacht also in der Stadt keine Abgase und ist deutlich leiser als normale Helikopter.

Bei dem Test am Samstag drehte das Fluggerät gut vier Minuten lang vor dem Mercedes-Museum seine Runden. Der Volocopter flog dabei ohne Passagiere. Ein Pilot steuerte das Fluggerät vom Boden aus auf gut 30 Meter Höhe und blieb etwa 100 Meter vor den etwa 12 500 Zuschauern in der Luft stehen.

Deutschlandweit wird an Flugtaxis gearbeitet: So hat das fünfsitzige elektrische Flugtaxi Lilium Jet im Mai in Oberpfaffenhofen seinen Jungfernflug erfolgreich absolviert. Der Flugzeugbauer Airbus hatte kurz davor in Donauwörth seinen viersitzigen elektrischen City-Airbus mit vier Rotoren erstmals in die Luft gebracht. Forscher der RWTH und der Fachhochschule Aachen wollen bis 2024 ihr elektrohybrides Kleinflugzeug Silent Air Taxi in Betrieb nehmen.
 

Daimler-Chef Källenius hält fliegende Taxis für eine Lösung der Verkehrsprobleme in den Städten. Er sei überzeugt, dass das Stauproblem auf bestimmten Strecken auf diese Art und Weise gelöst werden könne, sagte er am Samstag. Der Autobauer ist an dem Bruchsaler Start-up beteiligt. Auch Daimlers chinesischer Großaktionär Geely ist jüngst über eine Finanzierungsrunde bei Volocopter eingestiegen. Insgesamt hat das Start-Up bislang 85 Millionen Euro von Investoren eingesammelt.

Wann allerdings tatsächlich Flugtaxis in deutschen Innenstädten unterwegs sein werden, ist noch völlig offen. Firmenchef Florian Reuter rechnet damit in den kommenden zwei bis drei Jahren. Der Flughafen Frankfurt prüft gemeinsam mit Volocopter, wie das drohnenähnliche Verkehrsmittel in den Flughafenbetrieb integriert werden kann. Für einen kommerziellen Betrieb mit Passagieren - auch mit Pilot - fehlt Volocopter bislang noch die Genehmigung. Als nächstes sind Testflüge in Singapur geplant. Unter welchen Bedingungen - ob autonom oder mit Pilot - ist noch nicht bekannt.

In Dubai hatte der Volocopter vor zwei Jahren seinen komplett autonomen Jungfernflug absolviert. Experten der Unternehmensberatung Horváth und Partner rechnen schon 2025 damit, dass Flugtaxis in großen Städten auf ersten festgelegten Routen Passagiere transportieren. Mit autonomen Flügen ohne Pilot rechnen die Experten erst 2035. Bis dahin müsste es auch einen gesetzlichen Rahmen für solche pilotenlose Flüge geben.

Der Flug in Stuttgart war Teil eines Forschungsprojekts der Stuttgarter Hochschule für Technik. Ziel ist es unter anderem herauszufinden, was ein möglicher 15-minütiger Taxiflug von der Innenstadt an den Flughafen Stuttgart einmal kosten darf. Eine vergleichbare - bei freien Straßen etwa halbstündige - Taxifahrt liegt bei rund 35 Euro. Dabei gehen die Forscher auch der Frage nach, wer sich überhaupt einem Taxiflieger ohne Piloten anvertrauen würde. Erste Ergebnisse sollen schon im Oktober veröffentlicht werden.

Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht hat jedenfalls keine Sorge, dass die fliegenden Taxis Autos ernsthafte Konkurrenz machen könnten. «Das wird den Verkehr nicht auflösen.» Er freue sich, sagte Brecht am Samstag am Rande der Veranstaltung augenzwinkernd, wenn er einmal von seinem Heimatort Gaggenau bei Karlsruhe nach Stuttgart fliegen könne.
 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine Analyse des Ferienhaus-Portals Holidu zeigt erhebliche Preisunterschiede im Dezember 2025. Das Ranking der günstigsten Destinationen wird von Deutschland dominiert, die teuersten Reiseziele liegen in Finnland und Österreich.

Die Global Hotel Alliance (GHA) hat Einblicke in die erwartete Entwicklung des Reisemarktes für das Jahr 2026 veröffentlicht. Die Umfrageergebnisse deuten auf einen signifikanten Wandel hin zu bewussterem und persönlicherem Reisen.

Die Global Hotel Alliance präsentiert aktuelle Einblicke in die zukünftigen Reisegewohnheiten. Die Umfrage unter 34 Millionen Mitgliedern ihres Loyalitätsprogramms zeigt einen deutlichen Trend zu persönlicheren, langsameren Reisen, bei denen Asien als Traumziel dominiert und technologiegestützte Planung zunimmt.

In Mailand sind Schlüsselkästen zum Einchecken in Ferienwohnungen künftig verboten. Ab Januar werden bis zu 400 Euro fällig, wenn immer noch eine Keybox in der Nähe der Wohnungstür oder an der Hausfassade hängt.

Die Tourismusbranche in Deutschland erhält eine neue Basis zur Messung von Nachhaltigkeit. Neun Kernindikatoren, von der Gästezufriedenheit bis zu den Treibhausgasemissionen, sollen künftig eine einheitliche und ganzheitliche Steuerung des regionalen Tourismus ermöglichen.

Zum Entwurf der neuen EU-Pauschalreiserichtlinie wurde im Trilogverfahren eine Einigung erzielt. Eine erste Bewertung des Deutschen Reiseverbandes sieht Licht und Schatten: Während die Vermittlung von Einzelleistungen möglich bleibt, führen erweiterte Pflichten und unveränderte Fristen für Erstattungen zu neuem Aufwand für die Reiseunternehmen.

Die französische Compagnie des Alpes (CdA) plant, den im April 2025 erworbenen Freizeitpark Belantis in Sachsen schrittweise in den ersten Astérix-Park außerhalb Frankreichs umzugestalten. Die Transformation des Standorts in der Nähe von Leipzig soll bis 2030/31 abgeschlossen sein und eine offizielle Namensänderung beinhalten.

TUI meldet einen frühen und erfolgreichen Buchungsstart für den Sommer 2026. Besonders Griechenland setzt sich an die Spitze der beliebtesten Urlaubsziele. Der Veranstalter reagiert mit einem erweiterten Angebot für Familien, Alleinreisende und Rundreisen.

Der Tourismusverband Wonderful Copenhagen hat das neue Tourismusmodell DestinationPay vorgestellt. Das Konzept lädt Städte weltweit dazu ein, den bereits in Kopenhagen etablierten Ansatz CopenPay zu übernehmen, welcher Touristen für nachhaltiges Verhalten mit Vergünstigungen belohnt.

Nach elf Jahren soll die Marienschlucht am Bodensee im kommenden Frühjahr wieder öffnen. Die Touristenattraktion wird am 28. März bei einem «Tag der offenen Schlucht» erstmals wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein.