Freizeitkollaps: Bayerns Berge im Urlaubsstress

| Tourismus Tourismus

Frühmorgens vor einer Woche im Nationalpark Berchtesgaden. Ein Auto im geschützten Gebiet. Eine Touristin ist an Schranken und Verbotsschildern vorbei gefahren, hat ihr Zelt aufgestellt - «zweifellos an einer wunderschönen Stelle», sagt der Ramsauer Tourismusdirektor Fritz Rasp. «Es hat ausgesehen wie Kanada pur. Aber es ist halt so nicht akzeptabel.» Rasp benachrichtigt die Ranger, die auch zum Ostufer des Königssees ausrücken müssen. Dort steigt Rauch auf. Die Ranger finden einen mit Leinennachthemd und Schaffellen bekleideten jungen Mann, der im Schutzgebiet kampiert und ein Lagerfeuer angezündet hat - Anzeige.

Der Ort Ramsau im Berchtesgadener Land, der als Bergsteigerdorf auf naturnahen Tourismus setzt, aber auch die Gegend um den Watzmann, der Königssee, das Zugspitzgebiet und Oberstdorf: In diesem Jahr ist der Ansturm auf Bayerns Bergwelt noch größer. Dabei drohte hier schon früher der Freizeitkollaps. Autoschlangen durch Dörfer, Müllhaufen - der Tourismus brachte Ausflugs-Hotspots vom Chiemsee bis Kempten schon vor der Corona-Krise an den Rand der Belastbarkeit.

Nun suchen noch mehr Menschen Erholung in den Alpen. Die Bergwacht ist gut beschäftigt. «Man merkt, dass viele Menschen unterwegs sind», sagt Sprecher Roland Ampenberger. «Wir gehen davon aus, dass der bayerische Alpenraum in diesem Sommer ein hochfrequentiertes Urlaubsziel sein wird.»

Am malerisch zwischen Bergketten gelegenen Walchensee stehen tagsüber manchmal bis zu 4000 Autos. «Wir merken Corona extrem», sagt der Gemeindeleiter des nahen Ortes Jachenau, Felix Kellner. «Man spürt sowohl am See als auch in den Bergen, dass extrem viele Leute da sind.» Schon vor Wochen war der Andrang so groß, dass ein zusätzlicher Parkplatz für 300 Autos geschaffen wurde. Die rund 400 Gästebetten in der Jachenau seien bis September ausgebucht.

An den Walchensee drängen auch viele Innsbrucker - dort gibt es keinen nahen Badesee. Ranger müssen immer wieder für Ordnung sorgen - auch nachts. Die wildromantische Landschaft, nur über eine enge Mautstraße mit Auto zugänglich, verleitet zum verbotenen Kampieren. Wildcampen ist in diesem Sommer mehr denn je ein Problem. Wohnmobile sind ausgebucht wie nie - aber es gibt nicht mehr Stellplätze.

Viele scheuen die Übernachtung in Pensionen oder Hotels; auf Berghütten gibt es wegen der Abstandsregeln nur begrenzt Plätze. Dabei waren beliebte Hütten früher oft auf viele Wochenenden hin ausgebucht. Besonders überlaufen: der Europäische Fernwanderweg E5 von Oberstdorf nach Meran. Früher schliefen Gäste mancherorts notgedrungen im Gastraum auf Matten. Das geht wegen Corona nicht mehr. Tatsächlich waren auf dem E5 kürzlich zwei Frauen unterwegs, die auf Hütten übernachtet hatten und später positiv getestet wurden.

Mancher schlägt da lieber gleich das eigene Zelt auf. Doch das ist nicht nur im Nationalpark verboten. «Das Einzige, was in den bayerischen Alpen erlaubt ist, ist ein nicht geplantes Notbiwak», sagt Thomas Bucher vom Deutschen Alpenverein (DAV).

Besonders smaragdfarbene Bergseen locken. Am Schrecksee im Allgäu auf 1800 Metern Höhe standen schon früher teils Dutzende Zelte, Schlieren von Sonnencreme zogen auf dem grünblauen Wasser. Am Hintersee bei Ramsau standen laut dem Touristiker Rasp nach den ersten Corona-Lockerungen an die 50 Camper. Ein Problem sind auch die Hinterlassenschaften in den Büschen - nicht alle Camper haben mobile Toiletten. Die Einheimischen reagieren zunehmend genervt.

Besonders schlimm sei es gewesen, als die Grenzen nach Österreich und Italien zu waren, sagt Rasp. Nun habe sich die Lage entspannt. Es sei nicht so, dass man Touristen nicht wolle. Hotellerie und Gastronomie freuten sich über die Gäste. Das Problem sei die schiere Masse.

«Die sozialen Medien spielen hier eine Rolle», sagt Thomas Bucher. Instagram-Bilder versprechen einsame Idylle - die längst überlaufen ist. Das Phänomen sei nicht neu, sagt Bucher. Aber: «In diesem Jahr ist es stärker als sonst.» Es gebe aber Gegenden ohne Massenansturm - abseits bekannter Routen hätten Hütten auch kurzfristig Plätze.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) will nun mit Technik für Entzerrung sorgen und die digitale Besucherlenkung voranbringen. «Ein Tagesausflügler soll, bevor er in eine wunderschöne Bergidylle fährt, sich vorher digital informieren, wie es aktuell dort aussieht», sagte Aiwanger. Über einen Ausflugsticker soll er sehen, wo es voll ist, um spontan umplanen und ausweichen zu können - zum Beispiel, so Aiwanger, in den Bayerischen Wald. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

In einem südlichen Adria-Ambiente dreht die neue Achterbahn des Europa-Parks ihre Runden. Im Mai gibt es dann einen weiteren Neubeginn in der Freizeitanlage. (mit Video der Achterbahn-Fahrt)

Der Frühling auf Long Island ist Pink! Im April und Mai verwandeln sich viele Orte auf der Halbinsel in ein Meer aus blühenden Kirschbäumen in allen Schattierungen – von zartem Rosé bis zu kräftigem Pink. Die Kirschblüte ist der Star unter den Frühlingsboten in der Region, ihr sind zahlreiche Festivals auf Long Island gewidmet.

Mit „Voltron Nevera powered by Rimac“ wartet ab 26. April im neuen Kroatischen Themenbereich des Europa-Park ein brandneues, actiongeladenes Achterbahn-Highlight auf alle Besucher. Die 14. Achterbahn des Europa-Park beschleunigt gleich vier Mal katapultartig auf bis zu 90 Stundenkilometer, davon einmal rückwärts.

 

Spektakuläre 50 Meter Höhe, 36 geschlossene Gondeln, moderne weiße Optik und Full-LED-Beleuchtung: Ab sofort dreht sich das Riesenrad „Circle of Life“ wieder auf dem Eventplatz neben der Seebrücke im Ostseebad Heringsdorf. Bis Oktober 2024 wird es die Besucher täglich mit einzigartigen Ausblicken begeistern.

Radelnd unterwegs zwischen alten Fachwerkhäusern oder durch urwaldartige Rheinauen, Zweirad-Hopping zu urigen Hofläden oder mit der Picknickdecke auf dem Gepäckträger zu den idyllischen Queichwiesen – die Südpfalz lockt mit jeder Menge Gelegenheiten für aktive Urlaubsmomente. Erstmalig können Pedalritter im Frühsommer 2024 zwei Spargel- und Erdbeer-Touren erfahren oder am Aktionstag „Radel ins Museum“ Museen der Landkreise Germersheim und Südliche Weinstraße entdecken.

Pinterest ist Anlaufstelle für Millionen von Nutzern, die nach Reiseinspiration suchen. Auf der Plattform werden eine Milliarde Suchanfragen zum Thema Reisen pro Jahr verzeichnet. Welche Anfrage rund im das Reisen besonders beliebt sind, hat Pinterest jetzt veröffentlicht.

Als Kreuzfahrt-Stadt wird Hamburg immer beliebter: 2023 gingen so viele Passagiere wie noch nie in der Hansestadt aufs Schiff. Der Schiffstourismus in der Hansestadt soll auch nachhaltiger werden.

Zehntausende Menschen haben am Samstag unter dem Motto «Die Kanaren haben eine Grenze» gegen Massentourismus demonstriert. Insgesamt 55 000 Demonstranten forderten eine Obergrenze der Zahl der Touristen oder etwa bezahlbaren Wohnraum für Einheimische.

235 Vertreter der internationalen Reiseindustrie und 110 Medienvertreter aus 38 Ländern nehmen am 50. Germany Travel MartTM (GTM) der DZT in Chemnitz teil. Vom 21. Bis 23. April 2024 informieren sie sich beim GTM über die neuesten Trends, Entwicklungen und touristischen Produkte in Deutschland, lernen die Region kennen und verhandeln Geschäftsabschlüsse.

Als erste Stadt der Welt verlangt Venedig jetzt Eintritt: Wer ein paar Stunden zwischen Markusplatz und Rialtobrücke verbringen will, muss zahlen. Die Tourismusbranche beobachtet das genau.