Gefährliche Selfies - Die Jagd nach dem perfekten Bild

| Tourismus Tourismus

Von den steilen Klippen in Norwegen über die Iguazu-Wasserfälle zwischen Brasilien und Argentinien bis hin zur berüchtigten «Train Street» in Vietnam: Vor atemberaubendem Hintergrund können Menschen beim Schnappschuss ihre eigene Sicherheit vergessen. Der Drang nach spektakulären Motiven führt nicht nur zu gefährlichen Situationen, sondern auch immer wieder zu tragischen Todesfällen. Eine Auswahl von Orten aus aller Welt, an denen das Fotografieren mit Risiko einhergeht:

Harihar Fort in Indien

Ein beliebter Selfie-Ort in Indien ist ein steiler Weg zum Harihar Fort im Bundesstaat Maharashtra. Der Aufstieg reizt viele gerade in der Regenzeit, wenn die Steinstufen, die hier direkt in den fast 80 Grad senkrechten Felsen gehauen sind, rutschig sind und der Wind stark bläst. Wegen des Risikos und Adrenalinschubs, kommentieren einige Menschen auf der Plattform «Trip Advisor». «Der Abstieg ist schwieriger als der Aufstieg, weil wir dann sehen können, wohin wir fallen, wenn wir ausrutschen», schreibt einer der Nutzer. Akshay Sunil Patil, der ganz in der Nähe lebt, sagt, dass er Abenteuersport und «aufregende Orte» wie Harihar Fort liebe. Angst habe er dabei nicht.

In Indien sterben einer Studie zufolge viele Menschen beim Versuch, Selfies zu machen. Forscher der indischen Universitätskrankenhaus-Kette AIIMS berichteten 2018 auf Grundlage einer weltweiten Zeitungsauswertung, es habe zwischen Oktober 2011 und November 2017 weltweit 259 Todesfälle beim Selbstfotografieren gegeben - etwa die Hälfte davon in Indien.

Klettersteig in Österreich

Der Klettersteig am Donnerkogel mit der spektakulären Himmelsleiter lockt jedes Jahr Tausende von manchmal schlecht ausgerüsteten Menschen an. «Die Leute wissen nicht, worauf sie sich einlassen. Es ist ein Wahnsinn», sagt der Ausbildungsleiter der Alpinpolizei Oberösterreich, Kurt Arnold. Der Steig im Salzkammergut gilt auch für erfahrene Alpinisten als schwer, auf der rund 40 Meter langen Himmelsleiter schwebt jeder rund 100 Meter über einer Schlucht.

«An manchen Sommertagen stehen 50 Leute an der Einstiegsstelle», sagt Arnold. Einige hätten dem Alpinpolizisten zufolge nicht einmal die unbedingt nötige Klettersteigausrüstung dabei. Auf Instagram sind Posts zu finden, an denen sich Wagemutige aus Gründen der Selbstinszenierung mit nur einem Arm an eine Sprosse hängen. «Es gibt immer Nachahmer», kritisiert Arnold das Verhalten. Zuletzt starb ein Brite auf dem Steig, andere Touristen mussten erschöpft geborgen werden.

«Pedra do Telégrafo» in Rio

Die Millionenmetropole Rio de Janeiro ist nicht nur für ihre weltberühmten Strände bekannt, sondern auch für die unzähligen spektakulären Aussichtspunkte. Einer davon ist der Felsen von «Pedra do Telégrafo» - einer Klippe auf 350 Metern Höhe mit einem Ausblick auf die malerischen Küstenstrände, Bergketten und den atlantischen Regenwald. Touristen und Einheimische lassen sich hier an der Spitze des Felsens in scheinbar waghalsigen Posen ablichten: ob kopfüber mit den Fußspitzen hängend oder bei dem Versuch, einarmige Klimmzüge zu machen.

Tatsächlich befindet sich der Felsen aber nur wenige Zentimeter über dem Boden und die Fotos erwecken nur aus bestimmten Blickwinkeln den Eindruck, die Person würde am Rande eines Abgrunds stehen. Dennoch gab es im September 2023 einen Vorfall, der tragisch hätte enden können: Zwei Männer gerieten aufgrund eines Fotos aneinander und stürzten eine kurze Strecke den Hügel hinunter. Nur weil einer von ihnen darum bat, den Streit zu beenden, konnte Schlimmeres verhindert werden.

In Rio kommt es bei dem Versuch, an felsigen Küsten, Hängen, Aussichtspunkten und Wasserfällen zu fotografieren, immer wieder zu Todesfällen. 2022 starben dabei im Bundesstaat einer Untersuchung der Feuerwehr zufolge 16 Menschen.

«Train Street» in Vietnam

Offiziell ist die berühmte «Train Street» in Vietnams Hauptstadt Hanoi seit Jahren für Besucher gesperrt. Dennoch überwinden Touristen immer wieder die Barrieren mit großen Warnschildern, um an der fotogenen Zugtrasse - die zwischen engen Häuserblocks hindurchführt - Selfies zu schießen. In der Vergangenheit gab es mehrmals Zwischenfälle: Einmal musste ein Zug eine Notbremsung machen, um nicht mit Besucherscharen zu kollidieren. 2022 war ein Urlauber aus Südkorea von einem langsam fahrenden Zug gestreift worden. Er hatte Glück und wurde nur leicht verletzt.

Ein Rückblick: Angezogen von spektakulären Fotos im Internet waren seit 2018 immer mehr Schaulustige angereist. Die «Train Street» wurde zum Instagram-Hotspot. Cafés und Souvenirstände öffneten, Anwohner bauten Essensstände auf, Restaurants stellten in der «zugfreien» Zeit sogar Tische direkt auf die Schienen. Schließlich sperrten die Behörden die Sehenswürdigkeit wegen der großen Gefahren. Die Zugtrasse stammt aus der französischen Kolonialzeit. Noch heute spielt sie eine wichtige Rolle für einheimische und ausländische Reisende. Wenn ein Zug kommt, werden die Barrieren kurzzeitig abgebaut.

Iguazu-Wasserfälle in Südamerika

Die weltberühmten Iguazu-Wasserfälle an der Grenze zwischen Brasilien und Argentinien sind eines der gigantischsten Naturwunder der Welt. Schon von Weitem hört man das Grollen der 20 größeren und über 250 kleineren Wasserfälle, die zu einer der wichtigsten Touristenattraktionen der Region gehören. Auf den Rundwegen warnen Hinweisschilder vor dem Klettern auf den Geländern. Doch einige Touristen scheint das für das vermeintlich perfekte Foto nicht abzuschrecken - 2022 mit fatalen Folgen.

Ein Besucher setzte sich auf eines der Geländer, um ein Foto zu machen, wie Feuerwehrmann Walter Barreiro in einem Interview des argentinischen Nachrichtensenders «TN» erzählt. «Der Mann verlor das Gleichgewicht und fiel in den Fluss.» Die Wassermassen hätten ihn in Sekundenschnelle unter Wasser gezogen. Der durchschnittliche Wasserdurchfluss beträgt nach Angaben des Parks 1,8 Millionen Liter Wasser pro Sekunde.

Fjordlandschaften und Islands Naturspektakel

Die weite und spektakuläre Natur Skandinaviens zieht jedes Jahr Millionen Touristen an. Norwegens Fjordlandschaften und Hunderte Meter hohe Felskanten oder Islands Wasserfälle sind wie gemacht für die Jagd nach dem perfekten Schnappschuss. Wagemutige werden im hohen Norden zum Beispiel von hohen Klippen und Gesteinsformationen angezogen, etwa dem Preikestolen und dem Kjeragbolten in Norwegen oder der Steinbrücke im isländischen Arnarstapi. Gefahr droht auf dem Gestein vor allem immer dann, wenn es - wie so häufig in Skandinavien - regnet, stürmt oder schneit.

Auf Island erzählt man sich haarsträubende Geschichten von leichtsinnigen Touristen, die für Fotos über Absperrungen steigen und wahlweise zu nah an Abgründen, Schluchten, Wasserfällen oder Geysiren posieren. So zum Beispiel auch im äußerst fotogenen Vulkangebiet auf der südwestisländischen Reykjanes-Halbinsel. Nach dem jüngsten Ausbruch Ende vergangenen Jahres nahe dem Ort Grindavík musste ein Mann der Polizei zufolge mit einem Hubschrauber gerettet werden, nachdem er sich allein auf die lange und aufreibende Wanderung zum Eruptionsort gemacht hatte. Bei einem vorherigen Ausbruch sorgten Fotos von Schaulustigen, die gar in die unmittelbare Nähe eines Kraters geklettert waren, dafür, dass die Behörden die Gegend vorübergehend für die Öffentlichkeit schlossen.

Um Reisende für die Risiken der isländischen Natur zu sensibilisieren, hat die Tourismusbehörde Visit Iceland vor einigen Jahren eine besondere Kampagne gestartet: Touristen können den «Icelandic Pledge» abgeben, eine Art Online-Gelübde, keine Dummheiten während der Island-Reise zu begehen. In Regel Nummer Drei heißt es dabei: «Ich werde zum Sterben schöne Fotos machen, ohne für sie zu sterben.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit einer höheren Ticketsteuer will die Bundesregierung ab dem 1. Mai Milliardenlöcher im Haushalt stopfen. Das bleibt nicht ohne Folgen für Branche und Urlauber.

Nach elf Jahren Arbeit, über 150.000 Arbeitsstunden und über 5.000.000 Euro Baukosten wurde am 25. April 2024 im Beisein von Fürst Albert II, Fürstin Charlène, sowie Prinz Jaques und Prinzessin Gabriella der neue Monaco-Abschnitt im Miniatur Wunderland eröffnet. Das Wunderland in Hamburg zählt zu den meistbesuchten touristischen Orten in Deutschland.

Die meisten Reisenden bestätigen, dass nachhaltiges Reisen für sie wichtig ist. Bei der Planung oder Buchung ist es jedoch nicht das Hauptkriterium. Rund ein Drittel der Deutschen berichtet sogar, dass sie es leid sind, ständig vom Klimawandel zu hören. 

Der 50. Germany Travel Mart in Chemnitz war eine Leistungsschau des deutschen Incoming-Tourismus, so das Resümee der DZT. Unternehmen und Einkäufer verhandelten beim zweitägigen Workshop Geschäftsabschlüsse für das kommende Jahr.

Aller guten Dinge sind drei: Im Mai gibt es wieder drei Termine fürs Eisbaden auf dem Kaunertaler Gletscher. Die besonderen Erlebnisworkshops finden unter fachkundiger Anleitung der Yoga- und Mentaltrainer Barbara Scherrer und Marcel Schmid im Gletscherzentrum statt.

In Venedig, einem der meistbesuchten Reiseziele der Welt, müssen Touristen erstmals Eintritt bezahlen. Die italienische Lagunenstadt verlangt seit diesem Donnerstag von allen Tagesgästen zwischen 8.30 Uhr und 16.00 Uhr fünf Euro.

In einem südlichen Adria-Ambiente dreht die neue Achterbahn des Europa-Parks ihre Runden. Im Mai gibt es dann einen weiteren Neubeginn in der Freizeitanlage. (mit Video der Achterbahn-Fahrt)

Der Frühling auf Long Island ist Pink! Im April und Mai verwandeln sich viele Orte auf der Halbinsel in ein Meer aus blühenden Kirschbäumen in allen Schattierungen – von zartem Rosé bis zu kräftigem Pink. Die Kirschblüte ist der Star unter den Frühlingsboten in der Region, ihr sind zahlreiche Festivals auf Long Island gewidmet.

Mit „Voltron Nevera powered by Rimac“ wartet ab 26. April im neuen Kroatischen Themenbereich des Europa-Park ein brandneues, actiongeladenes Achterbahn-Highlight auf alle Besucher. Die 14. Achterbahn des Europa-Park beschleunigt gleich vier Mal katapultartig auf bis zu 90 Stundenkilometer, davon einmal rückwärts.

 

Spektakuläre 50 Meter Höhe, 36 geschlossene Gondeln, moderne weiße Optik und Full-LED-Beleuchtung: Ab sofort dreht sich das Riesenrad „Circle of Life“ wieder auf dem Eventplatz neben der Seebrücke im Ostseebad Heringsdorf. Bis Oktober 2024 wird es die Besucher täglich mit einzigartigen Ausblicken begeistern.