Klimawandel: Mallorcas Massentourismus soll grün werden

| Tourismus Tourismus

Bei den Besucherzahlen ist Mallorca mit den Balearen seit Jahren Spitze, nun will die spanische Inselgruppe im Mittelmeer auch beim Umweltschutz ganz vorne dabei sein. Im letzten Jahr vor der Pandemie 2019 kamen rund 11,8 Millionen Touristen auf die Mittelmeerinsel mit dem berühmt-berüchtigten Ballermann. Die Balearen insgesamt, zu denen neben Mallorca auch Ibiza, Menorca und Formentera gehören, konnten sogar 16,5 Millionen Besucher begrüßen. Und dieses Jahr könnten es noch mehr Menschen werden, die an den Sonnenstränden entspannen oder im Tramuntana-Gebirge Mallorcas Wandern gehen.

Das wird selbst einigen der rund 912 000 Einheimischen auf Mallorca, deren Wohlstand vom Tourismus abhängt, langsam unheimlich. «Ich gehe durch die Innenstadt meiner Kindheit und kenne niemanden mehr, nur noch Touristen, irgendwie fremd», klagt eine Frau aus Palma. Dort wohnen kann sie auch nicht mehr, weil die Mieten wegen der Nachfrage durch Ausländer zu hoch sind.

Das stärkste Argument für einen Kurswechsel aber sind die immer dramatischeren Auswirkungen des Klimawandels. Der Sommer war extrem heiß, es fehlte Regen und selbst im Herbst lagen die Temperaturen noch über 30 Grad. Die Balearen wollen deshalb den Tourismus begrenzen und beim Umweltschutz vorbildlich werden. Die zu Spanien gehörende Inselgruppe im Mittelmeer soll die erste Ferienregion der Welt mit nachhaltigen Massentourismus und Kreislaufwirtschaft werden. Dies komme der Umwelt, den Einheimischen, den Beschäftigten und den Urlaubern zugute, sagt die Regionalregierung. Und natürlich sollen damit auch Urlauber, die sich zunehmend um das Klima sorgen, nach Mallorca gelockt werden. Eine Straßenumfrage bei deutschen Urlaubern zeigt, dass viele bereit wären, dafür auch mehr zu bezahlen.

«Klar, Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, das finden natürlich alle gut. Aber keiner hat auch nur einen blassen Schimmer, wie man Verzicht organisiert, ohne dass alles zusammenbricht», klagt Julian Ferrer, der eine Kette von Restaurants betreibt und Mitinitiator der Qualitätsoffensive Palma Beach gegen Sauftourismus am Ballermann ist. Der Tourismus trägt immerhin rund 35 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Balearen bei.

Die Inselregierung ist trotz der Kritik überzeugt, dass sie mit einem neuen Tourismusgesetz die richtige Richtung eingeschlagen hat. «Das neue Gesetz schreibt zunächst ein Moratorium für die Zahl der Touristenbetten bei derzeit 630 000 für die Balearen vor», sagt der regionale Minister für Tourismus und Wirtschaft, Iago Negueruela, der Deutschen Presse-Agentur. «In den meisten Monaten des Jahres haben wir kein Problem mit zu vielen Touristen, sondern nur in den Sommermonaten. Deshalb müssen wir die Besucher besser über das Jahr verteilen.»

Langfristig solle die Zahl der Übernachtungsmöglichkeiten dann aber langsam verringert werden. «Wir denken an einen Mechanismus, bei dem jeder Hoteleigentümer, der eine neue Übernachtungsmöglichkeit für einen Urlauber anbieten möchte, dafür zwei bestehende Lizenzen für Hotelbetten bei einer anderen Unterkunft aufkaufen muss», erklärt der Sozialist. Zudem beginnt der Staat gerade, alte, billige Hotels aufzukaufen und sie dann ersatzlos stillzulegen.

Parallel sollen die Hotels, Restaurants und andere Teile der Tourismusindustrie auf den Inseln nach und nach gezwungen werden, umweltfreundlicher zu wirtschaften. Dafür müssen sie zunächst in jährlichen Berichten darlegen, wie viel Energie und Wasser sie verbrauchen, welchen Müll sie produzieren und woher sie ihre Lebensmittel beziehen. In Fünfjahresplänen müssen sie sich dann zu konkreten Schritten verpflichten, den Energie- und Wasserverbrauch sowie die Müllmengen zu reduzieren und Lebensmittel möglichst ortsnah einzukaufen.

Auf vielen Landgütern, die Zimmer anbieten, klappt das schon. In der Finca Sa Maniga bei Bunyola kann man bei der Mandelernte helfen, Zitronen oder Weintrauben pflücken und zum opulenten Frühstück gibt es typische Gerichte der Insel. «Aber wir wissen einfach nicht, wo wir Solarpanele aufstellen sollen, denn aufs Dach dürfen sie hier nicht», sagt Antonia Llado, die das historische Haus in der Tramuntana mit ihren Eltern Teresa und Miguel schon in zweiter Generation führt. Also läuft vorerst die Ölheizung weiter.

Die öffentliche Hand will die Entwicklung hin zu mehr Umweltschutz mit Beihilfen in Höhe von 60 Millionen Euro unterstützten. Es geht um die Installation von Photovoltaikanlagen, eine bessere Isolierung der Häuser, sparsameren Einsatz von Wasser, die Nutzung von Abluftwärme, die Umstellung auf elektrische Geräte etwa in Küchen und bei der Warmwasseraufbereitung oder E-Autos.

Aber es geht auch um die Gesundheit des Personals. So sollen die Hotels höhenverstellbare Betten anschaffen, um den Frauen, die die Zimmer herrichten, die Arbeit zu erleichtern und ihnen Rückenprobleme zu ersparen. Ferrer ist da skeptisch. «Diese Betten kosten acht mal so viel wie ein normales Bett, sind technisch anfällig, und ob das die Rücken des Personals schont, ist auch nicht klar», schimpft er.

Auch Umweltschützer sehen die Gesetzesinitiative der Inselregierung kritisch, jedoch aus anderen Gründen. «Wir begrüßen zwar die Ziele des Gesetzes, aber die sollten nicht mit öffentlichen Geldern finanziert werden. Die Tourismusbranche hat selbst Geld genug», sagt Margalida Ramis von der Umweltgruppe GOB auf Mallorca. Zudem werde der Branche zuviel Zeit für Umweltmaßnahmen eingeräumt. Der Tourismus in seinem heutigen Umfang sei einfach zu groß für die Insel. Es gebe weder genügend Agrarflächen noch ausreichend Platz für Solaranlagen und Windparks, um die Millionen Urlauber und die Einheimischen mit Lebensmitteln, Wasser und grüner Energie zu versorgen.

Der Einkaufschef des Luxushotels Son Vida in Palma, Francisco Balcázar, sieht das neue Gesetz hingegen positiv. «Wir sind in einigen Bereichen Pioniere, was Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft anbelangt», sagt der Manager, der auch für alle Umweltfragen im Haus zuständig ist.

Und Balcázar hat einiges vorzuweisen. Das Son Vida und zwei weitere Mallorca-Hotels der deutschen Schörghuber-Gruppe sind schon jetzt mit Solaranlagen und wassersparender Technik ausgerüstet. Auch die Umstellung auf elektrische Geräte läuft. «Da wir nur Strom aus erneuerbaren Quellen beziehen, ist das der Weg, kein Kohlendioxid mehr freizusetzen», sagt er. Das ebenfalls zur Gruppe gehörende Sheraton Mallorca Arabella Golf Hotel sei seit dem Sommer vollständig elektrifiziert und setze damit kein Kohlendioxid mehr frei.

Bauern auf der Insel, die Kunstdünger durch Kompost aus den organischen Abfällen aus der Küche und den Gärten des Hotels ersetzen, wird ein höherer Preis für ihre Produkte gezahlt. Und die Gäste können sich dann am Frühstücksbuffet mit Hilfe eines QR-Codes darüber informieren, welches Huhn das Frühstücksei gelegt und welcher Bauer die Tomate auf dem Teller geerntet hat, wie viel Biogas dabei gewonnen und wie viel Kohlendioxid durch die ortsnahe und ökologische Erzeugung eingespart wurde. Bei allen Umwelt-Investitionen gehe es nicht nur darum, wie schnell sie sich amortisierten. «Wir sind uns bewusst, dass die Umwelt Mallorcas unser natürliches Kapital ist. Denn nur wegen dieser Natur kommen die Urlauber», sagt der Manager.

Worauf die Balearen, die Politik und auch engagierte Tourismusmanager wie Balcázar keinen Einfluss haben, sind die für das Klima sehr schädlichen Flüge, mit denen die Urlauber auf die Insel kommen. Im letzten Jahr vor der Pandemie 2019 wurden nach Angaben des Flughafenbetreibers Aena 29,7 Millionen Fluggäste und 217 218 Starts- und Landungen in Mallorca registriert. Dieses Jahr dürften es in etwa genauso viele werden.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Frühling auf Long Island ist Pink! Im April und Mai verwandeln sich viele Orte auf der Halbinsel in ein Meer aus blühenden Kirschbäumen in allen Schattierungen – von zartem Rosé bis zu kräftigem Pink. Die Kirschblüte ist der Star unter den Frühlingsboten in der Region, ihr sind zahlreiche Festivals auf Long Island gewidmet.

Mit „Voltron Nevera powered by Rimac“ wartet ab 26. April im neuen Kroatischen Themenbereich des Europa-Park ein brandneues, actiongeladenes Achterbahn-Highlight auf alle Besucher. Die 14. Achterbahn des Europa-Park beschleunigt gleich vier Mal katapultartig auf bis zu 90 Stundenkilometer, davon einmal rückwärts.

 

Spektakuläre 50 Meter Höhe, 36 geschlossene Gondeln, moderne weiße Optik und Full-LED-Beleuchtung: Ab sofort dreht sich das Riesenrad „Circle of Life“ wieder auf dem Eventplatz neben der Seebrücke im Ostseebad Heringsdorf. Bis Oktober 2024 wird es die Besucher täglich mit einzigartigen Ausblicken begeistern.

Radelnd unterwegs zwischen alten Fachwerkhäusern oder durch urwaldartige Rheinauen, Zweirad-Hopping zu urigen Hofläden oder mit der Picknickdecke auf dem Gepäckträger zu den idyllischen Queichwiesen – die Südpfalz lockt mit jeder Menge Gelegenheiten für aktive Urlaubsmomente. Erstmalig können Pedalritter im Frühsommer 2024 zwei Spargel- und Erdbeer-Touren erfahren oder am Aktionstag „Radel ins Museum“ Museen der Landkreise Germersheim und Südliche Weinstraße entdecken.

Pinterest ist Anlaufstelle für Millionen von Nutzern, die nach Reiseinspiration suchen. Auf der Plattform werden eine Milliarde Suchanfragen zum Thema Reisen pro Jahr verzeichnet. Welche Anfrage rund im das Reisen besonders beliebt sind, hat Pinterest jetzt veröffentlicht.

Als Kreuzfahrt-Stadt wird Hamburg immer beliebter: 2023 gingen so viele Passagiere wie noch nie in der Hansestadt aufs Schiff. Der Schiffstourismus in der Hansestadt soll auch nachhaltiger werden.

Zehntausende Menschen haben am Samstag unter dem Motto «Die Kanaren haben eine Grenze» gegen Massentourismus demonstriert. Insgesamt 55 000 Demonstranten forderten eine Obergrenze der Zahl der Touristen oder etwa bezahlbaren Wohnraum für Einheimische.

235 Vertreter der internationalen Reiseindustrie und 110 Medienvertreter aus 38 Ländern nehmen am 50. Germany Travel MartTM (GTM) der DZT in Chemnitz teil. Vom 21. Bis 23. April 2024 informieren sie sich beim GTM über die neuesten Trends, Entwicklungen und touristischen Produkte in Deutschland, lernen die Region kennen und verhandeln Geschäftsabschlüsse.

Als erste Stadt der Welt verlangt Venedig jetzt Eintritt: Wer ein paar Stunden zwischen Markusplatz und Rialtobrücke verbringen will, muss zahlen. Die Tourismusbranche beobachtet das genau.

Amsterdam will die Hälfte der anlegenden Flusskreuzfahrtschiffe streichen. Innerhalb von fünf Jahren solle die Zahl der Schiffe, die in der Stadt anlegen dürfen, halbiert werden. Die Stadt schätzt, dass dadurch pro Jahr rund 270 000 Touristen weniger die Stadt besuchen werden.