Königsbachfall und Influencer: Debatte um Betretungsverbot im Nationalpark Berchtesgaden

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Kristallklares Wasser, Bergpanorama, darunter glitzert der Königssee. Scheinbar allein in der Idylle posiert jemand fürs Foto: Die Natur-Pools am Königsbachfall im Nationalpark Berchtesgadener Land sind ein beliebtes Motiv in den sozialen Medien. Einsam ist es hier aber längst nicht mehr. Obwohl kein offizieller Weg zu den Pools führt, zählten Ranger an schönen Tagen gut 400 Touristen. Zurück bleiben zertrampelte Vegetation und Müll. Der Park will nun ein Betretungsverbot. Die Entscheidung am Landratsamt Berchtesgadener Land soll in nächster Zeit fallen.

Die Sperrung ist umstritten. Der Gemeinderat von Schönau am Königssee hat sich dagegen ausgesprochen. Naturschutz-Verbände argumentieren unterschiedlich. Mancher Einheimische, der die Gumpen - im Netz flott «Natural Infinity Pool» getauft - von früher als Rückzugsort abseits des Touristenrummels kannte, wünscht sie hingegen herbei. «Wir sagen nichts - wir sind befangen», sagt ein Schönauer, der dort Ruhe sucht.

Touristen aus den USA, Asien, Russland, Indien und vielen Ländern Europas machten sich, geleitet von Instruktionen im Internet, auf den Weg zu den Pools, berichtet Rangerleiter Ole Behling. Eine junge Frau aus Paderborn habe angegeben, sie sei morgens um 3.00 Uhr im Auto gestartet, um zum Wasserfall zu wandern - und wieder heim zu fahren.

Mancher Besucher ist nach langer Anreise ernüchtert. Die Bilder im Netz entsprechen nicht unbedingt der Wirklichkeit. «Ist das der Pool?» Die Wanderer aus Ingolstadt blicken enttäuscht. Eine von Unbekannten wohl als Gegenreaktion gefällte Buche blockiert den oberen Pool und versperrt den Blick auf den Königssee. Im unteren Pool wiederum sprudelt derzeit viel Wasser von der Schneeschmelze - die Fluten könnten Badende über den Poolrand in die Tiefe reißen.

«Es ist neben dem naturschutzfachlichen Effekt auch noch brandgefährlich», sagt Nationalpark-Sprecherin Carolin Scheiter. Schilder warnen: «Gefahr durch Ertrinken!» Das aufgewirbelte Wasser wurde 2019 zwei 21-jährigen Männern aus Sachsen in einer tiefer gelegenen Gumpe zum Verhängnis. Sie starben im sogenannten Weißwasser, das so viel Sauerstoff enthält, dass man darin untergeht.

Auch andere Orte wurden durch soziale Medien zum Top-Spot. Smaragdfarbene Bergseen wie der Schrecksee im Allgäu oder die malerische Rakotz-Brücke in Sachsen, die nicht betreten werden darf und die bekannt wurde, als ein BMX-Radler trotzdem oben fürs Foto posierte. An der Brücke werde man seitdem an schönen Tagen «regelrecht überrannt», sagt Steffen Stoppe von der Polizei in Weißwasser. Eine Sperrung rundum soll es aber nicht geben.

In Schönau hingegen soll schon der Zugang auf das gesamte Gebiet von rund 30 Hektar verboten werden. «Bei der geplanten, bestenfalls zeitlich befristeten Sperrung am Königsbachwasserfall geht es ausschließlich um den Bereich der neu entstandenen Trampelpfade und Vegetationsschäden aufgrund von Social Media und Influencern», sagt Nationalparkleiter Roland Baier über die geplante Sperrung.

Der Landesbund für Vogelschutz (LBV), um Stellungnahme gebeten, plädiert für eine mehrjährige Sperrung, damit sich die Vegetation erholen kann. Der Deutsche Alpenverein (DAV) lehnt das ab. Denkbar seien etwa eine Sperrung direkt am Königsbach und ein Badeverbot. Ähnlich sieht das der Gemeinderat. «Wenn etwas verboten ist, wird es nur noch interessanter. Die Bilder gehen jetzt schon um die Welt», sagt der zweite Bürgermeister Richard Lenz (Freie Wähler).

Sollte die Sperrung kommen, wäre das im Nationalpark Berchtesgaden ein Novum. Allerdings sei in vielen Ländern ein beschränkter Zugang in Nationalparks und gar die Ausgabe von Permits, Erlaubnissen, gang und gäbe, sagt der Vorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern, Richard Mergner. Auch in anderen Parks in Deutschland dürfe man nicht überall hin. «Der Schutz der Natur muss vor Selfie-Interessen gehen.» (dpa)


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