Reiselust, Krieg und Corona: Prognosen zum Sommerurlaub 2022

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Die Reiselust ist groß, doch über dem Urlaubssommer liegt mit dem russischen Angriff auf die Ukraine ein großer Schatten. Wie wird sich das auswirken auf das Reiseverhalten? Welche Ziele sind nachgefragt? Und was ist beliebter: Frühbuchen oder Last-Minute? Hier sind sechs Prognosen für den Sommerurlaub.

1. Wer kann, verreist: Der Nachholbedarf ist groß

Ob am Strand oder im Grünen: Im Sommer wird es einen starken Nachholeffekt beim Urlaubmachen geben - davon geht nicht nur die Reisebranche aus. «Die Sehnsucht nach Abwechslung, Outdoor-Aktivitäten und Abstand vom Alltag ist gestiegen», sagt die Psychologin und Reisetherapeutin Christina Miro.

Der Grund: Zu lange schon leben die Menschen mit den Einschränkungen in Folge der Coronapandemie. Daher sei der Stellenwert von Urlaub gestiegen, so Miro. Zudem hebt ein Ortswechsel die Stimmung: «Urlaubsreisen werden mit positiven Erlebnissen, Freiheitserleben und Erholung assoziiert», erklärt sie. Das fehlt vielen.

Hinzu kommt eine Art «Lerneffekt» aus zwei Jahren Pandemie: Im Sommer sinken in der Regel die Inzidenzzahlen. Das bedeutet «Urlaub, nur für kurze Zeit», so Miro, vor allem in Europa.

Auch Kerstin Heinen vom Deutschen Reiseverband (DRV), der Veranstalter und Reisebüros vertritt, hofft auf einen stärkeren Sommer als 2021. Der Bedarf sei groß, sagt sie. «Ein Umsatzniveau wie vor der Pandemie wird sich aber wohl erst in 2023/24 einstellen.»

2. Krieg in Europa: Ist es die nächste Reise wert?

Ob und inwieweit der russische Angriff auf die Ukraine das Buchungs- und Reiseverhalten der Deutschen beeinflussen werde, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verlässlich prognostizieren, sagt Heinen. «Klar ist aber, dass militärische Auseinandersetzungen grundsätzlich nie zur Planungssicherheit beitragen.»

Psychologin Miro vermutet, «dass einige Menschen sich zweimal überlegen werden, ob die nächste Reise es wert ist». Dennoch sei die Sehnsucht nach der Ferne stark ausgeprägt. «Ich gehe davon aus, dass die Menschen dieses Jahr besonders achtsam reisen und diese Reiseerlebnisse mehr wertschätzen werden, als zuvor», sagt Miro.

3. Trendziele: Deutschland weiter gefragt, Mittelmeer legt zu

«Mindestens ein Drittel der Deutschen wird Urlaub im eigenen Land machen», sagt Kerstin Heinen. Entsprechend mehr Deutschlandreisen finden sich in den Programmen der Veranstalter. Heinen begründet: «Reisewillige entscheiden sich in unsicheren Zeiten eher für Ziele, die sie bereits kennen und in denen sie sich wohlfühlen.»

Psychologin Miro rät allen zu einem Urlaub in Deutschland, die ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit haben. «Hier braucht man keine Angst zu haben, dass man irgendwo festsitzt», sagt sie. Statt mit dem Flugzeug wird mit Auto, Camper oder Bahn angereist. Im Zweifel kann man einfacher und schneller nach Hause zurückkehren.

Im Trend liegen wieder vermehrt Flugreisen. «Im Sommer wird Urlaub in Griechenland, Spanien und Türkei boomen», sagt DRV-Sprecherin Heinen. Hinzu komme Ägypten. Auch Portugal und Kroatien etwa seien schon gut gebucht.

Veranstalter wie Dertour, Tui, FTI, Alltours und Schauinsland-Reisen berichten, dass die Nachfrage für Fernziele ebenfalls steigt. Gebucht werden Reisen in die USA, in die Karibik oder auf die Inseln im Indischen Ozean - etwa die Malediven oder Mauritius. Inzwischen sind fast alle Flugziele wieder zu erreichen.

4. Länger, komfortabler, privater: Urlaub darf mehr kosten

Weniger Urlaub in den letzten Jahren wird von manchen nun durch mehr Komfort kompensiert. «Menschen bleiben zum Teil länger im Urlaub, buchen die höhere Zimmerkategorie oder ein besseres Hotel, als sie es vor der Pandemie getan hätten», sagt Kerstin Heinen. Nach dem Motto «sich wieder etwas gönnen können» bereiten sich die Veranstalter vor.

FTI baut sein Segment an großflächigen Vier- und Fünf-Sterne-Resorts aus. In einigen Fernzielen können Gäste eine eigene Villa mit privatem Pool buchen. Der Konzern rechnet damit, dass Urlauber bis zu 20 Prozent mehr Geld für ihre Reise ausgeben. Auch bei Dertour, Tui und Schauinsland-Reisen steigt die Nachfrage an Privatpoolzimmern und Hotels in höheren Sterne-Kategorien.

5. Pauschalreisen sind beliebt: Bedürfnis nach Sicherheit

Nicht nur am Urlaubsort, sondern auch bei der Reisebuchung ist das Bedürfnis nach Sicherheit weiterhin groß. «Die Organisation wird deutlich erschwert, wenn man sich ständig Sorgen macht, ob die Reise überhaupt stattfindet oder weitere Bedingungen hinzukommen», sagt Psychologin Miro.

Sie empfiehlt Pauschalreisen, weil sich hier der Reiseveranstalter um die komplette Information und Durchführung kümmert - Urlauber sind hier in der Regel besser abgesichert als bei einer selbst zusammengestellten Reise.

6. Trotz Flex-Tarifen: Viele entscheiden sich kurzfristig

Viele Menschen werden kurzfristig buchen - auch wenn einige über ihr Urlaubsziel schon entschieden haben. Früh zu buchen entsprach bislang unserem Bedürfnis nach «Sicherheit, Struktur und Planung», sagt Christina Miro. In der Pandemie hat sich das geändert. Spontan zu buchen, fühlt sich für einige sicherer an. «So kann man besser einschätzen, ob man die Reise antreten kann, und reduziert unangenehme Gefühle wie Unsicherheit und Enttäuschung», erklärt die Psychologin.

Das Risiko der Last-Minute-Buchungen: Starke kurzfristige Nachfragen können die Preise steigen lassen. Zudem ist sehr wahrscheinlich nicht mehr alles verfügbar, sodass die Auswahl eingeschränkter ist.

Wer Planungssicherheit möchte und etwas sparen will, kann die Frühbucherpreise nutzen. Noch gibt es bei vielen Veranstaltern Rabatte für den Sommerurlaub. Wer sich dabei absichern will, bucht einen Flex-Tarif dazu. So kann der Urlaub bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Abreise kostenfrei storniert oder umgebucht werden. Hier sollte man die Bedingungen aber genau lesen. (dpa)


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