Antisemitismus-Vorwürfe gegen Hotel: Prozess gegen Gil Ofarim beginnt

| War noch was…? War noch was…?

Kaum ein Justizfall hat in Sachsen und Deutschland die Gemüter zuletzt so sehr erhitzt wie der Fall Gil Ofarim (41). Der Sohn des israelischen Musikers Abi Ofarim (1937-2018) wirft vor gut zwei Jahren in einem Instagram-Video dem Mitarbeiter eines Leipziger Hotels Antisemitismus vor. Politiker und jüdische Verbände stehen zunächst geschlossen hinter Ofarim. Der Beschuldigte wehrt sich und zeigt den Musiker wegen Verleumdung an. Nach umfangreichen Ermittlungen erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Ofarim. Am 7. November beginnt der Prozess vor dem Landgericht der Messestadt.

Die Ausgangslage:

Der Musiker Gil Ofarim schildert in einem Instagram-Video, er sei am 4.10.2021 Opfer eines antisemitischen Vorfalls in einem Leipziger Hotel geworden. Ein Mitarbeiter des «Westin Leipzig» habe ihn am Empfang aufgefordert, seine Kette mit einem Davidstern-Anhänger einzupacken. Dann dürfe er einchecken. Zuvor seien andere Gäste in der langen Schlange am Hotelempfang vorgezogen worden.

So reagiert das Hotel:

Ein Sprecher sagt, dass man sehr besorgt über den Bericht sei und die Angelegenheit extrem ernst nehme. Das Unternehmen versuche, Ofarim zu kontaktieren, um herauszufinden, was passiert sei. Wenig später werden zwei Mitarbeiter beurlaubt. Das Hotel stellt eigene Nachforschungen an und befragt Gäste und Zeugen des Vorfalls.

Die ersten Reaktionen:

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, schreibt, dass die Anfeindung erschreckend sei. Es sei zu hoffen, dass das Hotel personelle Konsequenzen ziehe. Hunderte Menschen ziehen tags darauf vor das Hotel, um Solidarität mit Jüdinnen und Juden in Deutschland zu zeigen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes spricht von einem «unfassbaren Fall von Antisemitismus». Die Vorsitzende des Förderkreises Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Lea Rosh, sagt, dem Musiker gelte die uneingeschränkte Solidarität des Vereins. «Juden waren in Deutschland schon mal in Hotels unerwünscht. Das war 1933. Wir fordern eine lückenlose Aufklärung und personelle Konsequenzen.»

Juristische Aufarbeitung:

Die Staatsanwaltschaft Leipzig nimmt Ermittlungen auf und stellt sogar das Geschehen vor Ort nach. Der Hotelmitarbeiter erstattet Anzeige wegen Verleumdung. Er schilderte den Vorfall deutlich anders als der Künstler. Erst Tage später erstattet auch Ofarim Anzeige. Es werden mehrere Videos von Überwachungskameras ausgewertet.

Die Wende in dem Fall:

Das Leipziger Hotel ergreift nach Abschluss seiner internen Untersuchungen keine Maßnahmen gegen den beschuldigten Mitarbeiter. Aus einem 118 Seiten langen Gutachten gehe hervor, dass keine «objektivierbaren» Anhaltspunkte vorlägen, die straf- oder arbeitsrechtliche Schritte gegen den Mitarbeiter rechtfertigten.

Sechs Monate nach dem Vorfall erhebt die Staatsanwaltschaft Leipzig Anklage wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung gegen den Künstler. Bei umfangreichen Ermittlungen sei herausgekommen, dass sich der angebliche Antisemitismus-Vorfall in einem Leipziger Hotel nicht so zugetragen habe, wie Ofarim es in dem Video geschildert hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen den Hotelmitarbeiter wird eingestellt. Monate später lässt das Landgericht Leipzig die Anklage zu. Zehn Verhandlungstermine sind bis zum 7. Dezember angesetzt. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahren gilt die Unschuldsvermutung.

Sicherheitsvorkehrungen:

Der Anwalt von Ofarim hat wenige Tage vor Beginn des Prozesses Sicherheitsbedenken wegen der aufgeheizten Lage im Nahen Osten. Es sei unklar, ob die Beteiligten das Gericht sicher betreten und verlassen könnten, sagt Rechtsanwalt Alexander Stevens. Derweil prüft das Landgericht, ob die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort erhöht werden müssen. Man sei im Kontakt mit der Polizei. Details will der Sprecher des Landgerichts auf Anfrage nicht nennen. Ohnehin wird jeder Besucher des Landgerichts am Einlass kontrolliert. Zudem betonte der Sprecher des Gerichts, dass der Angeklagte persönlich zu den Verhandlung erscheinen müsse. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine etwa hundert Jahre alte Trommelwaschmaschine aus den 1920er Jahren von Miele hat in einer deutschlandweiten Suche den ersten Platz als älteste betriebsbereite Gewerbewaschmaschine erreicht. Das Gerät ist im Besitz des Fördervereins der Ortsfeuerwehr Burgdorf-Schillerslage bei Hannover.

Die Polizei in Giengen und Heidenheim untersucht zwei Einbrüche in Schnellrestaurants, bei denen es die Täter auf altes Speiseöl abgesehen hatten. Ein Zusammenhang zwischen den beiden Fällen wird von den Ermittlern geprüft. Die gestohlene Menge wird als mehrere Tonnen beschrieben.

Im Prozess um die Entführung zweier Block-Kinder hat das Landgericht Hamburg Aufzeichnungen eines Alarmknopfes abgespielt. Diesen trug der Sohn von Christina Block bei der Entführung in der Silvesternacht 2023/2024 und hatte ihn aktiviert.

Im A-ROSA Travemünde und im aja Travemünde wird auch in diesem Jahr wieder ein Wunschbaum aufgestellt. An diesen sind Wunschzettel von erkrankten Kindern und deren Familien angebracht, die von Gästen, Partnern und Anwohnern erfüllt werden können.

Thüringens ehemaliger FDP-Chef und Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich ist politisch umstritten. In einem Restaurant wurde er nun als unerwünschter Gast behandelt – was Kemmerich dazu sagt.

Im Mai 2024 sterben beim Einsturz eines Restaurants am Ballermann zwei deutsche Urlauberinnen und zwei weitere Menschen. Die Empörung ist riesig. Eineinhalb Jahre später dauern die Ermittlungen an.

Die Block-Kinder wurden in der Silvesternacht 2023/24 entführt. Weil die Mutter den Auftrag gegeben haben soll, steht sie als Angeklagte vor Gericht. Die Richterin hat sie nun streng ermahnt.

War es ein Wohltäter oder ein Versehen? Ein Mann findet nach einem Kneipenbesuch im hessischen Gelnhausen mehrere Hundert Euro in seinem Hemd, die ihm nicht gehören. Nun darf gerätselt werden.

Warnungen ignoriert: Auf Teneriffa wurden mehrere Menschen von hohen Wellen erfasst. Unter den Verletzten sind auch drei Deutsche. Die Behörden mahnen zur Vorsicht an den Küsten.

Am Sonntagabend ist in einem Restaurant auf der Reeperbahn in Hamburg-St. Pauli ein Feuer ausgebrochen. Die Feuerwehr Hamburg rückte mit drei Löschzügen an und war mit einem Großeinsatz von rund 140 Kräften vor Ort. Bei dem Brand wurden zwei Personen leicht verletzt.