Frust und Ärger am Bodensee nach Beschluss zum Felchen-Fangverbot

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Zu viele Konkurrenten, zu wenig Nährstoffe und ein fischfressender Zugvogel: Um den Bestand der Felchen zu retten, dürfen sie in den kommenden drei Jahren im Bodensee nicht mehr gefangen werden. Für die Fischer und Gastronomen in der Region ist das Fangverbot ein Umbruch, weil Blaufelchen das kulinarische Aushängeschild des Bodensees sind. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Baden-Württemberg reagierte entsprechend verhalten. Doch die Fakten sprechen Experten zufolge für sich.

Die Felchenfänge lagen im vergangenen Jahr 89 Prozent unter dem Mittel der vergangenen zehn Jahre, wie die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) mitteilte. 2022 gingen den Fischern 21 Tonnen ins Netz - nach 107 Tonnen im Jahr zuvor. «Angesichts des starken Einbruchs der Fangzahlen und des Fehlens nachwachsender Felchen ist die Entscheidung nötig gewesen», sagte Susanne Haertel von der Bevollmächtigtenkonferenz. Die Hoffnung sei, dass sich die Felchenbestände erholten.

Die Lage der Tiere stufte die IBKF als besorgniserregend ein. Gründe für den plötzlichen Handlungsbedarf seien etwa die Ausbreitung der invasiven Arten Stichling und Quagga-Muschel. Letztere bindet das für das Wachstum der Felchen wichtige Phosphor aus dem Wasser. Der Stichling macht mittlerweile rund 90 Prozent der Fische im Freiwasser des Binnengewässers zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz aus. Der kleine silberne Fisch ist eigentlich eher in Ufernähe beheimatet, der Blaufelchen hingegen ein Freiwasser-Fisch.

Bis 2012 war der Stichling nach Angaben der Fischereiforschungsstelle in Langenargen unproblematisch. Doch vor Jahren änderte der Konkurrent des Felchens aus unbekannten Gründen sein Verhalten und wanderte auch ins Freiwasser. Deshalb soll laut IBKF auch ein sogenanntes Stichlings-Management geprüft werden. Ebenfalls notwendig sei «ein internationales Kormoranmanagement am Bodensee zur Schonung der Fischbestände».

«Explodierender Kormoranbestand»

Mit härteren Schritten gegen den fischfressenden Zugvogel und weiteren Maßnahmen gegen Stichling, Quagga-Muschel und Algenwuchs hätte ein mehrjähriges Fangverbot aus Sicht einiger der 64 Berufsfischer auch verhindert werden können. «Das Felchenfangverbot ist der kleinste Faktor zur Schonung des Fischbestandes im See», sagte die Vorsitzende des Verbands der Badischen Berufsfischer, Elke Dilger. «Jeden Tag holt der explodierende Kormoranbestand am See Tonnen von Fisch aus dem See. Fisch, welchen wir dem Kormoran zum Fraß überlassen.»

Seit mehr als 20 Jahren fordern Fischer, die Zahl der Kormorane zu regulieren - im Zweifelsfall auch mit Abschüssen. Naturschützer lehnen das ab, weil die Vögel gesetzlich geschützt sind. Die baden-württembergische Landesregierung, das Umweltministerium und die Naturschutzverbände müssten in den kommenden fünf Monaten «ein umsetzbares und effektives Kormoran-Management» erstellen, fordern die Fischer. Die Schonzeit für die Felchen könne in fünf Monaten umgesetzt werden.

Johannes Enssle, Landesvorsitzender des Nabu Baden-Württemberg, betonte jedoch: «Der Kormoran ist nicht schuld am Felchenrückgang. Zu glauben, man müsse nur genügend Kormorane schießen, dann seien die Probleme der Fischer gelöst, ist Unsinn. Kormorane fressen zu großen Teilen Stichlinge, die ihrerseits wiederum den Felchen bedrängen.»

Der Blaufelchen gilt trotz geringer Erträge als der Bodenseefisch schlechthin. Die Nachfrage nach dem Speisefisch ist gerade bei Urlaubern groß, weshalb auch schon über Fischzucht-Anlagen diskutiert wurde. Fischer beklagen seit Jahren die Ertragslage. Die Gastronomen seien weiter bemüht, den Gästen regionalen Fisch anzubieten, sagte ein Dehoga-Sprecher. Hauptgrund für die Lage der Felchen sei nicht die Fischerei.

Weil mit den Felchen-Netzen auch andere Speisefische wie Rotaugen, Trüschen, Saiblinge und Barsche gefangen werden, sollen laut IBKF zusätzliche Netztypen erlaubt werden. «So können die Fischer weiterhin frischen Fisch aus dem Bodensee anbieten», heißt es in einer Stellungnahme des Gremiums, in dem jeder Anrainer einen Bevollmächtigten sitzen hat. Über ein Fangverbot für Felchen konnte nur einstimmig entschieden werden. Die Entscheidung wurde auf der jährlichen IBKF-Konferenz in Ittingen in der Schweiz getroffen.

Die IBKF besteht aus den direkten Bodensee-Anrainern Baden-Württemberg, Bayern, Österreich und der Schweiz sowie Liechtenstein, das am Bodensee-Zufluss Rhein liegt. Die Zusammenarbeit dient der Festlegung gleichartiger Regelungen zur Ausübung der Berufs- und Angelfischerei.


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