Studie: Betriebe und Jugendliche finden oft nicht zueinander

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Zahl der Ausbildungsanfänger ist in den vergangenen Jahren wieder gestiegen, dennoch finden Ausbildungsbetriebe und Jugendliche häufig nicht zueinander. Das ist das Ergebnis des am Mittwoch in Gütersloh veröffentlichten «Ländermonitors berufliche Bildung 2019». Das Projekt von Wissenschaftlern aus Göttingen wird von der Bertelsmann-Stiftung gefördert. Demnach suchten 2018 bundesweit 79.000 Jugendliche erfolglos eine Lehrstelle, obwohl die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze 58.000 erreichte.

Die Forscher sprechen von einem Passungsproblem und sehen mehrere, regional unterschiedliche Gründe. Für 44 Prozent der unbesetzten Stellen gibt es zwar interessierte Jugendliche. Aber die Betriebe halten die Bewerber für ungeeignet. Anders herum finden auch die Jugendlichen nicht jeden Betrieb mit offener Stelle attraktiv. Bei einem Drittel der unbesetzten Stellen gibt es keinen einzigen Bewerber für diesen Ausbildungsberuf. Das trifft Branchen wie das Lebensmittelhandwerk oder die Gastronomie. Bei knapp einem Viertel ist fehlende Mobilität das Problem. Stelle und Bewerber sind in unterschiedlichen Regionen.

"Betroffene Branchen und Betriebe sind gefragt"

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) glaubt nicht, dass die Höhe der Ausbildungsvergütung ein Hauptgrund dafür ist, dass Betriebe und Jugendliche oft nicht zusammenfinden. «Sie ist selten entscheidend bei der Wahl eines Ausbildungsberufs», sagte Karliczek den Partnerzeitungen der «Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft» (Mittwoch). «Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und Ansehen sind ebenfalls wichtig. Daher sind vor allem die betroffenen Branchen und Betriebe gefragt, den jungen Leuten attraktive Angebote zu machen.»

In der Gesamtsicht hat sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt im Zehn-Jahres-Vergleich verbessert. 2009 kamen bundesweit im Schnitt auf 100 Bewerber knapp 89 Stellen, heute sind es fast 97. Allerdings verdeckt diese Statistik die großen regionalen Unterschiede. Regionen mit einem Überhang an Ausbildungsstellen gibt es vor allem im Süden. In Passau in Bayern kommen auf 100 Bewerber 129 offene Stellen. In Hagen in Nordrhein-Westfalen sind es dagegen nur 80.

In Gebieten mit einem Mangel an Ausbildungsstellen haben es laut Studie besonders Hauptschüler und ausländische Jugendliche schwer. 2017 fanden nur 37 Prozent von ihnen direkt nach dem Abschluss einen dualen Ausbildungsplatz, 10 Prozent gingen weiter zur Schule. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) begannen eine Maßnahme im sogenannten Übergangssektor, in dem die Schüler auf den Beruf vorbereitet werden und die Allgemeinbildung verbessert wird.

Ausländische Staatsbürger haben schlechte Karten

Schlechte Karten bei der Ausbildungssuche haben ausländische Staatsbürger. Nur 44 Prozent von ihnen fanden 2017 direkt eine Stelle, während die Quote bei den deutschen Jugendlichen bei 77 Prozent liegt. «Das deutsche Ausbildungssystem ist ein Zugpferd für die wirtschaftliche Entwicklung. Erfreulicherweise werden wieder mehr Ausbildungsplätze angeboten, doch zu viele davon bleiben unbesetzt», beklagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung.

«Die Ausbildungschancen junger Menschen hängen noch immer von ihrem Wohnort, ihrem Schulabschluss und ihrem Pass ab. Besonders dramatisch ist die Lage im Ruhrgebiet, in den mittleren Städten Hessens und Niedersachsens sowie im Nordosten Brandenburgs. Wir dürfen aber nicht zulassen, dass in Oberhausen, Bochum, Hagen, Eberswalde oder Flensburg eine verlorene Generation heranwächst», sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack.

«Der Bericht legt den Finger in die Wunde, gibt aber nur teilweise zielführende Handlungsempfehlungen», sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks, zu der Studie. «Ein neues Übergangssystem mit öffentlich finanzierten Ausbildungsalternativen wäre als Antwort der falsche Weg», sagte Dercks zu einem Vorschlag der Studienautoren. Zielführend sei vielmehr, was direkt und ohne Umwege in die betriebliche Praxis führe.

So sollten Kammern und Arbeitsagenturen gezielt Betriebe ansprechen, die ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen könnten, und dafür werben, noch mehr Bewerbern mit schwierigen Startchancen Ausbildungschancen zu geben. «Für Leistungsstarke muss Ausbildung noch attraktiver werden, zum Beispiel durch den Ausbau von Auslandsaufenthalten während der Ausbildung.» Auch Studienabbrecher, Geflüchtete oder junge Menschen mit Behinderung müssten noch mehr für eine duale Ausbildung gewonnen werden. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

McDonald's Deutschland hat die Ergebnisse der fünften Ausbildungsstudie veröffentlicht. Diese offenbaren eine zunehmende Verunsicherung und eine skeptische Haltung bezüglich der gesellschaftlichen Durchlässigkeit und der Wirkung von Leistung.

Viele Beschäftigte winken bei Weiterbildungen ab – weil sie weder mehr Gehalt noch Aufstiegschancen erwarten. Experten sehen darin eine Bürde für die Wirtschaftskraft - und wollen Hürden abbauen.

Künstliche Intelligenz macht im Beruf vieles einfacher – aber wer steht gerade, wenn die Tools fehlerhafte Ergebnisse ausspucken? Eine Rechtsexpertin ordnet ein.

Die Verdienstgrenze für Millionen Minijobber steigt zum 1. Januar auf 603 Euro und zum 1. Januar 2027 auf 633 Euro. Die Grenze wird aufgrund ihrer Koppelung an den gesetzlichen Mindestlohn erhöht: Jede Erhöhung führt automatisch zur Anpassung der Minijobgrenze.

Jedes zwölfte Unternehmen in Deutschland fürchtet nach einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts akut um die eigene Existenz. Als größte Gefahr sehen die Unternehmen demnach branchenübergreifend Auftragsmangel, der finanzielle Engpässe nach sich zieht.

Der Arbeitgeber fordert eine Krankschreibung - jetzt muss es schnell gehen. Doch auf Angebote im Netz sollte man sich nicht ungeprüft einlassen, zeigt ein Urteil. Die Folgen können erheblich sein.

Sind Schnee, Schneematsch oder Glätte vorhergesagt, wird der Arbeitsweg unter Umständen zur Geduldsprobe. Aber was passiert, wenn Beschäftigte zu spät zur Arbeit kommen?

Die Konjunkturlage im Gastgewerbe zeigt eine anhaltende Abschwächung. Nachdem das Statistische Bundesamt (Destatis) heute für den September 2025 einen Umsatzrückgang meldete, bestätigt der aktuelle DATEV Mittelstandsindex für Oktober 2025 diesen negativen Trend und zeigt eine weitere deutliche Verschlechterung in der Branche.

Der Anteil der von Fachkräftemangel betroffenen Unternehmen in Deutschland hat sich weiter verringert. Trotz des allgemeinen Rückgangs bleibt der Wert im Dienstleistungssektor, insbesondere in der Gastronomie und Hotellerie, weiterhin hoch.

Hochverarbeitete Lebensmitteln sind praktisch und allgegenwärtig. Doch was auf den ersten Blick nach bequemer, schneller Mahlzeit aussieht, kann der Gesundheit langfristig schaden. Die zunehmend von hochverarbeiteten Lebensmitteln dominierte Ernährung trage zum Anstieg von Fettleibigkeit, Diabetes und psychischen Erkrankungen bei, so eine Studie.