Umfrage: Homeoffice ist für viele eher ein Segen als ein Fluch

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Corona-Pandemie hat dem Homeoffice auch in Baden-Württemberg einen gewaltigen Schub verliehen. Die Zahl der Beschäftigten, die ihre Büroarbeit von zu Hause aus erledigen, hat sich nach einer Erhebung der Krankenkasse DAK-Gesundheit aus dem Februar während der Corona-Pandemie verfünffacht. Laut DAK waren zuletzt 43 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice - und dort auch nach eigener Auffassung nicht nur zufriedener, sondern auch produktiver.

Ein großer Teil von ihnen will laut Studie auch nach dem Auslaufen der Pflicht zum Homeoffice, die wegen der Corona-Pandemie eingeführt worden war, zumindest einen Teil seiner Arbeit weiter am Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden erledigen. 46 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice könnten sich vorstellen, künftig die Hälfte der Zeit von zu Hause aus zu arbeiten. Hinzu kämen zehn Prozent, die fast gar nicht mehr ins Büro zurück wollten, heißt es in der Studie.

Zum 1. Juli endet mit den sinkenden Infektionszahlen die Pflicht für Unternehmen, dort wo es möglich ist, Homeoffice anzubieten. Diese Regelung ist Teil der sogenannten Bundesnotbremse und läuft gemeinsam mit ihr am 30. Juni aus. Viele Unternehmen haben sich noch nicht entschieden, ob sie mit Betriebsvereinbarungen oder anderen Regelungen den Weg für dauerhaft mehr Homeoffice freimachen.

Die meisten der befragten Unternehmen seien mit den innerbetrieblichen Vorbereitungen zum Homeoffice aber bereits sehr weit, sagte der Studienleiter Jörn Richert vom Berliner Beratungsunternehmen Mobility Institute Berlin. Rund 80 Prozent hätten angegeben, dass sie die nötigen Vereinbarungen bis Ende 2021 abschließen wollten.

Die repräsentative Erhebung mit 1000 berufstätigen Befragten ist laut DAK die einzige Vorher-Nachher-Messung zu Digitalisierung und Homeoffice für Baden-Württemberg. «Das Homeoffice hat sich in der Arbeitswelt im Südwesten etabliert und kann zu einer Erfolgsgeschichte werden», sagte Siegfried Euerle, Landeschef der DAK-Gesundheit in Baden-Württemberg, am Mittwoch. «Das funktioniert nachweislich auch ohne gesetzliche Verpflichtung.»

Vor der Pandemie waren in Baden-Württemberg nur neun Prozent mehrmals pro Woche im Homeoffice. In der ersten Corona-Welle habe sich dieser Anteil bereits verfünffacht. «Im April und Mai 2020 war fast jeder und jede Zweite regelmäßig von zu Hause aus tätig», bilanzierte die DAK. «Vor der dritten Pandemie-Welle ändert sich dann trotz Homeoffice-Pflicht kaum noch etwas.»

In der baden-württembergischen Studie gaben 86 Prozent der Männer und Frauen im Homeoffice an, dafür geeignete Aufgaben ließen sich genauso gut erledigen wie am Arbeitsplatz in der Firma. «Sieben von zehn empfinden sich sogar als produktiver und nehmen die Arbeit angenehmer wahr als im Büro», hieß es weiter. Beschäftigte schätzten vor allem den Zeitgewinn, weil der Weg zur Arbeit wegfalle (77 Prozent). Die Aufgaben ließen sich auch gezielter über den Tag verteilen (72 Prozent) und sehr viele könnten Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren (88 Prozent).

Doch es gibt auch gravierende Nachteile des Wandels. 77 Prozent der befragten Menschen im Homeoffice gaben an, ihnen fehle die Trennung zwischen Privatem und Beruf, drei von vier Beschäftigten (76 Prozent) vermissen den Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen. Fast jeder Zweite (46 Prozent) kann sich im Homeoffice nicht genug auf die Arbeit konzentrieren, 60 Prozent der Befragten fehlt ein geeigneter Arbeitsplatz zu Hause. Überraschend: auf bürogerechte Kleidung wollen seit Beginn des Massen-Homeoffice auch 17 Prozent der befragten «Heim-Werker» nicht verzichten.

Nach einer Erhebung der Techniker Krankenkasse (TK) haben fehlende soziale Kontakte und die Angst um Angehörige viele Menschen in Baden-Württemberg zunehmend zermürbt. Jede und jeder zweite Befragte im Land fühlte sich laut TK-Gesundheitsreport im März dieses Jahres - zur Hochphase des zweiten Lockdowns – stark oder sehr stark von der Situation belastet. Bei einer ersten Befragung im Mai 2020 zu Beginn der Pandemie waren es nur 37 Prozent - jeweils unabhängig vom Homeoffice. Wesentliche Gründe seien fehlende persönliche Treffen mit Verwandten und Freunden gewesen sowie die deutlich gestiegene Belastung von Familien mit Kindern durch Kita- und Schulschließungen und der Stress am Arbeitsplatz.

«Mehr als die Hälfte der Befragten bestätigten in der letzten Umfrage, dass sie sich durch Corona einsamer fühlen als zuvor», sagte Markus Koffner, der Leiter Regionales Vertragswesen bei der TK-Landesvertretung. Für den Report hat seine Krankenkasse jeweils im Mai 2020 und März 2021 1000 Menschen vom Meinungsforschungsinstitut Forsa bundesweit telefonisch zu ihrer Belastung durch Corona befragt.

Die DAK-Gesundheit hat nach eigenen Angaben als eine der größten Krankenkassen Deutschlands bundesweit rund 5,6 Millionen Versicherten, davon 650 000 in Baden-Württemberg. Die TK greift auf die Daten von 5,4 Millionen erwerbstätigen Versicherten zurück, davon 599 000 mit Wohnsitz in Baden-Württemberg. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Streik auf Streik und Reiseunsicherheit – so hat das Jahr 2024 für die Tourismuswirtschaft begonnen. Der wirtschaftliche Schaden genauso wie der Imageschaden seien immens, wie nun der BTW mitteilte.

Trend-Lebensmittel Hühnerei: Der Pro-Kopf-Verbrauch von Eiern ist in Deutschland wieder gestiegen. Bei 236 Eiern lag er im vergangenen Jahr, wie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn mitteilt.

Der Fachkräftemangel unter den Unternehmen in Deutschland hat weiter abgenommen – vor allem in der Industrie und im Handel. Im Hotelgewerbe und der Logistik dagegen sucht jedes zweite Unternehmen händeringend Fachpersonal.

Aus Nordrhein-Westfalen kommen viele zum Urlaub an die Nordsee. Da an der Küste und auf den Inseln aber Arbeitskräfte fehlen, machen sich Gastronomen und Touristiker nun im Ruhrgebiet auf die Suche.

Der seit Jahresanfang wieder geltende normale Mehrwertsteuersatz hat in der rheinland-pfälzischen Gastronomie einer Befragung des Dehoga zufolge zu deutlichen Rückgängen bei Umsätzen und Gästen geführt.

Die Gastronomie in Deutschland schwächelt weiter. Der Umsatz sank im Januar 2024 um 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Im Vergleich zum Januar 2019, dem Vergleichsmonat vor der Corona-Pandemie, war er 14,0 Prozent niedriger.

An Sonn- oder Feiertagen herrscht eigentlich Beschäftigungsverbot. Doch es gibt zahlreiche Ausnahmen. Welche Regeln gelten? Was gilt für Zuschläge und Freizeitausgleich? Fragen und Antworten.

Morgen wäre der erste Arbeitstag, aber Grippe oder Magen-Darm machen dem Neustart einen Strich durch die Rechnung. Das gibt nicht nur ein schlechtes Gefühl, sondern hat auch rechtliche Konsequenzen.

Wohl (fast) jeder kennt diese Situation: Man zieht seine Lieblings-Jeans an und stellt mit Erschrecken fest, dass der Knopf kaum noch zugeht. Was jetzt? Wieder eine Diät durchziehen? Und dann mit dem Jo-Jo-Effekt kämpfen?

Beschäftigte in Deutschland sind einer neuen Umfrage zufolge zunehmend bereit, den Job zu wechseln. So stimmten nur rund 53 Prozent der Befragten der Aussage vollständig zu, sie beabsichtigten, in einem Jahr noch bei derselben Firma beschäftigt zu sein. 2018 lag dieser Anteil bei rund 78 Prozent.