Urteil: Neuer Job bereits in der Kündigungsfrist kein Muss

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Arbeitgeber können die Gehaltszahlung nicht einfach einstellen, wenn sich von ihnen freigestellte Arbeitnehmer innerhalb ihrer Kündigungsfrist keinen neuen Job suchen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt in einem Fall aus Baden-Württemberg (5 AZR 127/24). Nach Angaben von Arbeitsrechtlern kommt es über diese Frage bei Kündigungen immer wieder zu Streit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die nun in der höchsten Arbeitsgerichtsinstanz geklärt wurde. 

Für den Präzedenzfall sorgte ein Mann, der bei seinem Arbeitgeber in Projekten als Senior Consultant arbeitete und eine ordentliche Kündigung erhielt. Während seiner dreimonatigen Kündigungsfrist wurde er von seinem Arbeitgeber freigestellt - er musste damit keine Arbeitsleistungen erbringen. 

Kein «böswilliges» Agieren des Klägers 

In der Entscheidung der höchsten deutschen Arbeitsrichter heißt es: «Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig ... anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht». 

Während seiner Freistellung schickte der Arbeitgeber dem Kläger insgesamt 43 Stellenangebote aus Jobportalen. Auf sieben davon bewarb sich der Mann, der auch gegen seine Kündigung klagte. Die Bewerbungen verschickte er allerdings erst am Ende seiner Kündigungsfrist. Sein Arbeitgeber meinte, der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich während der Zeit der Freistellung auf die ihm überlassenen Stellenanzeigen zu bewerben. Für den letzten Monat zahlte er dem Consultant deshalb keine Vergütung mehr.

Der Arbeitgeber berief sich dabei auf einen Passus im Bürgerlichen Gesetzbuch. Darin geht es unter anderem darum, ob ein Arbeitnehmer «böswillig» handelt, wenn er sich nicht anderweitig um einen Verdienst kümmert, wenn ihn sein Arbeitgeber freigestellt hat - also seine angebotene Arbeitsleistung nicht annahm. 

Streit um 6.440 Euro brutto

Der gekündigte Arbeitnehmer argumentierte, durch eine neue Beschäftigung während der Freistellung könnte eine Konkurrenzsituation zwischen altem und neuem Arbeitgeber entstehen. Zudem sei innerhalb weniger Wochen kaum ein neuer Dauerarbeitsplatz anzutreten. 

Mit seiner Klage auf Nachzahlung eines Monatsgehalts von 6.440 Euro brutto und Verzugszinsen hatte der Senior Consultant letztlich Erfolg. Sein Arbeitgeber habe nicht dargelegt, dass ihm die Erfüllung des auch während der Kündigungsfrist bestehenden Beschäftigungsanspruchs des Klägers unzumutbar gewesen wäre, erklärten die Richter. «Ausgehend hiervon bestand für ihn keine Verpflichtung, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist zur finanziellen Entlastung der Beklagten ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen und daraus Verdienst zu erzielen.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Österreichische Hotelvereinigung hat die größte Praktikums-Umfrage der Branche durchgeführt. Mehr als 1.200 Schüler nahmen an der Befragung teil, die bereits zum vierten Mal stattfand. Die Ergebnisse für das Jahr 2025 zeigen gute Bewertungen für die Praktikumsbetriebe. Optimierungspotenzial sehen die Schüler bei Kommunikation und Dienstzeiten.

Die Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in den Kategorien Hotellerie und Gastronomie zeigen, wie ökologische und soziale Verantwortung in der Praxis umgesetzt werden kann. Das Hotel Luise in Erlangen und die Obermühle Görlitz werden für ihren Einsatz für Kreislaufwirtschaft, faire Arbeitsbedingungen und regionale, umweltschonende Konzepte gewürdigt.

Die Krise in der Wirtschaft hinterlässt deutliche Spuren auf dem Ausbildungsmarkt. Die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge ist in diesem Jahr auf rund 476.000 zurückgegangen, ist war der zweite Rückgang in Folge.

Die Bereitschaft von Fachkräften in Deutschland, während der Weihnachtsfeiertage und des Jahreswechsels für dienstliche Anfragen erreichbar zu sein, hat einen neuen Tiefstand erreicht. Insgesamt haben 71 Prozent der Berufstätigen über die Feiertage Urlaub.

Die wirtschaftspolitischen Verwerfungen treffen die Unternehmen in Deutschland weiter hart. Bonitäts-Schlusslicht bleibt das Gastgewerbe. Auch wenn sich die Lage seit Corona leicht gebessert hat, bleibt die Kreditwürdigkeit bei Gastronomen deutlich eingeschränkt.

Das kommende Jahr 2026 bringt für Unternehmen in Deutschland im Durchschnitt 2,4 Arbeitstage mehr als das laufende Jahr 2025. Dies teilt das Statistische Bundesamt mit. Bundesweit wird die durchschnittliche Zahl der Arbeitstage 250,5 erreichen.

Neue Studienergebnisse zeigen einen deutlichen Wandel im Trinkgeldverhalten der Deutschen. Während es im Restaurant stabil bleibt, sinkt die Bereitschaft in anderen Dienstleistungsbereichen massiv.

Deutschland zählt so viele Firmenpleiten wie seit 2014 nicht - und trotz Konjunkturhoffnungen gibt es keine Entwarnung für das kommende Jahr. Die zahlenmäßig meisten Insolvenzen entfielen auf das Dienstleistungsgewerbe.

Die Zuversicht der Verbraucher in Deutschland bezüglich ihrer eigenen finanziellen Lage stagniert. Das aktuelle Postbank Stimmungsbarometer beleuchtet die Hauptsorgen der Bevölkerung und zeigt auf, wie die gestiegenen Kosten die Spar- und Konsumpläne beeinflussen.

Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass die Niedriglohnquote in Deutschland konstant bei 16 Prozent liegt. Besonders betroffen ist das Gastgewerbe, wo über die Hälfte der Jobs dem Niedriglohnsektor zuzuordnen sind.