365-Tage-Grillen: Dieter Meier und Eckart Witzigmann über Fleisch und Feuer

| Gastronomie Gastronomie

Es gibt viele grillaffine Völker auf der Welt: Von den Braai-verrückten Südafrikanern bis hin zu den BBQ-Spezialisten aus den Südstaaten der USA. Vermutlich gibt es jedoch auf der Welt keine tiefere Verwurzelung des Grillens in der Kultur einer Nation als in Argentinien. Hier ist das Asado ein Teil der gesellschaftlichen DNA. Eine Art Religion, eine nationale Philosophie. Doch auch bei uns in Deutschland genießt das Grillen einen hohen Stellenwert. Was früher eher im Sommer stattfand ist heute zu einer Ganzjahresaktivität geworden. In einem kulinarischen Gespräch sprechen Eckart Witzigmann und Unternehmer Dieter Meier über die Grilltrends des Jahres.

Herr Meier, auf Ihrer Estancia Ojo de Agua in der Pampa Humeda züchten Sie Black Angus und Hereford Rinder. Was können wir von den Argentiniern lernen, wenn es um die Fleischzubereitung auf dem Grill geht?

Dieter Meier: „Der Umgang mit dem Feuer in Argentinien ist schlichtweg meisterhaft. Feuerstelle und Grillstelle sind bei einem Asado immer voneinander getrennt. Die Feuerstelle dient lediglich dazu, heiße Kohlen zu erzeugen. Diese wird je nach Gebrauch zur jeweiligen Grillstelle transportiert und für die direkte oder indirekte Hitze eingesetzt. Die Hitze kommt dabei von unten, von oben, von rundherum oder auch von der Seite. Je nach Technik vom berühmten Asador (das aufgestellte Iron Cross für die Zubereitung besonders großer Stücke) über die klassische Parilla (Rost) bis him zum Rescoldo – der Zubereitung des Grillguts in der Asche. Francis Mallmann beschreibt die einzelnen Techniken in seinem Buch "Seven Fires" sehr anschaulich. Er hat die argentinische Grillkunst in den letzten Jahren auf die kulinarische Landkarte der globalen Foodies gebracht.“

Gas oder Kohle ist eine Frage, die in Vorstadt-Vorgärten schon fast philosophisch diskutiert wird. Wie ist Ihre Meinung dazu, Herr Witzigmann?

Eckart Witzigmann: „In der Tat hat sich das zu einer Frage von „Sein oder Nichtsein“ entwickelt. Gas ist die pflegeleichtere Variante, mit Holzkohle haben sie aber mehr Möglichkeiten, den Geschmack zu variieren. Letztlich sollte hier jeder nach seiner eigenen Facon seelig werden. Aber wir wissen ja alle, wie hoch manchmal die Wellen von Meinungsverschiedenheiten schlagen können...“

Wie hat sich das Grillen in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht weiterentwickelt?

Eckart Witzigmann: „Früher war Grillen eine klassische Sommerangelegenheit, aber der Trend geht mehr und mehr zum 365-Tage-Grillen. Die Grills werden immer größer und teurer. Das sind echte Prestige-Objekte geworden – da bekommt die Nachbarschaft lange Zähne. Die Grillszene hat sich verselbstständigt, das ist neben dem ursprünglichen Kochen ein eigener Bereich geworden. Die Pandemie hat das Ganze noch weiter befeuert. Viele Menschen haben in Outdoor-Küchen und neue Grillutensilien investiert.“

Höher, schneller, weiter – ist das in Argentinien ebenso, wenn es ums Grillen geht, Herr Meier?

Dieter Meier:
„Gerade die jüngeren Generationen in Argentinien verfeinern ihre Grillkünste immer mehr. Ein hochwertiges, gut geschärftes Gaucho Messer gehört zur Standardausrüstung. Die Grills selbst werden immer abgedrehter. Metallbauer kreieren riesige, zum Teil abenteuerlichste Konstruktionen, mit denen die verschiedenen Grilltechniken gemeistert werden können. Auch die Wahl des Holzes spielt heute eine wesentliche Rolle. Besonders aromatisch und gut für die Kohle ist das Holz des Chañar Baumes.“   

Lassen Sie uns über das sprechen, was bei Ihnen auf den Grill kommt, Herr Meier.

Dieter Meier: „Rumpsteaks kann jeder. Kennt jeder. In Argentinien werden nahezu alle Teile des Rinds auf dem Grill zubereitet. From Nose to Tail. Gerade im Kontext der Klimadiskussion ein vernünftiger Ansatz. So machen wir das auch bei uns auf der Estancia Ojo de Agua am liebsten. Am Anfang eines Asados werden gerne Blutwürste (Morcilla), Chorizos und knusprig gegrillte Innereien gereicht. Dann folgen einige Steakcuts. Am Ende gibt es als Highlight die am „eisernen Kreuz“ aufrechtstehend und sehr behutsam gegrillten Rippenbögen des Rinds. Fantastisch aromatisch.“

Die „from Nose to Tail" Philosophie ist in Argentinien eine gelebte Tradition. Ist das auch hier immer mehr im Kommen, Herr Witzigmann?

Eckart Witzigmann: „Ich war vor Jahrzehnten für einige Wochen in China unterwegs, um dort die regionalen Küchen kennen zu lernen. Glauben Sie mir, da hat das geflügelte Wort "from Nose to tail" eine sehr effektive Bedeutung. Während meiner Lehrzeit in Bad Gastein habe ich das persönlich kennen gelernt, damals war es selbstverständlich, alle Teile des getöteten Tieres zu verarbeiten. Das kam dann etwas aus der Mode, bis Ende der 1990er Jahre. Fergus Henderson in London hat das Thema wieder auf die Tagesordnung gebracht. Ich glaube, jeder verantwortungsvolle Koch fühlt sich diesem Prozess verpflichtet. Ich bin sehr froh, dass das wieder in unser Denken und Schmecken Einzug erhalten hat.“ 

Wie lautet abschließend Ihr ultimativer Grilltipp?

Eckart Witzigmann: „Das Grillergebnis ist nicht vom Grill abhängig, sondern davon, was man auf den Rost legt. Lieber weniger und dafür Top-Qualität. Ich persönlich will beim Grillen vor allem das Fleisch schmecken und nicht drei verschiedene Saucen und vier Beilagen auf dem Teller haben.“ 


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Schwarzwaldstube in der Baiersbronner Traube Tonbach ist im Ranking von La Liste 2026 erneut an die Weltspitze gewählt worden. Das Gourmetrestaurant, unter der Leitung von Küchenchef Torsten Michel, belegt in der Weltrangliste abermals den geteilten Platz 1. Alle deutschen Restaurants und die komplette Liste bei Tageskarte.

Das Dortmunder Sternerestaurant „The Stage“ wird seinen Betrieb zum 28. März 2026 einstellen. Das Lokal in Dortmund-Hombruch wird damit nach fünf Jahren, seit seiner Gründung im Jahr 2021, die bisherige kulinarische Reise beenden, um sich auf neue Projekte zu konzentrieren.

Der Restaurantbesuch wird 2026 bewusster als besonderes Erlebnis und Ort der sozialen Verbundenheit betrachtet. Neue Daten von OpenTable zeigen, wie sich die Präferenzen der deutschen Gäste in Buchungszahlen und Ausgabeverhalten widerspiegeln.

Der Guide Michelin Italien 2026 hat die neue Auswahl in Parma präsentiert, wobei insgesamt 25 Neuzugänge in den Sternekategorien ausgezeichnet wurden. Die diesjährige Ausgabe zeichnet ein neues Haus mit drei Michelin Sternen aus. Zugleich konnte Südtirol seine Position in der Spitzengastronomie festigen und zählt zwei neue Restaurants mit einem Stern.

Die Burger-Kette Jim Block ist nach Rostock zurückgekehrt und hat ihr zwölftes Restaurant in Deutschland eröffnet. Mit einem Investitionsvolumen von rund 1,3 Millionen Euro wurde das erste Jim Block-Lokal in Mecklenburg-Vorpommern am Freitag eröffnet. Das Unternehmen gehört zur Block-Gruppe, zu der auch das Steak-Restaurant Block House zählt.

Bei der offiziellen Zeremonie des Michelin Guide Northeast Cities 2025 wurden in der US-Stadt Philadelphia erstmals Restaurants ausgezeichnet. Drei Betriebe erhielten je einen Michelin-Stern, ein weiteres Restaurant wurde mit dem Grünen Stern für Nachhaltigkeit geehrt.

Die Stadtverwaltung von Florenz wird ab dem kommenden Jahr neue und deutlich strengere Regelungen für die Außengastronomie im historischen Zentrum einführen. In 50 Straßen der Altstadt wird diese komplett untersagt.

Im Hamburger „Pallas“ fand jetzt die 39. Deutsche Cocktail Meisterschaft (DCM) der Deutschen Barkeeper-Union (DBU) statt. Als Sieger ging Jakob Schröder hervor, der in Köln in der Bar „Toddy Tapper“ tätig ist. Er setzte sich mit seiner Kreation namens „Slow Motion“ gegen zehn Finalistinnen und Finalisten durch.

Die Einkaufsstraße Zeil in Frankfurt am Main ist um ein Gastronomiekonzept reicher. Die Fast-Food-Kette KFC hat dort ein neues Restaurant eröffnet, das nach eigenen Angaben als einziger Core-Plus-Store in Deutschland gilt. Das Konzept zeichnet sich durch innovative Services, Technologien und ein besonderes Storedesign mit lokalem Bezug aus.

Das Victor’s Fine Dining by Christian Bau im saarländischen Perl-Nennig feierte jetzt ein außergewöhnliches Jubiläum: Seit dem 21. November 2005 ist das Gourmetrestaurant ununterbrochen mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Der Festakt versammelte alle saarländischen Ministerpräsidenten der vergangenen zwei Jahrzehnte.