Rauchverbote in Biergarten und Außengastronomie? - «Das würde großes Geschrei geben.»

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Jahrelang hat man davon geträumt, auf den Raucherhof zu dürfen, damals, in den 80er und 90er Jahren in der Schule. Man wollte dazugehören zu den Großen. Doch dann war Rauchen an bestimmten Orten nicht mal mehr erlaubt. Rauchverbote in Gaststätten - das sorgte 2007 für einen Aufschrei in der Branche, Weltuntergangsszenarien für die Eckkneipe machten die Runde. Inzwischen herrscht in allen Bundesländern ein mehr oder weniger strikter Tabakbann in Kneipen. Aber was wäre, wenn man künftig nicht einmal mehr im Biergarten rauchen dürfte?

Ein unwahrscheinliches Szenario, da sich zwar seit Jahren alle daran gewöhnt haben, zum Qualmen vor die Tür zu gehen, es aber als selbstverständlich gilt, draußen am Biergartentisch zu rauchen? Vielleicht. Obwohl es auch draußen viele Menschen stört, wenn der Rauch in ihre Richtung zieht.

Ganz so unrealistisch ist das Szenario allerdings nicht, zumindest andernorts: Mehrere englische Städte planen, das Rauchen zunehmend aus der Außengastronomie zu verbannen. Manchester, Newcastle und mehrere andere Kommunen haben Lizenzen für erweiterte Sitzflächen auf Bürgersteigen nur unter der Auflage vergeben, dass diese rauchfrei gestaltet werden, wie der «Guardian» berichtete.

Die Grafschaft Oxfordshire kündigte kürzlich sogar an, schon bis 2025 rauchfrei werden zu wollen. Und nicht nur dort sind die Pläne ambitioniert, auch Neuseeland will laut «Guardian» bis 2025 rauchfrei sein. Die neuseeländische Regierung hat sich dafür unter anderem ein Verkaufsverbot für alle ausgedacht, die nach 2004 geboren sind - junge Menschen sollen gar nicht erst anfangen.

Und in Deutschland? Im Vorfeld der Nichtraucherschutzgesetze gab es massive Sorgen, die Gastronomie könne pleite gehen - letztendlich sei dies nicht wahr geworden, und man habe sich «in Windeseile daran gewöhnt», meint der Psychologe und Soziologe Reiner Hanewinkel, Leiter des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung. Doch für weitere einschneidende Schritte sieht er die Gesellschaft noch nicht bereit. «Das würde großes Geschrei geben.»

Der Anteil rauchender Erwachsender liegt laut Bundesregierung derzeit bei etwa 28 Prozent, Tendenz sinkend. Auch der Anteil rauchender Jugendlicher hat sich demnach innerhalb der vergangenen 10 bis 15 Jahre um zwei Drittel verringert. Allerdings steige der Konsum von E-Zigaretten insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Aus der Sicht von Wissenschaftlern kann der Anteil rauchender Erwachsener und Jugendlicher mit entschlossenem Handeln der Politik auf fünf beziehungsweise zwei Prozent gedrückt werden. Eine Gruppe von Krebsforscherinnen um das Krebsforschungszentrum (DKFS), die Deutsche Krebshilfe und andere Organisationen hat die Bundesregierung aufgefordert, den Konsum durch strenge Maßnahmen zu reduzieren.

Der Weg dahin führt aus Sicht der Forscherinnen und Forscher vor allem über die Preise: Sie fordern eine radikale Erhöhung der Tabaksteuer, um die Preise für Tabak jährlich um mindestens zehn Prozent zu steigern. Die Bundesregierung plant für 2022 bis 2026 nur mit Anhebungen von etwa 2,5 Prozent pro Jahr. Es überrascht nicht, dass die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig sich eine andere Staffelung mit einer «intensiveren Lenkungswirkung» hätte vorstellen können, wie sie der Deutschen Presse-Agentur sagt.

Zur Strategie für ein tabakfreies Deutschland gehört demnach auch ein komplettes Verbot von Tabakwerbung. Das beinhaltet standardisierte Verpackungen, bei denen beispielsweise der Markenname nur in einer Standardschrift erscheinen darf. Einheitliche Packungsfarbe und Schrift, keine Logos oder andere grafischen Elemente sollen die Aufmerksamkeit der Jugendlichen für Warnhinweise erhöhen. Erste Studien deuten darauf hin, dass so der Anteil von Rauchern sinkt.

Zumindest die Werbung für Tabakprodukte wurde und wird in Deutschland immer mehr eingeschränkt - in kleinen Schritten. Ab Anfang 2022 soll Außenwerbung für Tabakprodukte nur noch in Ausnahmefällen möglich sein, Plakatwerbung für Zigaretten an Wänden und Haltestellen ist dann tabu. Von Anfang 2023 an gilt das auch für Tabakerhitzer und ab 2024 für E-Zigaretten. Im Kino darf schon seit Jahresbeginn nur noch bei Filmen Werbung für Tabakprodukte gemacht werden, die nicht für die Jugend freigeben sind.

Doch es geht auch anders. Australien beispielsweise verfolgt eine deutlich strengere Strategie: Schachteln werden laut einer Regelung von 2012 in Einheitsfarbe verkauft, ohne Logo und mit Horrorbildern etwa von Geschwüren. Zudem sind Zigaretten teuer: Eine 25er-Packung kann umgerechnet 30 Euro kosten. In Pubs gibt es ausgewiesene Raucherzonen, wo nicht gegessen werden darf, und andersherum.

Draußen gar nicht mehr zu rauchen - das wäre ein weiterer Schritt eines Prozesses, bei dem man die Menschen mitnehmen müsse, meint Hanewinkel. Zuerst müsse ein komplettes Rauchverbot in den Gasträumen her - denn das gebe es nur in Bayern, Nordrhein-Westfalen und im Saarland. Auch an Bushaltestellen solle das Rauchen verboten werden, schlägt er vor. «Da würden viele mitgehen.» Und was ist im Stadion? Oder im Auto? Fest steht aus seiner Sicht: «Wir haben uns an Verbote sehr schnell gewöhnt.» In den Zügen der Deutschen Bahn sei der Anteil der Raucherbereiche im Laufe der Jahrzehnte immer weiter gesunken, sagt eine Bahnsprecherin. Seit vielen Jahren schon darf man in Zügen nun gar nicht mehr qualmen.

Nach Einschätzung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes berücksichtigen Rauchverbote mit klar definierten Ausnahmen nicht nur Nichtraucher- und Jugendschutz, sondern auch Wünsche der rauchenden Gäste und der Wirte. Es gelte: Wo gegessen wird, wird nicht geraucht. Das sei ein «guter Kompromiss», heißt es in einer Stellungnahme. «In Ländern wie NRW und Bayern mit einem strikten Rauchverbot sieht es leider anders aus. Hier sind die Umsätze in der getränkegeprägten Gastronomie eingebrochen, viele kleine Eckkneipen sind mit den Jahren auf der Strecke geblieben.»

Ist Rauchen überhaupt noch angesagt? Sicher nicht, meint Hanewinkel. Vor allem Zigaretten seien «etwas out» - anders als neue Produkte wie E-Zigarette oder Shisha. Das habe noch immer viel mit dem Image zu tun. Dass Menschen mit dem Rauchen beginnen, sei ein «soziales Geschehen», wichtige Zeitpunkte seien die Pubertät und der Eintritt ins junge Erwachsenenalter.


 

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