Beherbergungsverbot: Unmut über innerdeutsche Reiseregeln wächst

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Das Beherbergungsverbot vieler Länder zum Schutz vor Corona-Infektionen steht kurz vor der Ministerpräsidentenkonferenz im Fokus der Kritik. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten warnte vor existenziellen Risiken für die Betriebe, Unions-Politiker stellten die Wirksamkeit der Maßnahme infrage und mahnten, uneinheitliche Corona-Regelungen trügen zu Verunsicherung und Akzeptanzproblemen bei. Der Städte- und Gemeindebund forderte die Politik auf, die getroffenen Beherbergungsregeln zu vereinheitlichen. Derweil werden immer mehr Städte in Deutschland zu Corona-Hotspots, am Montagabend überschritt auch Düsseldorf die Warnstufe.

Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder wollen sich am Mittwoch beraten. Bereits am Montag hatten zahlreiche Politiker eine Rücknahme der Regelung gefordert. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, Kanzlerin Merkel werde sich Argumente aller Seiten anhören. Es handle sich aber um Länderregelungen.

Am Dienstagmorgen überschritt die Zahl der innerhalb eines Tages neu mit dem Coronavirus infizierten Menschen nach Angaben des Robert Koch-Instituts mit 4122 erneut die 4000er-Grenze. Am Donnerstag war dies erstmals seit April geschehen. Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 329 453 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Datenstand 13.10., 0.00 Uhr).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Montag bei einer Videokonferenz des ifo-Instituts: «Wenn es um Mobilität geht und keine einheitlichen Regeln da sind, dann (...) untergräbt das Akzeptanz.» Deswegen sei es wichtig, dass man am Mittwoch mit den Ministerpräsidenten auf eine einheitliche Linie komme.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) drängte auf ein einheitlicheres Vorgehen bei den Anti-Corona-Maßnahmen. Er werde sich bei der Ministerpräsidentenkonferenz für «klarere Regeln für alle» einsetzen, sagte Söder am Montagabend im BR. Dabei schloss er nicht aus, Anti-Corona-Maßnahmen nicht nur regional, sondern flächendeckend etwas zu verschärfen.

Die deutschen Städte und Gemeinden forderten ebenfalls eine einheitliche Lösung, die dann auch flächendeckend gelte und für die Menschen verständlich sei. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte der «Rheinischen Post» (Dienstag): «Bei allen Regeln kommt es darauf an, dass sie wirksam und für die Menschen nachvollziehbar sind.» Das erwarte er von der Besprechung der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin.

Der Chef des Landkreistages, Reinhard Sager, sagte dem Nachrichtenportal «t-online»: «Das in den Ländern uneinheitlich eingeführte Beherbergungsverbot hat zu einem rechtlichen, im Alltag kaum zu überblickenden Flickenteppich und großer Verunsicherung in der Gesellschaft geführt.» Die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, sagte der «Saarbrücker Zeitung» (Dienstag): «Ich habe die begründete Hoffnung, dass sich Bund und Länder von dieser Form des Beherbergungsverbots verabschieden müssen.»

Auch Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann forderte die Rücknahme des Beherbergungsverbots. «Diese Maßnahme muss weg. Sie ist alles andere als zielgerichtet, sie dürfte kaum Wirksamkeit entfalten», sagte Linnemann der «Passauer Neuen Presse» (Dienstag).

Dagegen verteidigte Söder das Beherbergungsverbot grundsätzlich erneut gegen Kritik - dieses biete Sicherheit, auch der Tourismus- und Gastronomiebranche. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten sieht hingegen existenzielle Risiken: «Ein wochenlanges Beherbergungsverbot würden viele Betriebe nicht überleben - etwaige Reserven sind längst aufgebraucht», sagte der stellvertretende Vorsitzende Freddy Adjan dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag).

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) meldeten Gesprächsbedarf dazu für die Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch an. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Montag, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werde sich Argumente aller Seiten anhören. Es handle sich aber um Länderregelungen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte ein einheitliches Vorgehen bei dem Streitthema.

Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Brandenburg prüft juristische Schritte gegen ein coronabedingtes Beherbergungsverbot. Der Deutsche Tourismusverband forderte einheitliche und verständliche Regeln für das Reisen in Deutschland. «Das Chaos zu Beginn der Herbstferien zeigt einmal mehr, dass ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und Ländern dringender denn je notwendig ist», teilte der Verband in Berlin mit. «Die Gefahren liegen nicht bei der Übernachtung in einer Ferienwohnung auf dem Land und auch nicht in einem Hotel einer Stadt», sagte Verbandspräsident Reinhard Meyer. «Reisen innerhalb Deutschlands einschließlich Übernachtungen muss weiterhin erlaubt und möglich sein.»

Regierungssprecher Seibert sprach nach Beratungen des sogenannten Corona-Kabinetts am Montag vom Beginn einer «zweiten Welle». «Alle in der Bundesregierung sind sich darüber einig: Jetzt ist die Zeit, in der sich entscheidet, ob wir uns erfolgreich gegen diese Entwicklung stemmen können oder ob uns die Zahlen in Richtung Winter und Weihnachten davonlaufen.» Wenn es so käme, würde sich das früher oder später auch in den Krankenhäusern und Intensivstationen wieder deutlich zeigen, sagte Seibert.

Er verteidigte den Blick auf die Zahl der täglich festgestellten Neuinfektionen. Von dieser Zahl hänge ab, ob die Gesundheitsämter in der Lage seien, die Kontaktverfolgung aufrechtzuerhalten. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hatte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» gesagt: «Wir müssen aufhören, auf die Zahl der Neuinfektionen zu starren wie das Kaninchen auf die Schlange, das führt zu falschem Alarmismus.»

Angesichts steigender Coronavirus-Fallzahlen in Deutschlands Nachbarländern schließt das Bundesinnenministerium erneute Grenzkontrollen nicht aus. Man beobachte in angrenzenden Ländern teils eine «sehr starke Steigerung» der Fälle, sagte ein Sprecher. Dies fließe ein in Überlegungen zu Quarantäne-Regelungen und zum Testregime. Er betonte aber: «Wir versuchen, mit diesen Maßnahmen das Notwendige sicherzustellen ohne über andere Maßnahmen an den Grenzen nachdenken zu müssen.»

CDU-Minister im Südwesten kritisieren Beherbergungsverbot

Zwei CDU-Minister der Landesregierung haben das Beherbergungsverbot kritisiert und Ausnahmen für Geschäftsreisende gefordert. Wie auch die Opposition in Baden-Württemberg forderte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut nun eine Aufhebung des Verbots für Geschäftsreisen. Diese seien im Frühjahr möglich gewesen und sollten auch jetzt uneingeschränkt möglich sein, teilte eine Sprecherin des Ministeriums dazu gegenüber dem Südwestrundfunk (SWR) am Montagabend mit.

Auch Tourismusminister Guido Wolf hält das Beherbergungsverbot für «zunehmend ungeeignet», wie er dem SWR sagte. Die Regelung sei im Südwesten zu einer Zeit eingeführt worden, als es nur wenige Risikogebiete gab. Nun werde das Verbot für die Hotels zu einem «Lockdown durch die Hintertür». Wolf besteht deshalb ebenfalls auf Ausnahmen für Geschäftsreisende. Zudem sieht er auch die rechtliche Grundlage für das Verbot kritisch. Die Ansteckungsgefahr in Hotels sei gering. Daher stelle sich die Frage, ob die Verordnung vor Gericht Bestand habe, sagte er dem SWR.

Eine Übernachtung in Hotels oder Gaststätten im Land ist derzeit nur erlaubt, wenn man einen negativen Corona-Test vorlegen kann, der nicht älter als 48 Stunden ist.

NGG warnt vor wirtschaftlichen Folgen des Beherbergungsverbots

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hat vor den wirtschaftlichen Folgen des Beherbergungsverbots für Reisende aus innerdeutschen Risikogebieten gewarnt. «Ein wochenlanges Beherbergungsverbot würden viele Betriebe nicht überleben - etwaige Reserven sind längst aufgebraucht», sagte der stellvertretende Gewerkschaftschef Freddy Adjan dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag).

«Wenig Verständnis habe ich, wenn die Beschäftigten in den Hotels als Kontrolleure der ständig wechselnden Regelungen eingesetzt werden sollen», fügte Adjan hinzu. Hotelfachleute seien weder Polizisten noch Detektive. Seit vergangener Woche dürfen in einigen Bundesländern Touristen aus innerdeutschen Hotspots nur noch dann beherbergt werden, wenn sie negativ auf das Virus getestet wurden.

Kommunen fordern Vereinheitlichung der Beherbergungsregeln

Kurz vor Ministerpräsidentenkonferenz hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund eine Vereinheitlichung der Beherbergungsregeln gefordert. «Bei allen Regeln kommt es darauf an, dass sie wirksam und für die Menschen nachvollziehbar sind», sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der «Rheinischen Post» (Dienstag). «Daher sollten sich Bund und Länder auf jeden Fall auf eine einheitliche Lösung verständigen, die dann auch flächendeckend gilt und für die Menschen verständlich ist.» Das erwarte er von der Besprechung der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch.

Im Sommer habe sich gezeigt, dass durch den Reiseverkehr im Zusammenhang mit Rückkehrern aus Risikogebieten im Ausland die Infektionszahlen gestiegen seien. «Insoweit ist es zunächst einmal nachvollziehbar, wenn die Bundesländer fordern, dass auch bei Reisenden aus einem Risikogebiet in Deutschland zusätzliche Sicherheitsanforderungen gelten müssen. Dies kann der Nachweis eines negativen Corona-Tests sein oder eben ein Beherbergungsverbot.»

Es sollte aber klargestellt werden, dass derartige Beherbergungsverbote nicht für Geschäftsreisende gelten, sagte Landsberg. Das sei für die wirtschaftliche Entwicklung wichtig. Insgesamt müsse gelten, dass wirklich wichtige Regelungen bundeseinheitlich festgelegt würden. «Dazu zählen die Umsetzung der Maskenpflicht, die Begrenzung von Festen und Feiern sowie ein Alkoholverbot bei Überschreiten entsprechender Höchstgrenzen.»

Montgomery fordert für Risikogebiete «Ausreisekontrollen»

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, hat das Beherbergungsverbot in vielen Bundesländern für Urlauber aus Corona-Risikogebieten heftig kritisiert. «Das halte ich für völligen Unsinn», sagte Montgomery am Dienstag im Deutschlandfunk. Zumal Arbeits-, Familien- und nicht touristische Besuche ja erlaubt seien. «Nun erklären sie dem Virus mal, was der Unterschied zwischen einem Touristen und einem Manager ist», sagte Montgomery.

Man müsse stattdessen dort ansetzen, wo die Infektionszahlen stark angestiegen seien. Es müsse eine «Ausreisekontrolle» bei Reisen aus diesen Risikogebieten geben. «Davor scheut sich aber die Politik und kommt jetzt mit allen möglichen absurden Vorschlägen.» Montgomery wandte sich auch gegen den Vorschlag zweier Unions-Politiker, die Winterferien an den Schulen zu verlängern. «So ein Quatsch», sagte der Mediziner. Damit verunsichere man nur Schüler, Eltern und Lehrer.

Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder wollen an diesem Mittwoch über die Corona-Lage beraten. Bereits am Montag hatten zahlreiche Politiker eine Rücknahme des uneinheitlichen Beherbergungsverbots gefordert. (dpa)


 

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