Corona-Hilfen: Dorint zieht vor das Verfassungsgericht

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Dorint hat gegen die unzureichenden Corona-Hilfen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die DHI Dorint Hospitality & Innovation GmbH kritisiert, dass kleine und große Unternehmen der Branche ungleich behandelt würden. So gelten zwar die Betriebsverbote für alle Hotels, die dadurch entstehenden Kosten würden jedoch nicht einheitlich durch den Staat ausgeglichen. 

Sie verbrennen jeden Monat acht Millionen Euro, die staatlichen Hilfen seien aber auf drei Millionen Euro im Monat begrenzt, wie Dorint-Chef Dirk Iserlohe Ende April im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen beklagte. Es drohe ein Niedergang der deutschen Hotellerie, so seine Befürchtung. 

Nun hat die Gesellschaft dagegen Verfassungsbeschwerde eingereicht. Man befinde sich mittlerweile im 6. Monat des Lockdowns mit einem schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der Ausübung des Berufes nach Artikel 12 Grundgesetz, wie es in der Beschwerde heißt, die der Welt am Sonntag vorliegt. Es sei jedoch festzustellen, dass die Staatshilfen nicht in Abhängigkeit zu der Schwere des Eingriffs gewährt würden, sondern durch die Limitierungen je nach Größe des Unternehmens zu erheblichen Belastungen führten.

Bereits im FAZ-Artikel hatte Iserlohe die ungleicher Behandlung mit einer Beispielrechnung dargestellt: 

So könne sich der Nassauer Hof als Einzelbetrieb von 3,2 Millionen Euro Verlust 2,6 Millionen Euro erstatten lassen. Dorint müsse jedoch die Anträge als Kette stellen. Laut Iserlohe seien dadurch von 93 Millionen Euro Verlust nur 37 Millionen zurückzuholen. Dadurch entstünde eine Lücke von rund 60 Prozent, da die Überbrückungshilfe III zu niedrige Deckelungen hätte. 

Weil Deutschlands Hotelketten in der Coronakrise das Wasser bis zum Hals steht, müssen erste Firmen Teile ihrer Standorte verkaufen. Maritim gab am vor wenigen Wochen «Hotel-Notverkäufe» bekannt, um das «Überleben» zu sichern. Entsprechende Verhandlungen laufen noch, Einzelheiten nannte das 5000-Mitarbeiter-Unternehmen aus Bad Salzuflen in Nordrhein-Westfalen nicht. Die Hotelkette Centro, die 2019 noch 60 Hotels mit 1200 Mitarbeitern hatte, hatte bereits im vergangenen Jahr 13 Standorte veräußert, darunter sieben Neubauprojekte. Man habe dies «schweren Herzens» getan, «um das Unternehmen weiter abzusichern», sagte Chefin Homeira Amiri kürzlich bei einer Pressekonferenz in Köln.

In der Domstadt traten Vertreter von mehreren Hotelketten auf, um gemeinsam ihrer Enttäuschung über die Politik Luft zu machen und um Entschädigungen zu fordern. Unisono betonten sie, dass die bisher vom Staat gezahlten oder zugesagten Hilfen längst nicht ausreichten, zumal man auf viele Zahlungen sehr lange warten müsse. Es gebe kein Infektionsgeschehen in den Hotels und auf den Fahrten in die Hotels, dennoch dürften keine Touristen beherbergt werden - die Firmen erbrächten ein «Sonderopfer» für die Allgemeinheit, sagte Dirk Iserlohe von den Dorint-Hotels. «Wir fordern Entschädigungen.»

Dazu haben die Hotelketten einen Forderungskatalog aufgestellt.

So argumentiert der Dorint-Chef Dirk Iserlohe (Pressetext Dorint)

Unverständliche Limitierung trotz europäischer Freigabe: Viele Unternehmen sind ab sofort von Insolvenz bedroht  

Die Europäische Kommission hat bereits im April letzten Jahres festgelegt hatte, dass die Pandemie eine außergewöhnliche Situation darstellt. Und damit ihren Mitgliedsstaaten erlaubt, Entschädigungen für den Corona-Schaden, den bestimmte Wirtschaftssektoren erleiden, auszugleichen. Doch die Bundesregierung, vertreten durch das BMWi, stellt einen Beihilfeantrag nach dem anderen. Unverständlich, da doch der Europäische Gerichtshof bereits im Jahre 1988 festgehalten, dass Entschädigungen keinen Beihilfecharakter besitzen!

Naturgemäß sind Förderprogramme ihrer Höhe nach beschränkt. Der Grund dafür ist, dass Regierungen der europäischen Mitgliedsstaaten in „Normalzeiten“ selbstverständlich nur klein- und mittelständische Unternehmen oder Gründer von solchen Unternehmen fördern wollen. Denn dadurch werden Arbeitsplätze geschaffen und das jeweilige Land erhält einen Mehrwert. Die Politik will aber nur Neugründern und Klein- und Mittelständlern helfen, nicht aber großen Konzernen, was durchaus nachvollziehbar  ist.

Das Regelwerk der Förderprogramme widerspricht aber jetzt,  in der „Stunde der Solidarität“, der gebotenen Entschädigungspflicht eines jeden Staates, da die Förderprogramme

  • keinen Rechtsanspruch des Antragsstellers entfalten,
  • aufgrund der Limitierungen bei Nicht-KMUs unterproportional wirken,
  • bei Betriebseinstellungen oder Insolvenzreife Fördermittel zurückgefordert werden.

Fazit: Fördermittel mildern zwar die Eingriffe ab, stellen aber keine unzureichende Kompensation von Verlusten dar, wenn trotz Gewährung eine Existenzgefährdung gegeben ist. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass Fördermittel bei einer Insolvenz nicht greifen.

Konzernchef Dirk Iserlohe erlebt gerade, dass die Dorint Hotelgruppe mit Hilfe der derzeitigen Förderprogramme nur circa 37 % der Verluste ausgleichen kann, ein kleiner Einzelbetrieb jedoch die Möglichkeit auf eine Erstattung von nahezu 100 % seines Verlustes hat. „Wie sollen die Nicht-KMUs denn ihren Mitarbeiter für den Fall einer Insolvenz erklären, dass sie mit einer großen Hotelgesellschaft den falschen Arbeitgeber gewählt haben? Das ist doch absurd und unfair!“, so der über diese Ungerechtigkeit enttäuschte Iserlohe. 

Bewusste Entschädigungslosigkeit durch Neustrukturierung des Infektionsgesetzes seit dem 18.November 2020?

Iserlohe erinnert immer wieder an die Zeit vor dem 18. November 2020: Die Gerichte hätten da doch noch die Chance gehabt, den Gesetzgeber zu korrigieren, indem sie den eigens in § 65 IfSG angelegten Entschädigungs-Paragrafen zur Anwendung gebracht hätten. Mit der Einführung des § 28a IfSG hat der Gesetzgeber – nicht nur seiner Meinung nach - den Pfad der gerechten Differenzierung zwischen Verhütung und Bekämpfung, also zwischen Nicht-Störer und Störer sowie der Schwere nach verlassen. „Der faktisch enteignend wirkende § 28a IfSG muss nun dringend vom Bundesverfassungsgericht unter die Lupe genommen werden“, fordert Iserlohe. Grundrechte wie der Artikel 12 GG sind, wie der Ministerpräsident des Saarlandes, Tobias Hans, am 22. April 2021 im Bundesrat sagte, schwerstens verletzt. Der Regierende Bürgermeister in Berlin, Matthias Müller, sprach am gleichen Tag ebenfalls im Bundesrat sogar davon, dass die Beherbergungsverbote ein Fehler gewesen seien.

Hotelunternehmer Dirk Iserlohe fragt sich daher, was Bundesfinanzminister Olaf Scholz, SPD, mit „jede und jeder“, meinte, als er sagte: „Wir haben die finanzielle Kraft, diese Krise zu bewältigen. Es ist genug Geld da und wir setzen es ein. Wir ergreifen alle notwendigen Maßnahmen, um Beschäftigte und Unternehmen zu schützen. Darauf kann sich jede und jeder verlassen“.

Iserlohe fühlt sich verlassen und für den Konzern mehr denn je in seinen Rechten, also in den Grundrechten der Gleichheit aus Artikel 3 GG verletzt. Also hat er jetzt Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht zusammen mit einem Eilantrag wegen Insolvenz-Schutz.

Selbst erschaffene „Zombi-Firmen“ durch mangelnde Entschädigungen und Dauer-Lockdown / Reaktivierung der Insolvenzantragspflicht

Die Argumentation einiger Politiker aus der Union, die Insolvenzantragspflicht nicht erneut zu verlängern, wird oft mit der Begrifflichkeit eines „Zombi-Unternehmens“ erläutert. Was soll das sein? Vielleicht ein Hotelbetrieb, der seit 2. November 2020 faktisch geschlossen worden ist? Der bisher keine angemessene Entschädigung erhalten hat, oder diese zu spät erhält? Und dann wegen der Reaktivierung der Insolvenzantragspflicht aufgegeben werden muss? Iserlohe fragt sich erneut, was Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier meinte hat, als er gesagt hat: „Oberstes Ziel der Wirtschaftspolitik in dieser Lage muss nun sein, Unsicherheit abzubauen. Kein gesundes Unternehmen sollte wegen Corona in die Insolvenz gehen“.  

Falls die Bundesregierung an diesem Punkt der Pandemie zur Vernunft kommt, sollte der frühere § 1 (1) COVInsAG reaktiviert werden. Dieser sagt, dass man als gesundes Unternehmen im Jahre 2019 keine Insolvenz hätte beantragen müssen, sofern die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung aufgrund der Corona-Pandemie  vorliegt. Dies muss nun  für die Dauer der Pandemie - also mit Feststellung der pandemischen Lage - von nationaler Tragweite gelten. „Alles andere ist weder rechtstaatlich noch solidarisch“, resümiert Iserlohe.

Auslandsurlaub problematisch und wettbewerbsverzerrend

Wettbewerbsverzerrend wirkt zudem die Möglichkeit, Urlaubsreisen ins Ausland zu unternehmen. Mittlerweile buchen die Deutschen wieder Fernreisen in Hotels und auf Kreuzfahrtschiffen, während ein Einzelzimmer in einem Hotel in der Uckermark noch nicht einmal an eine Person mit vollem Impfschutz zu touristischen Zwecken vermietet werden darf. Bemerkenswert auch, dass die Unternehmen TUI AG und Lufthansa AG, signifikante Staatsmittel bekommen haben, und weltweit Schiffs- und Flugreisen anbieten dürfen. Die Zusammenkunft auf Schiffen und in Flugzeugen – schon allein beim Einchecken – ist wesentlich kontaktstärker als das Einchecken einer Person oder eines Hausstandes in einem deutschen Hotel. Aber vielleicht erhofft sich die Bundesregierung so die Rückzahlung der Milliarden, die beiden Unternehmen, die seinerzeit anstandslos gezahlt worden sind.      

Steuerverschwendung mit Ansage

Die Summen, die Hoteliers und Gastronomen erhalten haben, die nicht ausreichen und/oder zu spät eintreffen, werden allerdings in vielen Fällen  bald eine Insolvenz erzeugen. Damit führen diese eindeutig zu einer massiven Verschwendung von Steuergeldern. Mit Ansage werden Milliarden ausgezahlt und sehr wohl in dem Bewusstsein, dass diese nicht ausreichen, der Allgemeinheit entzogen. Die einzige Branche die daran partizipieren wird, ist – und das liegt deutlich auf der Hand – ist die Berufsgruppe der Insolvenzverwalter. Diese Art von Entscheidungen und Vorgängen werfen daher kein gutes Licht auf einen Finanzminister beim Bundesrechnungshof. Iserlohe fragt sich daher : „Wie wird Herr Scholz seinen zukünftigen Wählern erklären, dass er im klaren Bewusstsein der unzureichenden Programme und des Wegfalls des Insolvenzschutzes Milliarden zu Lasten des Bürger ‚bazookert‘ hat?“

Solidaritätsprinzip verlassen

Er engagierte Dorint Aufsichtsratschef hofft jetzt auf ein Einsehen der Richter in Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht wird hoffentlich möglichst bald feststellen, dass die Verletzung der Grundrechte durch die Beherbergungsverbote ohne angemessene Entschädigungen und mangels eines ungleichen Verteilungsschlüssels gegeben ist. Sodass es geboten ist, die Insolvenzantragspflicht weiterhin auszusetzen, solange der Gesetzgeber noch nachbessern muss.


 

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