„Es wird vielen von uns die Existenz kosten“

| Hotellerie Hotellerie

Der Hotelier Matthias Ganter aus Traben-Trarbach hat mit einem Facebook-Post große Resonanz erzielt. Ganter analysiert die aktuelle Situation und will dafür sensibilisieren, auch über alternative Lösungen in der Corona-Krise nachzudenken. Der Post wurde inzwischen fast 500 Mal geteilt.
 

Ganter sagt aber auch: „Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass wir selbst nach stufenweiser Wiederherstellung des 'normalen Lebens' wirtschaftlich dort anknüpfen können, wo wir aufgrund behördlicher Schließung unserer Unternehmen aufhören mussten. Wenn wir nicht in absehbarer Zeit unsere Dienstleistung wieder anbieten dürfen, wird es nicht nur in unserer Branche, sondern auch in mannigfachen anderen Branchen zu einer Arbeitslosigkeit kommen, die unsere und andere Volkswirtschaften in Europa und der Welt nicht verkraften können.“

Ganter vergisst nicht, auf die die aktuelle finanzielle Situation einzugehen, in der sich nun auch viele Mitarbeiter befänden.

Schlussendlich spricht sich unser Kollege dafür aus, die Art und Weise, wie die Menschheit in den letzten Jahren gewirtschaftet habe, deutlich zu hinterfragen.

Der Ganter-Post im Wortlaut

Liebe Leserinnen und Leser,

Um es vorweg zu nehmen,
Schweden ist nicht mit Deutschland zu vergleichen.

Schweden hat ca. 10,4 Mio. Einwohner.

Schweden setzt auf die sogenannte Herdeninfizierung.

Die Schulen, Restaurants etc. sind bisher noch geöffnet und man setzt auf die Selbstverantwortung der Bürger.

Versammlungen bis zu 50 Einwohnern waren zumindest bis vor Kurzem noch erlaubt.

Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass ich es nicht für besser oder schlechter halte.

Es ist mir nur wichtig, daß wir uns das gesamte Spektrum vor Augen halten.

Ich bin Hotelier und keiner der vielen Experten, die sich untereinander auch sehr uneinig sind.

Auch wenn ich mich nicht als Verschwörungstheoretiker einstufe, versuche ich immer die
„News behind the News“ zu suchen, zu finden und zu lesen.

Ich finde die Regelungen, wie Sie derzeit angeordnet und auch großteils von der Bevölkerung akzeptiert, respektiert und umgesetzt wurden in Ordnung und trage selbige gerne als Arbeitgeber von 110 Mitarbeitern mit.

Intuitiv spüre ich schon seit Langem, daß die Philosopie von stetigem Wachstum und dem permanenten „Schneller, Höher, Weiter“ auf Dauer nicht funktionieren kann.

Der Mensch ist im Gegensatz zu allen anderen Spezies auf unserem Planeten das einzige Lebewesen, das sein Habitat aufgrund seiner vermeintlich „höheren Intelligenz“ sukzessive zerstört.

Tiere würden das niemals tun. Bei Ihnen hat der Darwinismus über endlos lange Zeiträume funktioniert.

Ich habe bisher immer aus einem tiefen Gefühl heraus lapidar gesagt, wenn es dem Planeten zu viel wird, wird er sich schütteln.

Dass die derzeitige Situation dieses „Schütteln“ darstellt glaube ich zwar nicht. Eine gelb-rote Karte ist es aber allemal und das ist gut so.

Es ist dringend notwendig, dass die Wahrnehmung der Menschen diesen Turbo-Kapitalismus hinterfragt.

Ich bin schon lange für ein Trennbankensystem, welches die Realwirtschaft vom globalen „Casino“ der Superzocker und beispielsweise des Hochfrequenzhandels trennt.

Es gibt weltweit immer mehr ganz normale Mitbürgerinnen und Mitbürger, die glauben, daß sie dauerhaft ihr Vermögen vermehren können, indem sie nicht mehr arbeiten, sondern ein Vielfaches ihres bisherigen Einkommens respektive ihrer Rente dadurch erzielen können, indem sie von ihrem Schreibtisch aus munter „mitzocken“ und auf die „Gewinner“ des bisherigen Systems setzen.

Deutschland ist im Vergleich zu Ländern wie Indien und China ein kleines Land und wie sich gerade beweist, ein Land mit einem, wie uns Anhand der täglichen Statistiken klar wird, hervorragenden Gesundheitssystem.

Im Vergleich zu Schweden oder der Schweiz und auch in der Relation mit den Ländern der EU sind wir ein sehr großes Land.

Das System der bisherigen Welt wird gewaltig auf den Prüfstand, ja sogar zunehmend auf den Kopf gestellt.

Es ist großartig, dass wir in dieser Zeit schwerkranke, wenn auch zahlenmäßig eher wenig Patienten aus Frankreich und Italien aufnehmen, um Ihnen zu helfen.

Ich bin mir darüber bewusst, dass alles, wofür ich die letzten 30 Jahre gerne und mit Leidenschaft gearbeitet habe, schon bald Schall und Rauch sein könnte.

Das ist aber nicht die Motivation, Ihnen meine Gedanken mitzuteilen.

Ich würde nicht mit einer oder einem, in der Verantwortung stehenden Politikerinnen und Politiker tauschen wollen.

In ihrer derzeitigen Position zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden ist eine Gewissensfrage, die erst im Nachhinein beurteilt werden kann.

Ich schreibe diese Zeilen, in dem Wissen, dass tausende kleine und mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer genau die gleichen Sorgen und Existenzängste haben.

Und ja, es wird vielen von uns die Existenz kosten.

Insbesondere sorge ich mich um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Hotellerie gehört zum sogenannten „Niedriglohnsegment“

Nicht unerhebliche Bestandteile des verfügbaren Nettoeinkommens sind steuerfreie Zuschläge für Sonntags-Feiertag- und Nachtarbeit.

Diese werden beim KuG nicht berücksichtigt.

Dazu kommen die Trinkgelder, die bei geschlossenen Betrieben schlichtweg nicht mehr vorhanden sind.

Wir reden also bei unseren Teams nicht über 60 oder 67 Prozent vom bisher verfügbaren Einkommen, sondern vielleicht von 40 - 50 Prozent von den bisher verfügbaren Mitteln.

Sehr lange war ich immer der Meinung, dass nur ein Krieg oder eine nationale Katastrophe eine Volkswirtschaft in so kurzer Zeit ruinieren kann.

Jetzt wurde ich eines besseren belehrt.

Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass wir selbst nach stufenweiser Wiederherstellung des „normalen Lebens“ wirtschaftlich dort anknüpfen können, wo wir aufgrund behördlicher Schließung unserer Unternehmen aufhören mussten.

Wenn wir nicht in absehbarer Zeit unsere Dienstleistung wieder anbieten dürfen, wird es nicht nur in unserer Branche, sondern auch in mannigfachen anderen Branchen zu einer Arbeitslosigkeit kommen, die unsere und andere Volkswirtschaften in Europa und der Welt nicht verkraften können.

Ich teile diese Gedanken nicht, um mich wichtig zu machen, sondern weil es meiner Meinung nach essenziell ist, dass insbesondere Unternehmerinnen und Unternehmern bereit sein sollten, mit dem „Worst Case“ zu rechnen.

Auch wenn wir uns keinerlei Selbstverschuldung vorwerfen müssen, bleibt uns nichts anderes übrig, uns ohne Wut und bitterer Ressentiments der Realität zu stellen.

„Ebbe und Flut sind des Kaufmanns Gut“

Die Mehrheit der kleinen und mittelständischen Unternehmen haften mit ihrem Privatvermögen.

Große Unternehmen wie die TUI oder die Lufthansa müssen vom Staat gerettet werden, was ich voll verstehe, an dieser Stelle nicht in Frage stelle und für gut heiße.

Ob Schweden in seiner Strategie es nunmehr eher besser oder vielleicht sogar falsch gehandhabt hat, werden wir erst im Nachhinein beurteilen können.

In diesem Sinne verbleibe ich,

mit sorgenvollen aber nicht hoffnungslosen Grüßen.

Herzlich, Ihr Matthias Ganter


Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Parkhotel Bremen und das Dorint-Hotel in der Hansestadt sind im Streit um Entschädigungen für Einnahmeausfälle in der Corona-Pandemie vor dem Bundesgerichtshof gescheitert. Dorint sieht sich als größere Gesellschaft bei den Corona-Hilfen benachteiligt. Der BGH vertritt eine andere Auffassung. Dorint-Boss Dirk Iserlohe will jetzt vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Das Le Méridien Frankfurt öffnet am 27. April 2024 erneut seine Türen für eine überraschende Hotel-Entdeckungstour. Unter dem Motto „Open Doors – Discover Le Méridien Frankfurt" lädt das Haus Interessierte ein, einen Blick hinter die Kulissen des internationalen Hotels im Herzen des Frankfurter Bahnhofsviertels zu werfen.

In Zeiten des Fachkräftemangels langfristig gutes Personal zu finden ist in zahlreichen Branchen eine Herausforderung, auch im Hotelgewerbe. Das Familienhotel Feldberger Hof im Schwarzwald begegnet dem Fachkräftemangel mit einer gezielten Personalstrategie und wirbt erfolgreich Talente aus dem Ausland an. 

Das Radisson Collection Hotel im Berliner DomAquarée geht mit einem neuen Lobbykonzept wieder an den Start. Zur Wiedereröffnung voraussichtlich Ende des Jahres wird ein 16 Meter hoher, bis ins sechste Stockwerk reichender und rund 120 Quadratmeter umfassender Vertikaler Garten den neuen Mittelpunkt der Hotellobby bilden.

Der Streit um die Fassade des "Happy Go Lucky"-Hostels in Berlin geht in eine neue Runde. Am Dienstag haben Abbrucharbeiten begonnen, nur um kurz darauf vorübergehend gestoppt zu werden. Der Eigentümer sieht sich als Opfer der Behörden und zieht Vergleiche von Russland bis hin zum Nationalsozialismus.

Im Februar 2024 verbuchten die Beherbergungsbetriebe in Deutschland 28,2 Millionen Übernachtungen in- und ausländischer Gäste. Wie das Statistische Bundesamt nach vorläufigen Ergebnissen mitteilt, waren das 6,9 Prozent mehr als im Februar 2023. Das war der höchste Februar-Wert seit 2020, als es 29,9 Millionen Übernachtungen gab.

Die Abtei Himmerod in der Eifel gilt mit seinen 900 Jahren als eines der ältesten Zisterzienser-Klöster in Deutschland. Aktuell können Gäste in der Klosterherberge übernachten, doch das Bistum Trier hat große Pläne und will das Kloster als Vier-Sterne-Hotel betreiben.

HotelPartner Revenue Management setzt auch auf menschliches Know-how, da dies über ein Verständnis der Marktbedingungen, der Zielgruppen und der spezifischen Anforderungen eines Hotels verfügt.

Die Motel One Group hat das Geschäftsjahr 2023 mit einem Rekordumsatz von 852 Millionen Euro abgeschlossen. Unter Führung von Dieter Müller kauft die One Hotels & Resorts GmbH die 35-prozentige Beteiligung des Finanzinvestors Proprium Capital Partners für 1,25 Milliarden Euro zurück. Motel One ist damit 4,1 Milliarden Euro wert und soll mittelfristig an die Börse.

Premier Inn hat einen Mietvertrag für eine Neubauentwicklung in direkter Nachbarschaft des Hamburger Hauptbahnhofs unterschrieben. Auf dem 3.800 Quadratmeter großen Grundstück soll bis 2028 ein Hotel mit insgesamt 295 Zimmern entstehen.