Von der Straße ins Hotel: Hilfe für Obdachlose

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Not macht solidarisch: Die schwierige Situation von Obdachlosen in der Corona-Krise hat in Rheinland-Pfalz zu vielfältigen Initiativen geführt. «Es gibt momentan ganz neue Netzwerke», freut sich der Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert im Hotel INNdepence. Das sonst von Privatreisenden und Tagungsgästen genutzte Business-Hotel in der Mainzer Oberstadt hat jetzt vier Wohnungslose aufgenommen. «Wir bereiten uns darauf vor, dass wir demnächst 25 wohnungslose Gäste aufnehmen», sagt Hotelleiter Johannes Jung.

«Wir brauchen mehr von diesem Engagement und ich wünsche mir, dass dieses gute Beispiel auch in anderen Kommunen Schule macht, und sich noch viele derzeit leerstehende Pensionen und Hotels dafür entscheiden, Zimmer für Menschen in Not anzubieten», sagt Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). «Gerade auch in Krisenzeiten müssen wir an die Schwächsten denken.»

Das sind Menschen wie Klaus Perlich, der drei Jahrzehnte in Portugal lebte. Als vor fünf Jahren seine Frau starb und er dann auch noch krank wurde, kehrte er wegen der besseren medizinischen Versorgung nach Deutschland zurück. «Auf der Straße zu leben, war für mich furchtbar», sagt der 78-Jährige. «Mir ist zweimal meine Tasche gestohlen worden mit allen Papieren.» Bei den Behörden habe er ohne festen Wohnsitz immer wieder Schwierigkeiten gehabt. «Da kam man sich noch vereinsamter vor und überflüssiger, als man sich schon ohnehin gefühlt hat.» Im Anschluss an eine Operation wurde Perlich vom Verein Armut und Gesundheit in Deutschland, wo sich Trabert engagiert, ärztlich weiterbetreut und erhielt nun das Angebot, im Hotel INNdependence unterzukommen. «Jetzt weiß ich, wo ich schlafen kann, wo ich mich aufhalten kann, es ist jetzt für mich eine zusätzliche Sicherheit und ich hoffe, dass diese Seuche bald ein Ende hat.»

Wohnungslose Menschen seien aufgrund häufig vorliegender chronischer Erkrankungen und einer Multimorbidität - also das gleichzeitige Bestehen mehrerer Krankheiten - besonders gefährdet, sich mit dem Coronavirus zu infizieren und dann auch einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden, erklärt Trabert. «Andererseits stellen sie auch eine Infektionsquelle dar, da es keine Schutzräume, Isolationsmöglichkeiten, Wohnmöglichkeiten und intensive medizinische Versorgungsmöglichkeiten gibt.» Der Verein Armut und Gesundheit in Deutschland fordert daher ein bundesweites und ein sofortiges kommunales Versorgungskonzept.

Am wirksamsten funktioniert das, wenn wie bei der Hotelunterkunft in Mainz Land, Stadt und private Initiativen zusammenfinden. In Ingelheim hat die Stadt nach Angaben des Vereins FoodFighters die Alte Markthalle bereitgestellt, damit Helfer des Vereins dort Lunchpakete für Obdachlose ausgeben können. Der Vereinsvorsitzende Michael Schieferstein sagt, er wolle ein Ersatzangebot für die wegen der Corona-Krise eingestellten Tafeln auf die Beine stellen. «Das darf so nicht stehen bleiben in unserer Überflussgesellschaft. Die Ärmsten der Armen dürfen nicht durch das soziale Raster fallen.» Auch in Bingen und Bad Kreuznach sind die «FoodFighters» mit der Stadt im Gespräch.

Im Hotel INNdependence werden nach Angaben von Hotelleiter Jung nun einige Abläufe geändert. So wird etwa das Frühstück vom Büffet auf einen Tabletservice umgestellt. «Wir müssen auch schauen, dass wir einen sozialpädagogischen Dienst mit einplanen, einen Sicherheitsdienst, und die Mitarbeiter darauf schulen, wie sie mit den wohnungslosen Menschen umgehen.» Das Hotel ist ein Inklusionsbetrieb der gpe gGmbH in Mainz und beschäftigt Menschen, die selbst Not erfahren haben. «Wir haben einen Mitarbeiter, der war selber wohnungslos zwei Jahre», sagt Jung. «Ich könnte mir schon vorstellen, dass da sein Erfahrungsschatz, seine Tipps uns weiterhelfen.»

(dpa)


 

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