Hamsterkäufe lassen nach: Nudeln kehren in die Regale zurück

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Toilettenpapier und Desinfektionsmittel sind noch immer Mangelware in vielen Supermärkten - doch bei vielen anderen Produkten werden die Lücken in den Regalen inzwischen wieder kleiner. «Wir stellen fest, dass sich die Regale wieder mehr und mehr füllen», sagte der Sprecher des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH), Christian Böttcher, am Dienstag. Das gelte auch bei in den vergangenen Wochen stark nachgefragten Produkten wie Nudeln oder Reis. Große Einzelhandelsketten bestätigten bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur den Trend.

«Die Verbraucher gewöhnen sich allmählich an die aktuelle Situation», erklärte Böttcher die Entwicklung. Das zeige sich auch in einer gewissen Normalisierung des Einkaufsverhaltens. Selbst bei dem geradezu zum Symbol der Hamsterkäufe gewordenen Toilettenpapier hofft der Branchenkenner schon bald auf Besserung. «Wir gehen davon aus, dass in Kürze auch der Sättigungsgrad der deutschen Haushalte bei Toilettenpapier erreicht sein sollte», sagte er.

In den vergangenen Wochen hatte die Coronavirus-Krise zeitweise zu massiven Hamsterkäufen geführt. An einzelnen Tagen verkauften die Händler doppelt so viel Ware wie normal. Doch im Laufe der vergangenen Woche sei der Kundenansturm allmählich abgeflaut, ist in der Branche zu hören. «Die Lage entspannt sich deutlich», hieß es bei Rewe. Viele Verbraucher hätten ihre Vorräte offenbar mittlerweile aufgefüllt. Auch der Großflächen-Discounter Kaufland berichtete: «Die Kundenfrequenz in unseren Filialen hat sich aktuell normalisiert.» Aldi berichtete zumindest von einer leichten Entspannung der Lage.

Jetzt wollen erste deutsche Lebensmittelhändler das große Engagement ihrer Mitarbeiter während des Kundenansturms mit Sonderprämien belohnen. Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler Rewe wird dafür über 20 Millionen Euro in die Hand nehmen, wie ein Unternehmenssprecher ankündigte. Das Geld soll an die Beschäftigten bei Rewe, aber auch bei der konzerneigenen Discounttochter Penny gehen. «Das sind schnelle und unbürokratische erste Sofortmaßnahmen, um unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine klare Botschaft zu geben: Wir sagen nicht nur Danke für ihren unermüdlichen Einsatz in dieser schwierigen Ausnahmesituation, sondern wir honorieren ihr Engagement zugleich in finanziell spürbarer Weise», betonte er.

Rewe dürfte kein Einzelfall bleiben. Der Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, kündigte in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Namen der Branche an: «Wir möchten das außerordentliche Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf freiwilliger Basis honorieren, zum Beispiel durch krisenbedingte Sonderzahlungen zusätzlich zu Löhnen und Gehältern.»

Doch könnten solche Sonderzahlungen dazu führen, dass die Steuerlast der Beschäftigten sehr stark wachse. Sanktjohanser drängte deshalb die Kanzlerin, «sich für eine Steuerbefreiung von Sonderzahlungen einzusetzen». Auf diese Weise könnten die Sonderprämien ungeschmälert bei den Mitarbeitern ankommen, die in der Krise den Laden am Laufen hielten. Rewe etwa will die Bonuszahlung als Guthaben auf die Mitarbeiterkarten buchen. Das habe den Vorteil, dass der Betrag den Beschäftigten praktisch als Netto-Zahlung zugutekomme, hieß es.

Bei der Politik stieß der Vorstoß des HDE-Präsidenten auf offene Ohren. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte bei «Bild live», sein Ministerium prüfe, ob die Boni bis zu einer gewissen Höhe steuerfrei gestellt werden könnten. Das könne in einem bestimmten Rahmen voraussichtlich schnell und unbürokratisch über die Finanzämter funktionieren.

In vollem Gange sind auch die Bemühungen der Einzelhandelsketten, die Mitarbeiter angesichts des Kundenkontakts besser vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Dazu diene etwa die Installation von Plexiglaswänden an den Kassen, um den Mitarbeitern einen besseren Schutz vor Tröpfcheninfektionen zu bieten, aber auch der Einsatz von Sicherheitspersonal, um die Zahl der Kunden im Laden zu begrenzen, sagte BVLH-Sprecher Böttcher. An vielen Stellen müsse aber auch noch improvisiert werden, etwa wenn an den Bedientheken mit Flatterband auf den nötigen Abstand hingewiesen werde.

Ein Rewe-Sprecher appellierte an die Kunden, ihren Teil dazu beizutragen, die Gesundheit der Handelsmitarbeiter zu schützen. «Es liegt auch an den Kunden, sich respektvoll und besonnen zu verhalten und die Mindestabstände gegenüber den Mitarbeitern einzuhalten.»

Klopapier statt Bier: Nachfragexplosion im Handel

Die Corona-Krise hat in Deutschland in den vergangenen Wochen die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln und Toilettenpapier, aber auch nach Nudeln und Dosentomaten regelrecht explodieren lassen. Das geht aus aktuellen Zahlen hervor, die das Statistische Bundesamt am Mittwoch veröffentlichte. Danach kauften die Verbraucher in der vergangenen Woche mehr als vier mal so viel Seife und mehr als drei mal so viel Toilettenpapier wie im Durchschnitt der vorangegangenen sechs Monate. Die Statistiker stützten sich auf eine Auswertung digital verfügbarer Kassendaten.

Demnach schnellten die Absatzzahlen ausgewählter Lebensmittel und Hygieneartikel bereits in der letzten Februarwoche erstmals in die Höhe. Ende Februar hätten sich die Verkaufszahlen für Mehl, Seife und Nudeln plötzlich mehr als verdoppelt. Die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln stieg auf mehr als das Siebenfache, eine Woche später dann sogar auf mehr als das Achtfache des üblichen Niveaus. Danach brach der Absatz bei Desinfektionsmitteln allerdings wieder ein und lag zuletzt nur noch bei der Hälfte des Üblichen. «Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Produkt vorübergehend praktisch ausverkauft war», betonten die Statistiker.

Auch in der vergangenen Woche lag die Nachfrage nach Nudeln, Mehl, Zucker, Reis und passierten Tomaten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes noch mehr als doppelt so hoch wie normal. Einzig die Bierbrauer konnten nicht von dem durch die Krise ausgelösten Einkaufsboom profitieren. Hier lagen die Verkaufszahlen seit Ende Februar Woche für Woche leicht unter dem Normalniveau.

Rund jeder dritte Verbraucher in Deutschland stockte in der vergangenen Woche angesichts der Corona-Krise seine Lebensmittelvorräte noch einmal auf. Bei Hygieneartikeln kaufte dagegen nur jeder Sechste mehr als sonst. Das ist das Ergebnis eines am Mittwoch veröffentlichten «Corona Consumer Checks», für den das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) 1000 repräsentativ ausgewählte Personen befragte.

Grund für die Hamsterkäufe sei offenbar die Befürchtung gewesen, nicht mehr wie gewohnt einkaufen zu können, erklärte das IFH. Ein Drittel der Befragten empfinde die eingeschränkten Einkaufsmöglichkeiten als Freiheitsverlust.

Der Onlinehandel profitierte laut IFH zunächst nur wenig von der Krise. Nur 13 Prozent der Befragten gab an, Einkäufe, die sie normalerweise im Geschäft erledigen, online getätigt zu haben. Vor allem jüngere Konsumenten nutzten diese Möglichkeit.


 

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