Kommt der Burger aus dem Labor bald auf den Teller?

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Vegetarier essen kein Fleisch von getöteten Tieren. Nur die Produkte von Tieren wie Milch, Eier und Honig dürfen bei ihnen auf den Teller kommen. «Ich habe nicht aufgehört, Fleisch zu essen, weil ich den Geschmack nicht mehr mochte», erklärt die US-amerikanische Sozialpsychologin Melanie Joy und fügt hinzu: «Ich wollte einfach aufhören, Tieren zu schaden.»

Damit ist sie nicht allein: Viele Menschen werden nicht zu Vegetariern, weil ihnen Fleisch nicht mehr schmeckt, sondern aus Mitgefühl. Für diejenigen, die weiter Lust auf Steak oder Bacon haben, stellt Laborfleisch eine fast ideale Lösung dar. Der aktuelle Stand zu Fleisch und Alternativen zum Weltvegetariertag am 1. Oktober: 

Fleisch von Tieren dominiert die Ladentheken

Vegetarier auf der Suche nach Fleisch-Geschmack greifen bisher gerne zu pflanzlichen Ersatzprodukten. Während beim echten Fleisch der Pro-Kopf-Verzehr laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im vergangenen Jahr bei 53,2 Kilogramm pro Person liegt, gehen von Veggie-Burger, Tofuwurst oder Seitanmortadella nur vergleichsweise wenige über die Ladentheke. Das Statistische Bundesamt nennt dabei zum Vergleich zumindest eine Zahl: rund 1,5 Kilogramm pro Kopf, die im Jahr 2024 in Deutschland produziert wurden.

Für den Forscher Mark Post ist dieses Verhältnis keine Überraschung. Der Professor von der Universität Maastricht sieht «Anzeichen auf dem Markt, dass diese Produkte nicht als echte Alternativen zu Fleisch angesehen werden». Pflanzliche Fleischersatzprodukte seien zwar leichter herzustellen, kultiviertes Fleisch aus dem Labor dagegen «die einzige Technologie, die echtes Fleisch liefern kann», erklärt der Wissenschaftler, der 2013 mit seinem Team den ersten In-vitro-Burger aus Rinderstammzellen vorstellte und eine entsprechende Firma mitgegründet hat.

«Das sind keine Imitationen, sie sind nicht falsch. Es ist einfach Fleisch, das auf eine andere Art hergestellt wird», erklärt Melanie Joy, die lange als Professorin an der Universität Massachusetts Boston unterrichtete. Die US-Amerikanerin rät deshalb dazu, bei den Laborprodukten Begriffe wie «künstliches Fleisch» zu meiden. 

Psychologin: Viele Menschen an Fleisch und Geschmack gewöhnt

Dass Fleischalternativen dem Original so ähnlich wie möglich sein sollen, hat nach Worten von Melanie Joy tiefgreifende Gründe: «Fleisch hat für die Menschen eine große Bedeutung. Es ist stark mit der Familie, mit Traditionen und mit Kindheitserinnerungen verbunden», erklärt die Expertin, die seit Jahrzehnten zur Psychologie des Fleischessens forscht. Viele Menschen seien an Fleischkonsum und damit an einen bestimmten Geschmack gewöhnt. Wenn Alternativen diese Erwartungen erfüllen, erleichtere das den Umstieg erheblich.

Denn auch Laborfleisch ist ein Produkt auf der Basis von Zellen, die lebenden Tieren entnommen werden. Mark Post spricht in dem Zusammenhang von Spendertieren und fügt hinzu: «Man benötigt nur einen Bruchteil der Tiere, die derzeit genutzt werden.» Einige Unternehmen schaffen nach Worten des Experten mittlerweile Zelllinien, die sich fast unbegrenzt vermehren können.

Forscher züchten Rind auf Sojaprotein

Dass die Forschung mit großen Schritten voranschreitet, zeigt etwa eine 2024 im Fachjournal «Nature» veröffentlichte Studie. Demnach gelang es Forschern der Tufts University in den USA, Rindermuskelzellen erfolgreich auf einem Gerüst aus preiswertem, texturiertem Sojaprotein zu züchten. Der Clou: Das Trägermaterial ist selbst essbar und verleiht dem Endprodukt eine fleischähnliche, faserige Textur. Dieser Ansatz könnte die Produktionskosten senken und einmal die Herstellung im großen Stil ermöglichen.

In den USA haben zwei Firmen nach eigenen Angaben bereits 2023 eine Verkaufsgenehmigung des US-Landwirtschaftsministeriums für Hähnchenfleisch erhalten, das aus tierischen Zellen gezüchtet wird. Im selben Jahr verbot Italiens Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni die Herstellung und den Verkauf von Laborfleisch, das ohnehin noch nie in dem Land auf dem Markt war. In der EU gibt es bisher keine Zulassung für Laborfleisch. Die dazu nötigen Verfahren sind langwierig.

Schon jetzt können Vegetarier oder die strikteren Veganer auf Ersatzprodukte aus pflanzlichen Proteinen wie Soja, Erbsen oder Weizen zurückgreifen. Ob es sich dabei namentlich überhaupt noch um «Steak» oder «Burger» handeln darf, beschäftigt immer wieder das Europaparlament. Im Herbst 2020 wurde ein Gesetzentwurf zur Abschaffung solcher oder anderer tierisch anmutenden Benennungen abgelehnt. Auch ein Kompromiss-Entwurf, der eine deutlichere Kennzeichnung der Ersatzprodukte mit dem Vermerk «ohne Fleisch» vorschlug, fiel damals durch.

Darf Fleischersatz ein «Burger» sein? Die EU stimmt wieder ab

Jetzt gibt es eine neue Runde: Weil der Landwirtschaftsausschuss Anfang September dafür gestimmt hat, die Verwendung von Begriffen wie «Burger», «Würstchen» und «Steak» für pflanzliche Lebensmittel zu verbieten, kommt das Thema ins Plenum. Das heißt: Ähnlich wie vor fünf Jahren stimmen voraussichtlich noch in diesem Herbst die Mitglieder des Parlaments in großer Runde ab.

Ein wichtiger Aspekt bei diesen Ersatzprodukten: Es handelt sich nicht um echtes Fleisch. Da setzt Mark Post an: «Wir glauben, dass Verbraucher wollen, dass Fleisch durch Fleisch ersetzt wird.» Gute Argumente pro Laborfleisch für Vegetarier wären neben Umweltschutzgedanken, etwa bei benötigter Landfläche, Wasserverbrauch und Treibhausgasemissionen, ein möglicher günstigerer Preis und die eigene Gesundheit. Denn für den Professor von der Universität Maastricht kann Laborfleisch gesünder sein. Dafür will er dessen Fettsäuregehalt beeinflussen und es reicher an Omega-3-Fettsäuren machen.

Stichwort Gesundheit: Gegenüber herkömmlichem Fleisch hat die Variante aus dem Labor einen weiteren entscheidenden Vorteil: «Konventionell hergestellte tierische Produkte enthalten oft hohe Mengen an Antibiotika, Hormonen und Pestizidrückständen», erklärt Melanie Joy und fügt hinzu: «Dieses Problem hat man nicht, wenn man das Fleisch im Labor züchtet.» (dpa)


 

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