Ärzte fordern klare Regeln für Feste - Dehoga appelliert an die Vernunft

| Politik Politik

Der Ärzteverband Marburger Bund fordert bundesweit einheitliche Regeln für Feste und Partys, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. «Um Ansteckungsrisiken auch im Herbst und Winter zu verringern, sollten sich die Länder bald auf einheitliche Regeln für private und öffentliche Feiern aller Art verständigen», sagte die Vorsitzende Susanne Johna den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Wichtig seien etwa Obergrenzen für Gäste und Konzepte fürs Lüften. Das Hotel- und Gaststättengewerbe rief zu Disziplin auf, um einen erneuten Lockdown zu verhindern.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuvor darauf hingewiesen, dass Feierlichkeiten neben den Ansteckungen durch Reiserückkehrer zu den größten Gefahrenquellen in Deutschland zählten. Deshalb müsse man mit den Ländern noch einmal über die Grenzen und Regeln für Veranstaltungen reden. In den Bundesländern gelten ganz unterschiedliche Regelungen. Zum Teil sind inzwischen wieder Innenveranstaltungen mit mehreren hundert Teilnehmern erlaubt.

Das sieht auch der Marburger Bund kritisch. «Je größer die Zahl der Feiernden gerade in geschlossenen Räumen ist, desto wahrscheinlicher ist ein Mensch dabei, der die anderen ansteckt», warnte Johna. Wenn die Infektionszahlen wieder stark stiegen, seien 150 Gäste bei einer Familienfeier oder einer Party in Innenräumen zu viel. Viele seien sorglos, weil sie auf die hohe Quote der Genesenden schauten. Doch darunter seien auch Menschen erfasst, die an schweren Langzeitschäden litten. «Es gibt Schätzungen, dass der Anteil der an Covid-19 erkrankten Patienten mit Folgeschäden im oberen einstelligen Bereich liegt», sagte die Medizinerin.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) appellierte an die Vernunft von Wirten, Personal und Gästen. «Es sollten alle darauf bedacht sein, die seit Mitte Mai gewonnenen Freiheiten des Ausgehens und Reisens zu verteidigen», sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag). Die Ansteckungsgefahr sei zwar nicht zu bestreiten. «Insgesamt ist das Infektionsgeschehen in unseren Betrieben aber niedrig.»

Neben Hotels und Gaststätten gebe es «auch andere Hotspots», etwa Urlaubsrückkehrer und private wie große Veranstaltungen im öffentlichen Raum, sagte die Dehoga-Chefin. «Es muss deshalb genau analysiert werden, wo die Schwachstellen liegen, bevor einschränkende Maßnahmen festgelegt werden.»

Vor allem Eventcaterer, die vorwiegend Familienfeste wie Hochzeiten beliefern, würden von erneuten Maßnahmen hart getroffen, warnte Hartges: «Großveranstaltungen und eine Vielzahl kleinerer Events finden ja noch gar nicht wieder statt. Die Verluste sind erheblich und viele dieser Betriebe fürchten um ihre Existenz.» Deshalb müssten sich alle an die Spielregeln halten, forderte sie.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund rief zu einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung auf, um einen erneuten Lockdown zu verhindern. «Dieser hätte schwere Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. «Viele Geschäfte im Bereich des Einzelhandels und der Gastronomie würden ein erneutes Herunterfahren des öffentlichen Lebens kaum verkraften.»

Die Schlüssel zu einer erfolgreichen Verhinderung einer zweiten Welle sieht Landsberg in einer gezielten Teststrategie. Priorität hätten aus der Sicht der Kommunen Schulen und das Wirtschaftsleben. Beides müsse offen gehalten werden, um Arbeitsplätze zu sichern. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Gewerkschaft NGG hat ihre Empfehlungen für die Tarifverhandlungen 2026 veröffentlicht und fordert Entgeltsteigerungen von 4 bis 6 Prozent sowie konkrete Verbesserungen für Auszubildende.

Wie der AfD begegnen? Der Verband der Familienunternehmer will sich für Gespräche mit der AfD öffnen. Das sorgt für scharfe Diskussionen in Politik und Wirtschaft. Caroline von Kretschmann, Inhaberin des Luxushotels Europäischer Hof in Heidelberg, die im Präsidium der Familienunternehmer sitzt, bezieht deutlich Stellung – auch klar abweichend von der Verbandslinie.

Der Stadtrat von Kaiserslautern hat mehrheitlich die geplante Einführung einer Übernachtungssteuer abgelehnt. Die Steuer sollte ursprünglich ab dem 1. Januar 2026 auf Gästeübernachtungen erhoben werden.

Schleswig-Holsteins Gastronomie kämpft laut dem FDP-Fraktionschef mit steigenden Kosten. Er hofft auf Entlastungen durch weniger Bürokratie und niedrigere Mehrwertsteuer und fordert ein klares Signal.

Der Hotelverband Deutschland und der Handelsverband Deutschland warnen vor den Folgen einer geplanten EU-Regulierung, die das bedingungslose Rückerstattungsrecht auf händler-initiierte Kartenzahlungen ausweiten könnte.

Der Landtag von Baden-Württemberg hat die Neufassung des Landesgaststättengesetzes beschlossen. Die Reform tritt am 1. Januar 2026 in Kraft und führt zu grundlegenden Vereinfachungen für Gastgewerbebetriebe in Baden-Württemberg.

Das Verbot der Bettensteuer in Bayern bleibt bestehen. Das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden. Die Staatsregierung freut sich - aber der Streit könnte bald an anderer Stelle weitergehen.

Weniger als jede zweite in Deutschland verkaufte Weinflasche stammt aus heimischer Produktion. Wie kann hiesiger Wein mehr ins Rampenlicht gerückt werden? Ein Treffen im Kloster Eberbach soll helfen.

Die Dorfkneipen in Brandenburg sollten nach Ansicht von Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) angesichts existenzieller Probleme unterstützt werden - doch wann ist offen. Die CDU-Opposition dringt hingegen auf schnelle Hilfe.

Steigende Kosten und internationale Konkurrenz setzen dem Weinbau zu. Im Kloster Eberbach bei Eltville wollen Minister aus acht Bundesländern der Branche helfen. Worum soll es in ihren Gesprächen gehen?