Bayern setzt auf FFP2-Masken und Impfpflicht - Gegenwind für Söder

| Politik Politik

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat eine verpflichtende Corona-Impfung für bestimmte Berufsgruppen ins Gespräch gebracht und dafür auf breiter Front Kritik geerntet. In der «Süddeutschen Zeitung» und im ZDF-«Morgenmagazin» beklagte Söder, unter den Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen gebe es zu viele Impfverweigerer. Gleichzeitig setzt Bayern auf eine verschärfte Maskenpflicht. Das Landeskabinett beschloss am Dienstag in München, dass in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr ab der kommenden Woche eine FFP2-Maske getragen werden muss. Auch dieser Regelung wollten sich andere Bundesländer zunächst nicht anschließen.

Unterdessen lief am Dienstag die Verteilung des Moderna-Impfstoffs an die Bundesländer an. Bis Ende des Quartals werden in Deutschland zwei Millionen Dosen des Produkts erwartet. Darüber hinaus beantragte der schwedisch-britische Pharmakonzern Astrazeneca die Zulassung seines Corona-Impfstoffs bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA. Er könnte nach Einschätzung der EU-Kommission Ende Januar zugelassen werden und wäre damit nach den Wirkstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna der dritte in der EU eingesetzte Impfstoff.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte eindringlich vor der in Großbritannien aufgetauchten veränderten Variante des Coronavirus. Sie könne in sehr kurzer Zeit «die Führerschaft gegenüber dem alten Virus» übernehmen, dann wäre man wieder mitten im exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen, sagte Merkel in der Unionsfraktionssitzung nach Angaben mehrerer Sitzungsteilnehmer. «Deshalb ist also aller-, allerhöchste Vorsicht geboten.»

Erstmals wurde auch eine weitere Virusmutante aus Südafrika in Deutschland nachgewiesen. Betroffen sei eine erkrankte Person aus dem Zollernalbkreis, teilte das Baden-Württembergs Sozialministerium mit.

Eine Pflicht zur Corona-Impfung hatte die Politik bislang strikt ausgeschlossen. Söder sagte nun jedoch, wenn man höre und lese, dass sich wenige Pflegekräfte impfen lassen wollten, müsse der Ethikrat über ein solches Vorgehen zumindest diskutieren: «Sollte sich die Impfbereitschaft dramatisch verbessern, ist es sicher nicht notwendig», räumte der CSU-Chef ein. «Aber wenn es so bleibt auf dem Level die nächsten Monate, dann ist das einfach der Bereich, der die größte Anfälligkeit hat und die größte Herausforderung ist.»

Spitzenpolitiker von CDU und SPD wandten sich allerdings ebenso entschieden gegen Söders Vorstoß wie Opposition, Patientenschützer und Gewerkschaften. «Die Impfung muss freiwillig sein», betonte Verdi-Chef Frank Werneke. «Die Debatte um eine Impflicht ist kontraproduktiv für die gesellschaftliche Akzeptanz der Impfmaßnahmen.»

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte bei RTL und ntv: «Im Moment über eine Impfpflicht zu spekulieren, verbietet sich.» Auch Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Vorsitz, ist nach eigenen Worten «kein Freund einer Impfpflicht». Eine «deutliche Empfehlung» sei sinnvoll, sagte Merz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ergänzte, man habe sich während der gesamten Pandemie gegen eine Impfpflicht ausgesprochen. «Das ändern wir jetzt nicht mittendrin.»

Unterstützung für Söder kam lediglich vom Vorsitzenden des Weltärztebundes, Frank-Ulrich Montgomery. «Für Pflegekräfte und medizinisches Personal ist eine berufsspezifische Impfpflicht gegen Corona sinnvoll», sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Wer Umgang mit vulnerablen Gruppen hat, muss immunisiert sein» - durch eine überstandene Covid-19-Erkrankung oder durch eine Schutzimpfung.

Söder kündigte an, dass in Bayern ab der kommenden Woche eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken im Nahverkehr und im Einzelhandel gilt. Die «normalen Community-Masken» dienten in der Corona-Pandemie dem Schutz anderer, sagte Söder. FFP2-Masken schützten auch die Träger selbst. Ihre «Verfügbarkeit im Handel ist ausreichend gewährleistet».

Der Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus (CDU), begrüßte die bayerische Regelung. Die Mutation des Virus beunruhige ihn sehr. Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) will nach eigenen Worten zumindest über eine FFP-Maskenpflicht nachdenken.

Andere Landesregierungen äußerten sich deutlich zurückhaltender. So sagte ein Regierungssprecher in Brandenburg, eine derartige Vorschrift sei derzeit «nicht vorgesehen». Saarlands Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) sagte: «Ich springe nicht gleich aufs Pferd, wenn Herr Söder das vorgibt.» Man werde darüber aber «mit Sicherheit diskutieren, weil er sich ja mit seinen Leuten im Kabinett sicherlich etwas dabei gedacht hat».

Derweil brachte die Bundesregierung das Gesetz auf den Weg, mit dem die Kinderkrankentage für Eltern verdoppelt werden sollen. Die Extra-Tage sollen nicht nur bei geschlossenen Schulen und Kitas genutzt werden können, sondern auch, wenn lediglich die Anwesenheitspflicht ausgesetzt ist oder der Zugang zur Kita eingeschränkt wurde. Laut einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Formulierungshilfe für den Gesetzentwurf gilt das auch, wenn Eltern lediglich gebeten wurden, ihre Kinder nicht in die Kita zu bringen.

Am Dienstag meldeten die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 12 802 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Außerdem wurden 891 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die US-Regierung erwägt Sanktionen gegen Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Union sowie einzelner Mitgliedstaaten, die für die Umsetzung des Digital Services Act (DSA) zuständig sind. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mehrere mit den internen Beratungen vertraute Personen.

Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat sich die sich er Geschäftsführer der Benessere-Hotels aus Felsberg in einem offenen Brief an den hessischen Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori gewandt. Selbst nicht von Rückforderungen, sieht Günther Klasen die Existenz vieler kleiner Betriebe bedroht. Die Rückforderungen seien für viele der letzte Stoß in den Abgrund.

Baden-Württemberg hat eine neue Regelung eingeführt, die ausländischen Auszubildenden, nach erfolgreichem Abschluss ihrer Lehre, den unmittelbaren Übergang in eine Vollzeitbeschäftigung erleichtert. Damit reagiert die Landesregierung auf Kritik aus der Gastronomie- und Hotelleriebranche, insbesondere vom DEHOGA.

In der schwarz-roten Koalition knirscht es vor dem angekündigten «Herbst der Reformen». Laut Bundeskanzler Friedrich Merz müsse sich die Bundesregierung sehr viel stärker auf wirtschafts- und sozialpolitische Themen konzentrieren.

Mehrere Brauereien in Sachsen und Thüringen wurden in den vergangenen Wochen bestreikt. Nach der Einigung im Tarifstreit kann das Bier wieder in vollen Strömen fließen.

Kein Bier nach 22.00 Uhr? Das Verkaufsverbot im Münchner Uni-Viertel ist erstmal gestoppt – aber nur auf Bewährung. Bürgermeister Krause richtet eine eindeutige Warnung an die Feiernden.

Der DEHOGA Bayern hat Vorwürfe der Gewerkschaft NGG zur geplanten Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie zurückgewiesen. Landesgeschäftsführer Geppert sprach in diesem Zusammenhang von „Nestbeschmutzung“ und forderte stattdessen Unterstützung in den Gesprächen über steuerliche Entlastungen.

Die für das kommende Jahr geplante Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent für Speisen in der Gastronomie begrüßt der DEHOGA Bundesverband als wichtigen politischen Schritt. Die Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges betont, dass es bei vielen gastronomischen Betrieben derzeit um die schiere Existenzsicherung gehe.

In einigen Dörfern haben Gaststätten schwer zu kämpfen. Es fehlt an Personal und die Betriebe leiden unter gestiegenen Kosten. Die CDU in Brandenburg fordert für die Kneipen eine finanzielle Förderung.

Bei einem Treffen auf Schlossgut Groß Schwansee hat Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, gemeinsam mit dem Präsidium des DEHOGA Mecklenburg-Vorpommern, die Bedeutung der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie betont. Beide Seiten sprachen sich für eine zügige gesetzliche Umsetzung aus.