BTW-Tourismusgipfel in Berlin: „Tourismus ist eine Friedensindustrie!“

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Zum ersten Mal seit 2019 fand am 30. Mai der Tourismusgipfel des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) im Hotel Adlon Kempinski in Berlin statt. Mehr als 300 geladene Gäste aus Wirtschaft, Politik und Medien nahmen an dem Kongress teil.

Inhaltlich standen neben den Folgen und Auswirkungen von Covid-19 und dem Neustart der Branche die Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Zentrum des Gipfels. Der neue BTW-Präsident Sören Hartmann verabschiedete seinen langjährigen Vorgänger Dr. Michael Frenzel und legte in seiner Premieren-Rede auf dem Tourismusgipfel die künftigen Herausforderungen der Tourismuswirtschaft dar. Angeführt vom SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil zeigten auch führende Bundespolitiker Präsenz und gaben Einblicke in die Sicht der Politik.

Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck eröffnete den Gipfel per Videobotschaft. Das Reisen stehe, im Gegensatz zu Unterdrückung und Abschottung, für kulturellen Austausch und Völkerverständigung: „Reisen ist Freiheit!“ Allerdings müsse der Tourismus künftig resilienter und nachhaltiger aufgestellt werden, um den drängenden Herausforderungen unserer Zeit, allen voran dem menschengemachten Klimawandel, bestmöglich begegnen zu können. Keine Branche sei so sehr auf eine intakte Umwelt angewiesen wie der Tourismus, erklärte Habeck.

In seiner ersten offiziellen Rede auf einem Tourismusgipfel schlug der neue BTW-Präsident Sören Hartmann ähnliche Töne an: „Tourismus ist nicht nur eine volkswirtschaftliche Größe, sondern vor allem auch eine Friedensindustrie.“ Er adressierte neben dem Krieg in der Ukraine hauptsächlich die Themen Corona, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Neustart der Branche nach Covid-19 sieht er dir Politik in der Pflicht:

„Wir fordern, dass die Politik dafür Sorge trägt, dass dieser Neustart nachhaltig gelingt.“ Zwar habe die Regierung die Branche während Corona nicht im Stich gelassen und durch direkte Finanzhilfen und Kurzarbeitergeld viele Arbeitsplätze und Betriebe gerettet. Nun müsse man allerdings nach vorne blicken. „Wir erwarten einen vorausschauenden Plan, wie man einer neuen Welle oder Variante erfolgreich begegnet und konkrete Einschnitte für die Tourismuswirtschaft in Grenzen hält.“ Nach teils dramatischen Einbußen in den beiden vergangenen Jahren – allein das Gastgewerbe und der Reisevertrieb verloren verglichen mit 2019 rund 125 Milliarden Euro – ließe sich, so Hartmann, seit dem zweiten Quartal dieses Jahres ein klarer Aufschwung erkenne. Wichtig sei nun, dass die Politik dringend bei der Suche nach Lösungen für den durch die Coronakrise verschärften akuten Fachkräftemangel in der Branche unterstütze.

Digitalisierung: "Transrapid statt Bummelzug"

In puncto Digitalisierung appellierte Hartmann an die Branche künftig „den Transrapid statt des Bummelzugs“ zu nehmen. Hier sei die Tourismuswirtschaft lange Zeit zu bequem gewesen und hätte den Anschluss an große internationale Digitalkonzerne verloren. Zwar habe die Branche aufgeholt, allerdings müsse das Thema Digitalisierung dringend weiter forciert werden.

Nachhaltigkeit hat für Hartmann ebenfalls höchste Priorität: „Die Klimatransformation ist vollkommen alternativlos. Unsere Branche muss das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit konsequent und auf allen Ebenen angehen. Wir müssen selbst aktiv werden, bevor uns die Politik in zu enge Korsette schnürt. Aber noch viel mehr aus eigenem Interesse an einem lebenswerten Planeten, intakter Natur und einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell Tourismus.“ Abschließend verabschiedete Hartmann seinen Vorgänger Dr. Michael Frenzel, der den BTW zuvor zehn Jahre lang erfolgreich führte, mit warmen Worten in den verdienten Ruhestand. Hartmann beschrieb Frenzel als konstruktiv, nahbar und wertschätzend und attestierte ihm ein hohes Ansehen nicht nur in Deutschland, sondern überall in der Welt. „Herzlichen Dank für zehn Jahre wirtschaftspolitischen Sachverstand, Völkerverständigung und großes Engagement für die Tourismuswirtschaft.“

SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil lobt Zusammenarbeit

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil lobte in seiner Rede die wechselseitig fruchtbare Zusammenarbeit und den stets wertvollen Dialog des BTW mit der Politik besonders in Krisenzeiten. Klingbeil sprach hinsichtlich Digitalisierung und Klimaschutz von ambitionierten Zielen und hatte für die Zuhörer eine klare Botschaft parat: „Wir werden der hart arbeitenden Bevölkerung sicherlich nicht die Lebensfreude in Form von Spaß am Reisen nehmen.“

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU Deutschland Dr. Carsten Linnemann unterstützte in seiner Rede wichtige Forderungen der Branche. Er sprach sich für ein Belastungsmoratorium für die Tourismuswirtschaft aus. Zudem müsse aus seiner Sicht die 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie über das Jahresende hinaus weiter gelten und entfristet werden, um dauerhaft Wettbewerbsverzerrungen, beispielsweise im Vergleich mit dem Lebensmitteleinzelhandel und dessen Convenience-Produkten, zu verhindern. Auch gelte es, die duale Ausbildung zu stärken.

Claudia Müller, Koordinatorin der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, sprach im Hinblick auf die Corona-Pandemie von schweren Jahren für den Tourismus. Müller betonte, die Regierung werde den Tourismus auch weiterhin unterstützen – auch weil dieser auf viele andere Wirtschaftsbereiche abstrahle. Schließungen und Beherbergungsverbote wie in den vergangenen zwei Jahren solle es nicht mehr geben. Nun gehe es darum, die Tourismusstrategie fortzuschreiben. Dies wolle sie im ständigen Austausch mit der Branche entwickeln und dabei insbesondere die Themen Digitalisierung, Klimaneutralität und Fachkräftemangel im Blick haben. „Ich freue mich auf gegenseitigen Austausch und darauf, den Tourismus gemeinsam zukunftsfähig und nachhaltig zu machen.“


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