Bund und Länder planen Ausblick zu Corona-Vorgehen bis ins neue Jahr
Bund und Länder wollen demnächst einen Ausblick auf das weitere Vorgehen beim Corona-Krisenmanagement bis Anfang des neuen Jahres geben. Dies werde bei einer Konferenz am 25. November angestrebt, sagte Kanzlerin Angela Merkel. Zu 100 Prozent lasse sich die Entwicklung nicht voraussagen. Angestrebt werde aber Berechenbarkeit und Planbarkeit über Weihnachten und den Jahreswechsel hinaus. Der beschlossene Teil-Lockdown mit Schließungen zahlreicher Einrichtungen läuft vorerst bis Ende November.
Söder stellt längere und schärfere Anti-Corona-Maßnahmen in Aussicht
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Menschen in Deutschland auf eine Verlängerung und weitere Verschärfung der Anti-Corona-Maßnahmen über das Monatsende hinaus eingestimmt. «Ich habe wenig Hoffnung, dass Ende November alles wieder gut ist», sagte Söder am Montagabend in Berlin. Man müsse die Maßnahmen deshalb «lieber verlängern statt vorzeitig abzubrechen». «Im Zweifel müssen wir auf Sicherheit setzen.»
Die Neuinfektions-Zahlen begännen zu stagnieren, sagte Söder, betonte aber: «Es reicht noch nicht.» Ziel müsse sein, die Zahl Richtung 50 zu senken, um Infektionsketten nachverfolgen und ein diffuses Geschehen verhindern zu können. Söder kündigte konkrete Beschlüsse für kommende Woche an.
Söder fügte hinzu, um das Weihnachtfest mache er sich fast weniger Sorgen als um Silvester. Er fügte hinzu: «So richtig vorstellen mag ich mir nicht, das wirklich große Skiferien wieder stattfinden.»
Kretschmann warnt vor «langen, harten Wintermonaten» wegen Corona
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Menschen im Südwesten auf weitere harte Monate eingestimmt. «An Lockerungen ist in den kommenden Wochen nicht zu denken», sagte der Grünen-Politiker am Montagabend nach den Gesprächen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder. «Wir müssen uns vielmehr auf lange, harte Wintermonate einstellen».
Die Infektionszahlen stagnierten zwar, sie seien aber nach wie vor zu hoch, um die aktuellen Einschränkungen zu lockern. «Wir müssen alle noch eine Schippe drauflegen», sagte Kretschmann.
Bund und Länder hätten daher in ihren mehrstündigen Beratungen vereinbart, die weitere Entwicklung zunächst noch «einige Tage zu beobachten». Mitte der kommenden Woche würden Merkel und die Ministerpräsidenten die Lage erneut bewerten und dann gegebenenfalls auch Vorschriften verschärfen. Das Offenhalten von Kitas und Schulen habe aber nach wie vor eine Priorität, sagte Kretschmann.
Tschentscher: Noch zu früh für Lockerungen zu Weihnachten
Der sogenannte Wellenbrecher-Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist nach Ansicht des Hamburger Bürgermeisters Peter Tschentscher erfolgreich. Für eine Lockerung der Maßnahmen Richtung Weihnachten und Silvester sei es aber noch zu früh, sagte der SPD-Politiker am Montagabend nach Beratungen der Länderregierungschefs mit der Kanzlerin. Zwar habe man noch drastischere Einschränkungen abwenden können. Zunächst müsse aber die weitere Entwicklung bei den Zahlen der Neuinfektionen abgewartet werden, da es noch keine ausreichende Planungsperspektive für Lockerungen gebe. «Wir haben uns aber vorgenommen, dieses Perspektive so bald wie möglich zu entwickeln und dann auch zu sagen, wie es Weihnachten und Silvester weitergehen kann», sagte Tschentscher.
Wie Bund und Länder die Pandemie ausbremsen wollen
Trotz neuer Corona-Einschränkungen zum Monatsanfang bleibt die Zahl der Neuinfektionen hoch - zu hoch, meinen Bund und Länder. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten legen nach. Ein hohes Infektionsgeschehen sei «nur noch durch erhebliche Beschränkungen» zu kontrollieren, «die, je später sie erfolgen, umso einschneidender und länger erfolgen müssen», heißt es im gemeinsamen Beschluss. Die Details:
PRIVATE TREFFEN: Private Zusammenkünfte mit Bekannten und Verwandten sollen sich auf «einen festen weiteren Hausstand» beschränken, das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Auf private Feiern sollen Bürgerinnen und Bürger verzichten.
MOBILITÄT: Bürger werden angehalten, auf «nicht notwendige private Reisen und touristische Tagestouren» zu verzichten und öffentliche Verkehrsmittel möglichst zu meiden.
TELEFONISCHE KRANKSCHREIBUNG: Menschen mit Atemwegserkrankungen sollten die Möglichkeit nutzen, sich von ihrem Arzt telefonisch krankschreiben zu lassen. Mit diesem sollten sie auch klären, ob ein Test erforderlich ist.
SCHUTZ VON RISIKOGRUPPEN: Besonders gefährdete Menschen sollen zum Schutz vor dem Coronavirus von Dezember an 15 vergünstigte FFP2-Masken erhalten. Das ergebe rechnerisch eine Maske pro Winterwoche. Wer genau profitiert, soll noch geklärt werden - generell gelten Alte, Kranke oder Menschen mit Vorerkrankungen als besonders gefährdet. Besuche bei gefährdeten Menschen sollte man nur dann unternehmen, wenn alle frei von Krankheitssymptomen sind und sich in den Tagen zuvor «keinem besonderen Risiko» ausgesetzt haben, so der Appell.
IMPFZENTREN: Bund und Länder rechnen damit, dass es höchstwahrscheinlich im ersten Quartal kommenden Jahres mindestens einen zugelassenen Impfstoff gibt. Die Länder sollen dafür sorgen, dass ihre Impfzentren und -strukturen dann kurzfristig in Betrieb gehen können. Bis Ende November sollen die Länder dem Bund mitteilen, wie viele Impfungen sie am Tag planen.
NACHVERFOLGUNG VON INFEKTIONEN: Da eine vollständige Nachverfolgung von Kontakten oft nicht möglich ist, sollen bei Ausbrüchen in einem Cluster - wie beispielsweise Schulen oder Unternehmen - Maßnahmen wie eine Quarantäne auch ohne positives Testergebnis angeordnet werden.
TECHNOLOGIE: Gesundheitsämter sollen noch stärker digitale Systeme zur Kontaktnachverfolgung nutzen, und die Corona-Warn-App soll weiter verbessert werden.
EVALUATION UND SCHULEN: Wie es weitergeht, wollen Bund und Länder am 25. November beraten - auch schon mit Blick auf Dezember und Januar. Dann soll es auch um die Reduzierung von Ansteckungsrisiken in Schulen gehen. Diese sollen offen bleiben.
Wie geht's weiter im Corona-Winter - Beschlüsse erst kommende Woche
Bars, Restaurants, Fitnessstudios und Kultureinrichtungen sind seit Anfang des Monats zu. Als vorübergehender «Wellenbrecher»-Lockdown sollen die Maßnahmen die Corona-Zahlen wieder nach unten drücken, so der Plan. Zwei Wochen nach Inkrafttreten sind noch keine deutlichen Anzeichen für eine Trendumkehr beim Infektionsgeschehen zu erkennen, der rasante Anstieg bei den Neuinfektionen verlangsamt sich aber auch.
Vor diesem Hintergrund haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder am Montag darüber beraten, ob die Corona-Maßnahmen weiter verschärft werden müssen oder nicht. Konkrete Beschlüsse gab es am Ende nur wenige, weil sich Bund und Länder nicht einig wurden. Sie sollen nun bei der nächsten Gesprächsrunde am Mittwoch in einer Woche gefasst werden.
WO LIEGEN DIE KNACKPUNKTE?
Bei den Themen Kontakte und Schulen. Die Regierung wollte in beiden Bereichen bereits jetzt einen schärferen Kurs einschlagen, die Länder haben das zunächst verhindert. So hatte der Bund vorgeschlagen, Treffen im öffentlichen Raum weiter zu begrenzen, von jetzt zwei Hausständen mit maximal zehn Menschen auf einen Hausstand und einen weiteren mit maximal zwei Personen. Im aktuellen Beschluss bleibt es nun aber zunächst bei Appellen, auf alle nicht erforderlichen Kontakte, Partys und auf Reisen zu verzichten. «Heute haben wir gemahnt, nächste Woche müssen wir dann entscheiden», sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach den Beratungen.
WORÜBER WIRD BEI DEN SCHULEN DISKUTIERT?
Auch hier hatte der Bund vor dem Gespräch mit den Ländern weitreichende Einschränkungen vorgeschlagen, scheiterte damit aber zunächst an deren Widerstand. Das heißt aber nicht, dass die Vorschläge alle vom Tisch sind. «Bund und Länder werden auf der nächsten Konferenz darüber beraten, wie Ansteckungsrisiken im Schulbereich in Hotspots reduziert werden können», heißt es im gemeinsamen Beschlusspapier.
Ginge es nach der Bundesregierung würden «ausnahmslos» feste Gruppen eingerichtet und die Klassen halbiert, was in der Konsequenz auch wieder Wechselunterricht bedeuten würde. Alternativ könnten zwar auch «größere Räumlichkeiten» für den Schulbetrieb genutzt werden, heißt es von der Regierung, allerdings war schon im Sommer ergebnislos darüber diskutiert worden, ob Unterricht nicht auch in Messegebäuden, Kulturhäusern oder Hotels abgehalten werden könnte. Inwieweit das diesmal regional ernsthaft erwogen wird, ist offen. Der Bund plädiert außerdem dafür, dass alle Schüler und Lehrer auch im Unterricht Masken aufsetzen und dass der Schulbusverkehr entzerrt wird.
WIE WAHRSCHEINLICH SIND ERNEUTE FLÄCHENDECKENDE SCHULSCHLIESSUNGEN?
Unwahrscheinlich, aber der Präsenzbetrieb, wie er seit den Sommerferien läuft, könnte wackeln, wenn die Corona-Zahlen nicht besser werden. Es gehe nicht um eine Schließung, sagte Merkel nach den Beratungen am Montag. Regierung und Länder hatten nach den Erfahrungen mit Schließungen und Schichtbetrieb und mit Blick auf die Zukunft der Schülerinnen und Schüler immer wieder gesagt: Die Schulen sollen möglichst offen bleiben. Lehrergewerkschaften hatten zuletzt den Druck erhöht und zumindest eine Rückkehr zum Wechselmodell bei hohem Infektionsgeschehen gefordert. Sie warnen davor, die gesundheitlichen Risiken für Lehrer und Schüler durch Corona auszublenden.
WAS IST FÜR CORONA-RISIKOGRUPPEN GEPLANT?
Der Schutz von Älteren, chronisch Kranken und Pflegeheimbewohnern mit erhöhtem Risiko für schwere Corona-Verläufe steht besonders im Blick. Dabei lautet die klare Ansage, dass eine völlige Abschottung von Millionen Betroffenen keine Antwort sein soll. Um den Schutz zu erhöhen, sollen aber etwa in Pflegeheimen Corona-Tests deutlich ausgeweitet werden, auch neue Schnelltests.
Dazu soll jetzt auch eine zentral vom Staat abgesicherte und organisierte Versorgung mit Schutzmasken kommen. Für den Winter sollen nach Plänen des Bundes pro Person insgesamt 15 höherwertige FFP2-Masken gegen «eine geringe Eigenbeteiligung» zu bekommen sein - das entspräche rechnerisch einer pro Winterwoche. Auf Landesebene hat Bremen schon ein ähnliches Angebot gestartet. Dort kann jeder Bürger über 65 Jahre zehn FFP2-Schutzmasken im Monat erhalten.
WAS IST MIT RESTAURANTS, BARS, KULTUREINRICHTUNGEN UND FITNESSSTUDIOS - BLEIBEN DIE AUCH NACH DEM NOVEMBER WEITER ZU?
Hier wurde keine Entscheidung getroffen. Wie es in den genannten Bereichen weitergeht, auch diese Frage werden Bund und Länder erst in der kommenden Woche bei ihrem nächsten Gespräch klären. Offiziell gilt bisher weiterhin die Aussage der letzten Beratungen der Kanzlerin mit den Länderchefs Ende Oktober, dass die Schließungen bis Ende November befristet sein sollen. Allerdings hatte etwa Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in der «Bild am Sonntag» bereits wenig Hoffnungen gemacht und gesagt, er sehe für das Öffnen von Restaurants und Kinos wenig Spielraum. Merkel sagte nach den Beratungen am Montag, man sei durch das Schließen bestimmter Einrichtungen im Freizeitbereich aus dem exponentiellen Wachstum herausgekommen und man müsse nun darüber sprechen, ob man das zum 1. Dezember alles wieder öffnen könne oder nicht.
(Mit Material der dpa)