Bundesregierung bessert bei Corona-Hilfen nach / Anhebung der Beihilfegrenzen durch EU?

| Politik Politik

Die Bundesregierung bessert nach massiver Kritik aus der Wirtschaft bei den Corona-Hilfen für Unternehmen nach und sattelt finanziell drauf. Derweil hat die EU-Kommission einen Vorschlag zu den Beihilferegeln vorgelegt. Bisherige Deckelungen könnten angehoben und direkte Finanzhilfen auch für größere Unternehmen möglich gemacht werden.

«Die Hilfen werden einfacher, umfangreicher und zielgenauer», sagte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag. Scholz erzielte eine Einigung mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Altmaier erklärte: «Wir werden die Überbrückungshilfe III drastisch vereinfachen und auch bei der Höhe noch eine Schippe drauf legen.»

Künftig soll es nach den Worten von Scholz einen erweiterten Zugang zu den Hilfen geben, außerdem soll der Förderhöchstbetrag aufgestockt werden. Auch die Abschlagszahlungen sollen erhöht werden, das sind Vorschüsse auf spätere Zahlungen.

Die Einigung kam kurz vor Beratungen von Bund und Ländern über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise. Dort beschlossen Kanzlerin Angela Merkel CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder eine Fortsetzung des Lockdowns bis Mitte Februar.

Im Beschlusspapier heißt es, die Verlängerung der Maßnahmen stelle Unternehmen und Beschäftigte vor weitere Herausforderungen. Daher werde die Überbrückungshilfe III des Bundes nochmals verbessern. Die Bundesregierung setzte sich bei der Europäischen Kommission mit Nachdruck für die Anhebung von beihilferechtlichen Höchstsätzen ein. Die Abschlagszahlungen für die Überbrückungshilfe III sollten im Monat Februar erfolgen, die abschließenden Auszahlungen durch die Länder im Monat März erfolgen.

Entscheidend war aber zuvor die Verständigung innerhalb der Bundesregierung, weil der Bund die finanziellen Mittel gibt. Konkret soll es bei der Überbrückungshilfen III künftig ein Kriterium geben, ob Firmen Hilfen bekommen können. Sie sollen für jeden Monat eine Förderung bekommen, in dem sie einen Umsatzeinbruch von wenigstens 30 Prozent nachweisen können. Bisher mussten Firmen nachweisen, dass sie in mehreren Monaten Umsatzeinbrüche erlitten haben, oder ob sie direkt oder indirekt von Schließungen betroffen sind.

Für die Fördermonate November und Dezember müssen Firmen bisher einen Umsatzrückgang von 40 Prozent vorweisen. Bei der Staffelung soll es bleiben: Je höher die Umsatzausfälle und Verluste, desto höher sind die Zuschüsse.

Die maximale monatliche Fördersumme der Überbrückungshilfe III soll auf bis zu 1,5 Millionen Euro pro Unternehmen erhöht werden, sofern dies nach dem EU-Beihilferecht zulässig ist. Betriebe, die aufgrund behördlicher Anordnungen dicht machen mussten, bekommen bisher Zuschüsse von höchstens 500 000 Euro pro Monat. Bei allen anderen Unternehmen lag die Obergrenze bisher bei 200 000 Euro.

Auf den Einzelhandel zielt eine weitere Neuerung: Wertverluste für unverkäufliche oder saisonale Ware sollen nun an als erstattungsfähige Fixkosten anerkannt werden. Außerdem sollen Investitionen für die bauliche Modernisierung und Umsetzung von Hygienekonzepten ebenso wie Investitionen in Digitalisierung und Modernisierung als Kostenposition geltend gemacht werden können - laut Altmaier etwa Investitionen in den Aufbau oder die Erweiterung eines Online-Shops.

Erhöht werden auch Abschlagszahlungen, das sind Vorschüsse auf spätere Zahlungen. Denn es dauert, bis die regulären Hilfen ausgezahlt werden - etwa weil Kurzarbeitergeld angerechnet wird. Die Abschlagszahlungen werden auf bis zu 100 000 Euro für einen Fördermonat erhöht, statt bisher 50 000 Euro.

Die Bundesregierung reagiert mit den Nachbesserungen auf zunehmende Kritik von Wirtschaftsverbänden, die dem Bund eine schleppende Umsetzung der Hilfen und zu viel Bürokratie vorgeworfen hatten. Vor allem der Handel hatte auf eine Erweiterung der Hilfen gedrängt, weil kurz vor Weihnachten auch viele Einzelhandelsgeschäfte dicht machen mussten. Kneipen und Restaurants sowie Freizeiteinrichtungen mussten bereits Anfang November schließen.

In dem Papier steht konkret: Daher wird die Überbrückungshilfe III (...) verbessert. (...) Der Bund wird (...) die Zugangsvoraussetzungen (...) vereinfachen und die monatlichen Förderhöchstbeträge für Unternehmen (...) deutlich anheben. Da viele Unternehmen (...) an die geltenden beihilferechtlichen Obergrenzen stoßen, setzt sich die Bundesregierung (...) für die Anhebung der beihilferechtlichen Höchstsätze ein.

Der Bund wird die Abschlagszahlungen deutlich anheben und direkt vornehmen. Die Länder werden die regulären Auszahlungen bewerkstelligen. (...) Die Abschlagszahlungen für die Überbrückungshilfe III werden im Monat Februar erfolgen. Die Fachverfahren werden so rechtzeitig programmiert, dass die abschließenden Auszahlungen durch die Länder im Monat März erfolgen werden. Die Insolvenzantragspflicht für (...) Unternehmen, die einen Anspruch auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie haben und rechtzeitig einen entsprechenden, aussichtsreichen Antrag gestellt haben, wird bis Ende April ausgesetzt.

EU-Kommission: Beihilferegeln sollen wegen Corona gelockert bleiben

Die EU-Kommission will eine Lockerung der sogenannten EU-Beihilferegeln für Staatshilfen angesichts der Corona-Krise zunächst bis Ende des Jahres verlängern. «Während sich die zweite Welle des Coronavirus-Ausbruchs weiterhin stark auf unser Leben auswirkt, brauchen Unternehmen in ganz Europa weitere Unterstützung, um die Krise zu überstehen», teilte die für Wettbewerb zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager am Dienstagabend mit.

Die Mitgliedstaaten hätten nun die Möglichkeit, auf den Vorschlag der Kommission einzugehen. Damit könnten die 27 EU-Länder bis zum 31. Dezember weiterhin betroffene Unternehmen mit großen Summen unterstützen, ohne gegen EU-Wettbewerbsregeln zu verstoßen. Bislang sind Hilfen wie etwa direkte Zuschüsse in diesem Rahmen bei bis zu 800 000 Euro pro Unternehmen und Maßnahmen zur Unterstützung bei Fixkosten, die nicht mehr vom Umsatz gedeckt werden, bei bis zu drei Millionen gedeckelt. Diese Grenzen könnten nun im Einigungsprozess angehoben werden. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Verbraucherschützer sprechen sich deutlich gegen ein mögliches Verbot von Bezeichnungen wie «Tofu-Wurst» oder «Soja-Schnitzel» aus. Das Europaparlament will am Mittwoch über ein entsprechendes Vorhaben abstimmen.

Die niederländische Tourismusbranche steht vor einer möglichen drastischen Änderung: Die Regierung in Den Haag plant, die Mehrwertsteuer auf Übernachtungen von derzeit 9 auf 21 Prozent anzuheben. Die Maßnahme soll laut Medienberichten ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten. Branchenvertreter warnen vor drastischen Folgen.

 

Die Neuköllner Kulturkneipe «Bajszel» ist erneut Ziel antisemitischer Anfeindungen geworden. Rund um die Schenke brachten unbekannte Flugblätter an, auf denen die drei Betreiber abgebildet sind und wegen angeblicher Unterstützung Israels persönlich bedroht werden.

Weniger Werbung für Ungesundes: Vor allem Kinder sollen dadurch geschützt werden. Die britische Regierung erhofft sich langfristig Milliardeneinsparungen im Gesundheitssektor.

Am 2. Oktober beginnt vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim eine entscheidende Verhandlungsreihe. Gegenstand sind Berufungen der landeseigenen L-Bank gegen Urteile, die zuvor Rückforderungsbescheide der Corona-Soforthilfe als unrechtmäßig eingestuft hatten.

Gastwirte sollen 2026 entlastet werden, die Umsatzsteuer auf Speisen sinkt. Doch ob es auch zu Preissenkungen in Restaurants kommt, ist fraglich. Die DGB-Vorsitzende hätte da einen anderen Vorschlag. Bayerns Tourismusministerin widerspricht.

Die geplante Ausweitung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes auf Restaurants, Imbisse und Co. stößt auf heftigen Widerstand. Branchenvertreter sehen darin eine neue, unnötige Bürokratie und befürchten Wettbewerbsnachteile, ohne dass es einen echten Mehrwert für die Gäste gibt.

Die europäische Kommission hat von den Tech-Unternehmen Apple, Google, Microsoft und Booking.com Auskünfte darüber verlangt, wie sie sich auf ihren Plattformen gegen Betrugsmaschen zur Wehr setzen. Grundlage dafür ist das Gesetz über digitale Dienste.

Beim „Burger Dialog“ von McDonald's trafen Vertreter der Gen Z auf Abgeordnete der Regierungskoalition. Im Zentrum des Austauschs standen die Sorgen junger Menschen, die zunehmend daran zweifeln, dass Leistung allein noch den gesellschaftlichen Aufstieg sichert.

In vielen Ballungsräumen gehen etliche reguläre Wohnungen ausschließlich an Feriengäste. Lindert es die Wohnungsnot, wenn man die kurzfristige Vermietung eindämmt?