Bundesregierung sucht nach rascher Klärung für Geimpfte

| Politik Politik

Unter hohem Zeitdruck wollen Bund und Länder in der nächsten Woche für Geimpfte Ausnahmen von Corona-Beschränkungen klären - wie schnell die kommen, ist aber unklar. Eine dazu geplante Verordnung will die Bundesregierung «mit großem zeitlichem Ehrgeiz» angehen, wie ihr Sprecher Steffen Seibert am Freitag sagte. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte, erste Gespräche würden geführt. «Wenn dann alle wollen und Kompromisse schnell möglich sind, kann das natürlich auch - die nächste Bundesratssitzung ist am 7. Mai - Ende nächster Woche abgeschlossen sein.» Bei den Impfungen gab es nun mit 916 000 den zweithöchsten Wert für einen Tag. Die Hersteller Biontech und Pfizer beantragten die EU-Zulassung ihres Mittels für Kinder ab zwölf Jahre.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat einen Entwurf zu den Rechten Geimpfter vorgelegt, der nun in der Regierung abgestimmt werden soll. Anfang kommender Woche wolle man damit fertig sein, sagte Seibert. Um rasch einen mehrheitsfähigen Entwurf zu erreichen, solle noch vor einem Kabinettsbeschluss mit dem Bundestag und den Ländern gesprochen werden, weil spätere Änderungen das Verfahren deutlich verlängern würden. Spahn sagte, wichtig sei, dass es kein Ping-Pong-Spiel zwischen Regierung, Bundestag und Bundesrat gebe. Ob die reguläre Kabinettssitzung am Mittwoch erreicht wird, blieb offen.

Im Entwurf heißt es, vollständig Geimpften und Genesenen solle es künftig wieder möglich sein, «ohne vorherige Testung zum Beispiel Ladengeschäfte zu betreten, Zoos und botanische Gärten zu besuchen oder die Dienstleistungen von Friseuren und Fußpflegern in Anspruch zu nehmen». Voll Geimpfte und Genesene sollen sich nicht an die lokal geltenden Ausgangsbeschränkungen halten müssen. Sie würden auch bei privaten Treffen mit anderen, die weder geimpft noch von Covid-19 genesen sind, nicht mitgezählt bei der Beschränkung auf einen Haushalt plus eine weitere Person plus Kinder. Maskenpflicht an manchen Orten und Abstandsgebote sollen aber für alle weiter gelten.

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), mahnte zu Tempo. «Der Druck auf Restaurants und Hotels, wieder zu öffnen, wird jeden Tag größer. Wir haben daher die moralische und auch juristische Pflicht, die Einschränkung der Freiheitsrechte für Geimpfte und Genesene schrittweise zurückzunehmen. Es wäre gut, wenn das deutlich vor Ende Mai passiert», sagte er der «Bild» (Freitag). Der Bundesrat tagt am 7. Mai und am 28. Mai. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) monierte erste Regelungen zu Geimpften in einigen Ländern. «Uneinheitliche Lösungen kurz nach dem Beschluss einer bundeseinheitlichen Corona-Notbremse seien irritierend für die Menschen, sagte er der «Augsburger Allgemeinen» (Freitag).

Wenn die Lieferzusagen für Impfstoffe eingehalten werden, könnten nach Einschätzung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung Ende Mai weit mehr als die Hälfte der Berechtigten mindestens eine Erstimpfung erhalten haben. Mitte Juni könnten es drei Viertel sein, prognostizierte das Zentralinstitut. Damit wären bei einer anzunehmenden Impfbereitschaft von etwa 80 Prozent fast alle Impfwilligen erreicht. Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus schlug vor, geschultes Fachpersonal könne etwa auch in Einkaufszentren oder auf Parkplätzen Impfungen anbieten.

Inzwischen haben 26,9 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung bekommen. Den vollständigen Impfschutz mit einer zweiten Spritze haben nach Daten des Robert Koch-Instituts von Freitag 7,7 Prozent. Am Donnerstag wurden 916 388 Impfspritzen gesetzt, nur am Mittwoch waren es mit 1,1, Millionen noch mehr. Insgesamt wurden bisher fast 28,8 Millionen Dosen verabreicht - davon 22,4 Millionen bei Erstimpfungen und 6,4 Millionen bei Zweitimpfungen.

Biontech und sein US-Partner Pfizer haben nach eigenen Angaben bei der EU-Arzneimittelbehörde EMA die Zulassung ihres Impfstoffes für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren beantragt. Dabei gehe es um die Anpassung und Erweiterung der bestehenden Zulassung auf diese Altersgruppe. Sobald die EMA die Änderung genehmige, werde die angepasste bedingte Zulassung in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten gültig sein. Das Mittel ist bisher ab 16 zugelassen. Für die Prüfung von Zulassungsanträgen braucht die EMA in der Regel wenige Wochen.

Parallel läuft eine klinische Studie von Biontech und Pfizer zur Wirkung und Sicherheit ihres Impfstoffs bei Kindern zwischen sechs Monaten und elf Jahre. Biontech geht davon aus, dass belastbare Daten bis September verfügbar sein werden. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, sieht gute Chancen für Impfungen für Kinder und Jugendliche ab September. «Für Kinder ab zwölf Jahren halte ich das für möglich», sagte er der «Rheinischen Post» (Samstag). «Für kleinere Kinder kann das noch knapp sein.»


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband wendet sich in einer Mitteilung gegen jedwede Positionen und Aktivitäten, die sich gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Das Gastgewerbe in Deutschland stehe für Gastfreundschaft, Toleranz und Vielfalt.

Der Bundestag hat die Gesetze zur Verbesserung der Rückführung von Geflüchteten und zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts beschlossen. Darin enthalten sind auch einige Regelungen, die die Beschäftigungsmöglichkeiten von bereits in Deutschland lebenden Geflüchteten mit Bleibeperspektive erleichtern.

Die Lokführergewerkschaft GDL hat die Beschäftigten der Deutschen Bahn zum nächsten Streik aufgerufen. Dieser werde im Personenverkehr am frühen Mittwochmorgen um 2.00 Uhr beginnen und bis Montag kommender Woche, 18.00 Uhr andauern, teilte die Gewerkschaft in der Nacht zu Montag mit.

Gegen lebhafte Debatten im Bundestag hat niemand etwas einzuwenden - gegen ungebührliches Verhalten schon. Dann setzt es vom Präsidium einen Ordnungsruf. Das geschieht derzeit ziemlich oft. Mehr als die Hälfte aller Ordnungsrufe entfiel im vergangenen Jahr auf nur eine Partei.

Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen wollen sich für den Erhalt des von der Schließung bedrohten Musikclubs Molotow im Hamburger Stadtteil St. Pauli einsetzen. Hintergrund ist die Kündigung des Mietvertrags, weil an der Stelle in St. Pauli ein Hotel entstehen soll.

Weniger Zucker, Fett und Salz beim Essen vor allem für Kinder, mehr Bio und Regionales beim Mittagstisch in der Kantine: Das Bundeskabinett beschloss dazu jetzt eine Strategie​​​​​​​ mit Zielen und Maßnahmen. Eine wichtige Rolle sollen Kantinen und Mensen in Unternehmen und anderen Einrichtungen spielen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will den Kampf gegen den Arbeitskräftemangel in Deutschland intensivieren. Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung die Möglichkeit eines Rechtsanspruchs auf flexibles Arbeiten für Beschäftigte prüfen solle, wie aus dem Entwurf des neuen Jahreswirtschaftsberichts hervorgeht.

Die Arbeitgeber in Deutschland lehnen einen Rechtsanspruch auf Homeoffice ab. In der Regel werde diese Frage im guten Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geregelt. Ein Gesetz brauche es nicht, so Steffen Kampeter.

Bekommen Kinder ihr Mittagessen in Kita oder Schule künftig vom Staat bezahlt? Ein Bürgerrat fordert genau das. Rot-Grün in Niedersachsen findet den Vorschlag gut, bremst aber trotzdem die Erwartungen.

Sterneköche und Frankreichs Gastgewerbe mobilisieren gegen das neue Migrationsgesetz, das, anders als zunächst geplant, die Integration von Beschäftigten ohne Aufenthaltstitel kaum erleichtert. Jetzt protestieren Sterneköche, die die Integration von Küchenpersonal ohne Papiere fordern und appellieren: Wir brauchen Migranten.