Bundesregierung will Insolvenzrecht reformieren

| Politik Politik

Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten sollen weitere Möglichkeiten zur Sanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens erhalten. Das sieht ein Referentenentwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts vor. Dieser beinhaltet etwa die Einführung eines Rechtsrahmens für Restrukturierungen, mit dem Insolvenzen abgewendet werden können. Davon könnten insbesondere Unternehmen profitieren, die infolge der Corona-Pandemie in Schwierigkeiten geraten seien, teilte das Ministerium am Samstag in Berlin weiter mit. Das Gesetz soll Anfang 2021 in Kraft treten.

Unternehmen, die ihren Gläubigern eine realistische Perspektive aufzeigen könnten, sollen ihr Sanierungskonzept auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens durchsetzen können, sagte Lambrecht. Dazu genüge es, eine Mehrheit der Gläubiger davon zu überzeugen. «Von den neuen Möglichkeiten werden insbesondere Unternehmen profitieren können, die unter den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie leiden, obwohl sie weiterhin über ein überzeugendes Geschäftsmodell verfügen», sagte sie. Der neue Rechtsrahmen ermögliche es Firmen, «belastende Verträge zu beenden, wenn der andere Vertragsteil der Anpassung oder Beendigung nicht zustimmt, die für die Abwendung einer Insolvenz erforderlich ist».

Für die von der Pandemie betroffenen Unternehmen werden nach Angaben des Ministeriums weitergehende Erleichterungen geschaffen. Diese unterliegen ab dem 1. Januar 2021 zwar wieder der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung. Allerdings solle der Überschuldungsprüfung ein gelockerter Maßstab zugrunde gelegt werden, der auch auf die derzeitigen Prognoseunsicherheiten Rücksicht nehme.

Zudem sollen Sanierungsmöglichkeiten des bestehenden Rechts fortentwickelt werden. Es soll sichergestellt werden, dass der Verzicht auf Bestellung eines Insolvenzverwalters in «Eigenverwaltungsverfahren» «grundsätzlich nur gut und solide vorbereiteten Vorhaben vorbehalten bleibt».

Wenn ein Unternehmen dauerhaft kein Geld mehr hat, muss es normalerweise einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht stellen. Schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit sowie bei Überschuldung ist der Antrag nach einer bestimmten Frist Pflicht.

Zuletzt wurde wegen der angespannten Lage vieler Unternehmen das Insolvenzrecht gelockert. Unternehmen, die sich in der Corona-Krise überschuldet haben, müssen bis Jahresende keinen Insolvenzantrag stellen. Sie müssen aber weiter zahlungsfähig sein. Um Unternehmen, die infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie überschuldet sind, auch über den 31. Dezember 2020 zu helfen, soll das geplante Gesetz zu diesem Zeitpunkt in Kraft treten.

Schon bisher können Unternehmen, die gute Aussichten auf eine Fortführung des Geschäftsbetriebs sehen, bei Gericht ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragen. Die Geschäftsleitung bleibt dann im Amt, ihr wird allerdings ein sogenannter Sachwalter zur Seite gestellt.

Mit dem bereits bestehenden «Schutzschirmverfahren» sieht das deutsche Insolvenzrecht zudem eine besondere Form der Eigenverwaltung für Betriebe vor, denen zwar das Geld auszugehen droht, die aber noch nicht zahlungsunfähig sind. Mit dem 2012 eingeführten Verfahren sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung notleidender Unternehmen verbessert werden. Wesentlicher Unterschied zum regulären Insolvenzverfahren oder zur normalen Eigenverwaltung ist, dass der Sachwalter im Schutzschirmverfahren vom Unternehmen weitgehend frei gewählt wird. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Entlastung für eine krisengeschüttelte Branche: In einer öffentlichen Anhörung im Bundestag bekräftigen Wirtschaftsvertreter und Fachexperten die Notwendigkeit der geplanten Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf sieben Prozent. Kritiker stellten die fiskalischen Kosten und die soziale Treffsicherheit der Maßnahme infrage.

Österreichs Tourismuswirtschaft erhält neue Rahmenbedingungen im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Die Bundesregierung beschließt nicht nur eine Erhöhung der Saisonkontingente, sondern auch die Einrichtung eines Beschäftigtenfonds.

Der Chef darf ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen. Diese Regel zu ändern, könnte Ärzte entlasten. Die Gesundheitsministerin zeigt sich überraschend offen für die Idee.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mobilisiert am 23. Oktober Essenskuriere und Support-Mitarbeiter. Hintergrund sind die Pläne des Essenslieferdienstes zur bundesweiten Auslagerung von etwa 2.000 Arbeitsplätzen.

Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand, ein Zusammenschluss von zehn Wirtschaftsverbänden, legte nun ihren zweiten Mittelstandsmonitor vor und zieht erneut eine ernüchternde Bilanz der politischen Rahmenbedingungen.

Der Dehoga in Hessen lehnt das geplante EU-Verbot von Bezeichnungen wie «Veggie-Burger» ab. Warum der Verband und ein veganes Lokal vor mehr Bürokratie und Verunsicherung von Kunden warnen.

Die Stadt Konstanz meldet eine Trendwende beim Müllaufkommen im öffentlichen Raum und führt diese auf die seit 1. Januar 2025 erhobene Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke zum Sofortverzehr zurück. Parallel dazu äußern Verbände Kritik an der Bewertung der Stadt und bemängeln das vorschnelle Fazit.

Der Verband der Veranstaltungsorganisatoren hat das Bundeskartellamt über mögliche Wettbewerbsbeschränkungen und eine zunehmende Marktkonzentration im Bereich der MICE-Buchungsportale informiert. Nach Auffassung des Verbands droht in diesem zentralen Marktsegment für die deutsche Wirtschaft eine „gefährliche Ballung von Marktmacht“.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat eine längere Frist bis zur Vorlage einer ersten Krankschreibung vorgeschlagen. Niedersächsische Arbeitgeber haben mit deutlichen Worten reagiert.

Schlagabtausch um Ostsee-Preise: Tourismusminister Wolfgang Blank kritisiert die Gastronomie von Mecklenburg-Vorpommern wegen zu teurer Schnitzel und Hotelzimmern. Der DEHOGA kontert scharf und schiebt die Schuld für die hohen Kosten auf die Politik und den Mindestlohn.