Killt Corona Karneval?

| Politik Politik

Wegen Krieg und Wirtschaftskrise sind die großen Rosenmontagszüge schon öfters abgesagt worden, doch jetzt zeichnet sich die erste Absage wegen einer Pandemie ab. Der nordrhein-westfälische FDP-Chef und stellvertretende Ministerpräsident Joachim Stamp sprach sich am Freitag dafür aus, alle Karnevalsumzüge der kommenden Session abzusagen. Das gleiche müsse für größere Sitzungen gelten, sagte der NRW-Familienminister der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Corona lasse leider keine andere Wahl zu.

«Karneval lebt von Unbeschwertheit und auch Nähe», sagte Stamp. Nähe aber verbiete sich derzeit, und damit sei der Karneval so wie man ihn kenne nicht möglich. Es sei für alle besser, wenn man jetzt Planungssicherheit schaffe und die großen Veranstaltungen absage. «So sehr mein Karnevalsherz blutet», bedauerte Stamp, der aus Bad Ems in Rheinland-Pfalz stammt.

Kleine, kreative Veranstaltungen, bei denen Kontakte nachverfolgt werden könnten, würden vielleicht noch funktionieren. «Aber Singen, Schunkeln, Bützen - alles, was zur traditionellen Sitzung und den Umzügen dazugehört, ist in dieser Session völlig unrealistisch.»

Die Karnevalisten wollen ihr Fest aber noch nicht verloren geben. Der Kölner Karnevalschef Christoph Kuckelkorn sagte der dpa, er halte eine Absage zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht. «Wir brauchen noch einfach ein paar Wochen Geduld», mahnte er. Im NRW-Gesundheitsministerium werde derzeit noch ein von den Karnevalsvereinen vorgelegtes Konzept mit Handlungsempfehlungen geprüft. Das müsse man doch wohl zumindest erstmal abwarten. Allerdings hatte auch Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) diese Woche schon gesagt: «Bei der jetzigen Infektionslage kann ich mir Karneval nicht vorstellen.»

Wie Kuckelkorn findet auch CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, dass man nicht im Sommer schon alles absagen sollte. «Wenn die Karnevalsumzüge im September stattfinden würden, dann würde ich Herrn Stamp völlig Recht geben. Aber sie finden traditionell in den tollen Tagen statt und das heißt Mitte Februar.» Bosbach ist selbst schon oft im Kölner Rosenmontagszug mitgefahren: «Ich sag jetzt mal: zehn oder zwölf Mal bestimmt.»

Der in Köln lebende SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hält Straßenkarneval mit 1,5 Metern Abstand und Mundschutz für «wesensfremd». Am Rande einer SPD-Veranstaltung in Dortmund sagte der gebürtige Rheinländer der dpa am Freitag: «Ich finde, dass man frühzeitig sagen muss, dass Karneval, wie wir ihn kennen, unter den jetzigen Umständen nicht gehen wird.» Es brauche Konzepte, die es ermöglichen, die Stimmung im Kleinen zu retten und trotzdem keine ungesteuerte Feierei zuzulassen.

Der 81 Jahre alte Leiter des Düsseldorfer Rosenmontagszugs, Herrmann Schmitz, schlug vor, die Wagen einfach auszustellen. «Zum Beispiel auf den Rheinwiesen. Dann kann man sie sich mit Abstand angucken.» Er selbst könne sich nach aktuellem Stand kaum vorstellen, dass der Rosenmontag mit einer Million Gäste in Düsseldorf stattfinden könne, sagte Schmitz.

Eine große Kölner Karnevalsgesellschaft hat unterdessen ihre Teilnahme am Rosenmontagszug abgesagt. «Es gibt derzeit keine hundertprozentige Planungssicherheit», sagte Marc Doppelfeld, Geschäftsführer der Großen Mülheimer Karnevals-Gesellschaft «Das war der Grund, warum wir gesagt haben: Okay, wir gehen dieses finanzielle Risiko nicht ein.» Dafür ernteten sie bisher ausschließlich Zuspruch. «Die E-Mails laufen ein, die Menschen schreiben: Sie wünschten sich das auch von den Politikern. Dass man einfach mal Farbe bekennt.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Bundesrat hat am 19. Dezember 2025 dem Steueränderungsgesetz zugestimmt und damit den Weg für eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen frei gemacht. Ab dem 1. Januar 2026 gilt für den Verzehr von Speisen in Restaurants und Cafés unbefristet der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent.

Die Gastronomie bekommt dauerhaft den Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent, um die wirtschaftliche Existenz der Betriebe zu sichern. Da massiv gestiegene Kosten für Personal und Lebensmittel die Margen unter Druck setzen, planen die meisten Unternehmen keine Preissenkungen, sondern nutzen die steuerliche Entlastung zur Stabilisierung ihrer Geschäfte.

Mit der Rückkehr zu 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen zum 1. Januar 2026, kommen neue administrative Herausforderungen auf Gastronomen zu. Ein aktuelles Merkblatt des DEHOGA gibt nun wichtige Hinweise zur steuerlichen Behandlung von Silvesterveranstaltungen, Pauschalangeboten und Anzahlungen.

Mit Kurzarbeit können Unternehmen Flauten überbrücken, ohne Beschäftigte entlassen zu müssen. Derzeit läuft die Wirtschaft nicht wie erhofft. Die Regierung zieht Konsequenzen.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich im Trilog-Verfahren auf eine vorläufige Einigung zur neuen Zahlungsdiensteverordnung verständigt. Die Verordnung definiert die Rahmenbedingungen für Zahlungsdienste und Kartenzahlungen innerhalb der EU neu.

Der europäische Dachverband der Hotels, Restaurants und Cafés, Hotrec, hat, mit einer breiten Allianz europäischer Wirtschaftsvertreter an das Europäische Parlament appelliert, auf neue Vorgaben für Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz zu verzichten. Statt neuer Gesetze wird ein zukunftsorientierter Ansatz gefordert.

Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie steht vor der finalen Abstimmung im Bundesrat. Das Land Niedersachsen knüpft seine Zustimmung an die Bedingung, dass eine Pflicht zur digitalen Bezahlung eingeführt wird.

Die Gewerkschaft NGG und der DEHOGA Rheinland-Pfalz stecken in festgefahrenen Tarifverhandlungen. Der DEHOGA wirft der NGG vor, Lohnsteigerungen für 100.000 Beschäftigte mit realitätsfernen Forderungen zu blockieren und die schwierige Wirtschaftslage der Betriebe zu missachten. Der Branchenverband fordert eine rasche Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Der Nationale Normenkontrollrat hat sein Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau aktualisiert. Mehrere der 77 konkreten Vorschläge entsprechen langjährigen Forderungen des Gastgewerbeverbands DEHOGA und zielen auf eine deutliche Entlastung bei Arbeitsrecht und Arbeitsschutz ab.

Die Tarifverhandlungen für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Rheinland-Pfalz befinden sich in einer kritischen Phase. Während der Arbeitgeberverband DEHOGA Rheinland-Pfalz ein mehrstufiges Angebot für Gehaltswachstum vorlegt, kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Landesbezirk Südwest dieses als „Mogelpackung“.