Kretschmann will Anti-Corona-Kurs in Baden-Württemberg verschärfen

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Angesichts der dramatischen Corona-Lage in Baden-Württemberg will Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Maßnahmen im Kampf gegen das Virus nochmal verschärfen. «So ernst ist die Lage, wie sie noch nie war in dieser Pandemie», sagte der Grünen-Politiker am Donnerstagabend nach dem Bund-Länder-Treffen zur Corona-Politik. «Die vierte Corona-Welle trifft uns mit brutaler Wucht.» Er kündigte an, dass es über die Maßnahmen der Alarmstufe hinaus weitere Einschränkungen geben werde. Es werde in Kürze Obergrenzen für Teilnehmer von Veranstaltungen geben. Darüber hinaus stünden Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte in Hotspots im Raum, wenn sich die Lage nicht schnell bessere. In Bars, Clubs und Discos gelte künftig die Regel 2G plus. Das heißt, dass Geimpfte und Genesene einen Schnelltest vorweisen müssen.

Nach der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Noch-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte Baden-Württemberg am Abend an, an diesem Freitag im Bundesrat dem neuen Infektionsschutzgesetzes zustimmen zu wollen. Damit deutet sich eine Mehrheit in der Länderkammer für das umstrittene Vorhaben der angehenden Ampel-Partner SPD, Grünen und FDP im Bund an. Allerdings bleibe man wie Bayern bei der Kritik, dass das Gesetz der Lage nicht angemessen sei. Der Beschluss des Bundestags sieht vor, dass die «epidemische Lage von nationaler Tragweite» am 25. November ausläuft. Allerdings wird zugleich die Rechtsgrundlage für weitere Auflagen im Kampf gegen die Pandemie geschaffen.

Kretschmann forderte alle Ungeimpften dringend auf, sich piksen zu lassen. «Kein Ungeimpfter kann sich vor diesem hochansteckenden Virus verstecken. Viele werden schwer erkranken und ins Krankenhaus kommen. Und manche werden auch sterben.» Noch könne der «Notstand» in den Kliniken mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung und Disziplin abgewendet werden. Aber: «Bereits in wenigen Wochen werden unsere Intensivstationen heillos überlastet sein, wenn es so weitergeht.» Er habe große Sorge, «dass wir schon bald keine angemessene Behandlung aller Erkrankten mehr garantieren können».

Seit Mittwoch gilt im Südwesten die Corona-Alarmstufe, bei der Ungeimpfte von der Teilnahme am öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen sind. Nur Geimpfte und Genesene haben jetzt noch Zugang zu Kinos, Museen, Schwimmbädern sowie den meisten anderen öffentlichen Veranstaltungen. Auch wer in Restaurants oder Cafés nur einen negativen Test vorweisen kann, muss draußen bleiben. Seit Mittwoch müssen Schüler und Schülerinnen wieder Masken am Platz tragen.

Zudem gelten Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Sie dürfen sich allein oder als Haushalt nur noch mit einer weiteren Person treffen. Der Regierungschef kündigte häufigere Kontrollen an, um die Corona-Regeln durchzusetzen. «Wer sich nicht daran hält, der muss mit Bußgeldern rechnen.» Er kündigte an, neben den 155 mobilen Impfteams würden in allen Stadt- und Landkreisen Impfstützpunkte eingerichtet, um das Tempo sowohl bei Erst-, Zweit- und Boosterimpfungen zu erhöhen. Er appellierte zudem an die Ärzte im Südwesten: «Bitte weiten Sie Ihr Impfangebot aus.» Er ergänzte: «Wenn jede Praxis im Land in den kommenden Wochen einen zusätzlichen Impftag anbietet - etwa an einem Samstag - kommen wir ein großes Stück voran.»

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel sieht in den Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz einen «sehr guten Schritt nach vorne». Er drückt aber noch mehr aufs Tempo beim Impfen und Testen im Land. Die Kapazitäten müssten schleunigst wieder hochgefahren werden. «Es kann nicht sein, dass eineinhalb Jahre nach Pandemiebeginn die Impfwilligen stundenlang vor dem Impfbus Schlange stehen müssen und Tests immer schwerer zu bekommen sind. Das wird sich jetzt endlich wieder ändern.»

Bund und Länder hatten sich am Donnerstag darauf verständigt, dass bundesweit nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt zu Freizeitveranstaltungen, Gastronomie und Hotels haben (2G), wenn eine bestimmte Zahl von Covid-19-Patienten in Krankenhäusern überschritten ist. Der Bundestag beschloss zudem Pläne von SPD, FDP und Grünen, die 3G-Vorgaben am Arbeitsplatz, in Bussen und Bahnen vorsehen. Die Bundesländer baten den Bund, in bestimmten Einrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen eine Impfpflicht für alle einzuführen, die Kontakt zu besonders gefährdeten Personen haben.

Das baden-württembergische Stufensystem hängt unter anderem von der Zahl der Corona-Patienten auf Intensivstationen ab. Die Alarmstufe wird ausgerufen, sobald mehr als zwei Tage in Folge mehr als 390 Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen behandelt werden müssen. Am Mittwoch waren 439 Covid-19-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung. Innerhalb eines Tages kamen landesweit fast 10 000 Neuinfektionen hinzu, die 7-Tage-Inzidenz stieg auf den Rekord von 414. (dpa)


 

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