Mitarbeitermangel: Gewerkschaft-NGG fordert «grundlegenden Kulturwandel» und höhere Löhne

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Zur Linderung des Personalmangels im Gastgewerbe fordert die Gewerkschaft NGG einen «grundlegenden Kulturwandel» mit besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen für die Beschäftigten. «Die Lohnsituation war für viele Beschäftigte schon vor der Corona-Pandemie prekär», sagte Alexander Münchow, Landesbezirkssekretär der NGG für Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen, der Deutschen Presse-Agentur. Viele Kolleginnen und Kollegen seien während der Krise in den Einzelhandel, die Lebensmittelindustrie oder zu Banken und Versicherungen gewechselt, weil sie von dem zu geringen Kurzarbeitergeld nicht hätten leben können.

Der Personalmangel sei nach der Wiedereröffnung der Gastronomie nun deutlich spürbar - auch für die Gäste. «Die Beschäftigten, die jetzt noch vorhanden sind, müssen teilweise für drei, vier weitere mitarbeiten und sind an ihrer Kapazitätsgrenze», erklärte Münchow. Beschäftigte klagten immer wieder über Überlastung und schädliche Folgen für ihre Gesundheit.

Die Corona-Pandemie hat nach Einschätzung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die Personalknappheit noch einmal verschärft. «Nach den uns vorliegenden Zahlen haben zwischen dem Jahreswechsel 2019/2020 und 2020/2021 rund 13 500 Beschäftigte in Rheinland-Pfalz das Gastgewerbe verlassen, das ist ungefähr ein Sechstel», berichtete Münchow. «Die Tendenz ist weiter steigend: Es fehlt überall massiv an Personal.»

Nach Ansicht des Gewerkschafters muss dringend etwas passieren, um diese Entwicklung aufzuhalten. «Die Branche muss komplett umdenken, damit viele Beschäftigte aus dem Niedriglohnbereich herauskommen.» Der von ihm geforderte «Kulturwandel» müsse sich an den Bedürfnissen und Realitäten der Beschäftigten orientieren. «Wir brauchen vernünftige Einkommen, die armutsfest und krisensicher sind. Wir brauchen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung statt Minijobs», forderte er. «Dann glaube ich fest daran, dass diese Branche wieder auf die Beine kommt und die Flucht der Beschäftigten gestoppt werden kann.»

Doch der «Kulturwandel» müsse breiter verstanden werden, so Münchow weiter. Höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für das Personal bedeuteten, dass die Betriebe den Gästen auch eine andere Preispolitik zumuten müssten. «Es kann nicht sein, dass Menüs zu Ramschpreisen angeboten werden. Damit kann man keine anständigen Löhne zahlen.»

Viele Beschäftigte im Gastgewerbe hätten vor dem Wechsel mit Leidenschaft in ihrem Beruf gearbeitet, doch die Situation mit permanenten Überstunden und viel zu wenig Lohn als zunehmend unerträglich empfunden. «Wir liegen tariflich in Rheinland-Pfalz bei einem Stundenlohn von 9,60 Euro in der untersten Gruppe der Ungelernten. Bei 11 Euro beginnt ein Gelernter nach der Ausbildung - und auch in der Folgezeit steigt das Gehalt nur ganz langsam.»

Auf der Arbeitgeberseite habe der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Rheinland-Pfalz begriffen, dass nur über eine Verbesserung der Rahmenbedingungen und Löhne wieder Menschen für diese Branche zu gewinnen seien. «Wir sind gespannt, inwieweit der Dehoga bei den nächsten Tarifverhandlungen, die für den 10. und 24. November angesetzt sind, seinen Worten Taten folgen lässt.» Es sei gerade auch mit Blick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft wichtig, schnell ein positives Signal an das noch vorhandene Personal zu schicken.

Auch die Landespolitik ist nach Ansicht der Gewerkschaft gefordert. Sie müsse für eine Erleichterung der sogenannten Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen sorgen. «Das heißt, es muss Betrieben erschwert werden, sich dem zu entziehen, was NGG und Dehoga ausgehandelt haben, und in der Folge ihren Beschäftigten weniger zahlen», sagte Münchow. «Es muss Schluss sein mit einem Wettbewerb, der über Lohndumping ausgetragen wird.»


 

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