Regierung stellt Weichen für Sommerurlaub in Europa ab 15. Juni

| Politik Politik

Rechtzeitig vor Beginn der Ferienzeit will die Bundesregierung den Weg frei machen für grenzüberschreitenden Sommerurlaub in Europa. Die weltweite Reisewarnung für Touristen soll ab dem 15. Juni für 31 europäische Staaten aufgehoben werden, wenn die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie es zulässt. Die Reisebranche begrüßt die Pläne, Verbraucherschützer forderten ausreichend Sicherheit und Klarheit für Urlauber.

Nachdem Außenminister Heiko Maas (SPD) Gespräche mit europäischen Nachbarstaaten und wichtigen Reiseländern der Deutschen aufgenommen hat, soll die Reisewarnung durch individuelle Reisehinweise ersetzt werden, die für jedes einzelne Land die Risiken zeigen sollen. So sollen Reisen in Staaten und Regionen möglich werden und zugleich die wirtschaftliche Stabilität in den Urlaubsländern sichern.

«Die Bundesregierung strebt an, ab dem 15. Juni 2020 das Reisen in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in Schengen-assoziierte Staaten und in das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland soweit es die Lageentwicklung erlaubt wieder zu ermöglichen», heißt es in einem Eckpunktepapier, das am Dienstag noch zwischen mehrere Bundesministerium abgestimmt wurde und der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Wann das Kabinett darüber entscheidet, ist noch offen. Nach Angaben aus Regierungskreisen wird dies für den 3. Juni angestrebt.

Im Mittelpunkt: gemeinsame Kriterien, die dann mit den Urlaubsländern abgestimmt werden müssen. So gilt eine mit der Situation in Deutschland vergleichbare Infektionslage - genannt sind in dem Papier 50 Fälle pro 100 000 Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen - als eine Voraussetzung. Das ist auch in Deutschland die Alarmschwelle.

Gefordert werden «tragfähige Konzepte» für den Infektionsschutz - Gesundheitsprotokolle in Hotels und Pensionen mit Abstandsregeln, einer «Atemwegsetikette», Masken, Belüftung und Desinfektion, aber auch ausreichend Behandlungsplätze für Einheimische und Touristen und Test-Kapazitäten. Die deutschen Auslandsvertretungen könnten bewerten, ob und wie solche Konzepte angewandt werden.

Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, forderte: «Hygieneregeln sollten möglichst europäisch einheitlich sein». Menschen, die zu Risikogruppen gehörten, «müssen weiterhin von der Reisewarnung umfasst sein, solange es keinen breitenwirksamen und zuverlässigen Impfstoff gibt.»

Schwieriger - das zeigt auch der Diskussionsstand - scheint die Frage der Anreise. Unter dem Begriff «Verkehrsdienste» ist der Passagiertransport mit Flugzeug, Bus oder Bahn gemeint. Auf die betriebswirtschaftliche Gretchenfrage der Unternehmen, wie eng gepackt Passagiere in Zeiten von Corona gesetzt werden dürfen, geht das Papier in dem der dpa vorliegenden Sachstand nicht in den Details ein. Erwähnt wird die Forderung nach Mund-Nase-Schutz sowie nach Verfahren, wie Kontaktketten bei einem Infektionsfall nachvollzogen werden können.

Im Flieger den Mittelplatz freizuhalten, lehnt der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) ab. Die Luft an Bord werde alle drei Minuten komplett ausgetauscht. Spezielle Filter entfernten Bakterien, Viren, Pilze und Staub, argumentiert der Verband.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte die weltweite Reisewarnung am 17. März ausgesprochen - ein bisher einmaliger Schritt. Dies ist kein Reiseverbot, erlaubt aber Stornierungen gebuchter Reisen. Wer wegen der Corona-Krise eine Pauschalreise nicht antreten kann, kann sein Geld zurückverlangen oder Gutscheine akzeptieren.

Die von der Corona-Krise hart getroffene Tourismusbranche begrüßte die Pläne der Bundesregierung. «Dies gibt nicht nur den Unternehmen der Reisewirtschaft eine Perspektive, sondern auch den vielen Deutschen, die sich auf ihren Urlaub zum Beispiel am Mittelmeer freuen», sagte der Präsident des Reiseverbandes DRV, Norbert Fiebig. Das Sommergeschäft mit Auslandsreisen ist normalerweise die umsatzstärkste Saison der Branche mit etwa 2300 Veranstaltern und mehr als 11 000 Reisebüros in Deutschland. Die Vorbereitungen auf einen Start ins Auslandsreisegeschäft laufen bereits auf Hochtouren.

CSU-Chef Markus Söder reagierte hingegen verhalten. Er forderte, über Lockerungen für Urlaubsreisen solle der Koalitionsausschuss von Union und SPD kommende Woche beraten und diskutieren. Er persönlich sei skeptisch, was große Urlaubsreisen angehe. In Italien und Frankreich gebe es noch ganz andere Infektionszahlen. Das müsse auf Bundesebene gut überlegt werden, gab Söder zu bedenken. Und das könne auch keine Einzelentscheidung eines Ministers sein, sondern das sei eine Grundsatzfrage der Koalition.

Der italienische Außenminister Luigi Di Maio machte sich unterdessen für einen gemeinsamen Neubeginn des europäischen Tourismus Mitte Juni stark. «Arbeiten wir darauf hin, dass wir am 15. Juni in Europa alle gemeinsam neu starten können: der 15. Juni ist für den Tourismus ein bisschen der europäische D-Day», sagte Di Maio dem Fernsehsender Rai am Dienstag.

Der Begriff «D-Day» leitet sich von der Landung der Alliierten in der Normandie 1944 ab und steht sinnbildlich für einen bedeutungsschweren Tag. «Deutschland steuert darauf zu, am 15. Juni wieder zu öffnen», sagte Di Maio, «mit Österreich werden wir arbeiten, und wir arbeiten mit anderen europäischen Ländern.» Italien will seine Grenzen vom 3. Juni an für Touristen wieder öffnen. Ungewiss ist noch, ob Österreich auch gegenüber Italien öffnet. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Spitzengremium des DEHOGA bekräftigt Forderung nach einheitlich sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Essen und drängt auf den sofortigen Stopp drohender neuer bürokratischer Belastungen. Es gehe um Fairness im Wettbewerb und die Zukunftssicherung der öffentlichen Wohnzimmer.

Gastronomie und Hotellerie in Deutschland haben weiterhin mit großen Problemen zu kämpfen. Die Betriebe beklagen Umsatzverluste, Kostensteigerungen sowie die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes hervor, an der sich 3.175 gastgewerbliche Unternehmer beteiligten.

Die Teil-Legalisierung von Cannabis konnte Bayern nicht verhindern. Dafür arbeitet die Staatsregierung nun an Kiff-Verboten für konkrete Bereiche. Darunter könnten Volksfeste, Biergärten und in Außenbereichen von Gaststätten gehören. Verstöße gegen das Cannabis-Gesetz werden teuer.

Der Slogan «Leistung muss sich wieder lohnen» ist schon etwas angestaubt. Die FDP poliert ihn jetzt auf. Und schlägt unter anderem steuerliche Anreize für bestimmte Leistungsträger vor.

Finanzminister Christian Lindner will Hobbybrauer, die Bier zum eigenen Verbrauch herstellen, bei der Steuer entlasten. Künftig sollen sie pro Jahr 500 Liter Bier steuerfrei brauen dürfen.

Mit dem Projekt COMEX der Bundesagentur für Arbeit/ZAV werden seit 2022 Köchinnen und Köche aus Mexiko in Hotels und Restaurants in Deutschland vermittelt. Der DEHOGA begleitet das Projekt von Anfang an.

Die Bundesagentur für Arbeit hat den DEHOGA Bundesverband informiert, dass für die Arbeitsmarktzulassung (AMZ) von Arbeitnehmern aus Drittstaaten zusätzliche Teams und neue Standorte eingerichtet und die Zuständigkeiten neu verteilt wurden. Grund dafür ist die erwartete Zunahme der Erwerbszuwanderung.

Es fehlen Fachkräfte - in zunehmender Zahl. Künftig sollen vermehrt Menschen aus dem Ausland diese Lücken schließen. Nun geht das Land neue Wege, diese Kräfte schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen.

Der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern hat die Ausweitung der Steuer von Privat- auf Geschäftsreisende in Schwerin als Abzocke kritisiert. Die Bettensteuer – wie auch die Tourismusabgaben – würden Verbraucher und Betriebe durch höhere Preise und Bürokratie belasten.

Die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse von Geflüchteten aus der Ukraine gelten bis zum 4. März 2025. Darüber informierte das Bundesinnenministerium den DEHOGA Bundesverband und andere Wirtschaftsverbände.