Tarifstreit im Gastgewerbe in Rheinland-Pfalz - Ringen um Löhne und Laufzeit

| Politik Politik

Die Tarifverhandlungen für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Rheinland-Pfalz befinden sich in einer kritischen Phase. Während der Arbeitgeberverband DEHOGA Rheinland-Pfalz ein mehrstufiges Angebot für Gehaltswachstum vorlegt, kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Landesbezirk Südwest dieses als „Mogelpackung“. Das Gastgewerbe zählt mit über 148.000 Mitarbeitenden zu den größten Branchen im Land.

Dreistufen-Modell des DEHOGA stößt auf Gewerkschaftskritik

Der DEHOGA schlägt für frisch ausgebildete Fachkräfte eine Staffelung des Ecklohns in drei Schritten vor: auf 2.800 Euro ab dem 1. Januar 2026, auf 2.900 Euro ab dem 1. Januar 2027 und schließlich auf 3.000 Euro ab dem 1. Januar 2028. Insgesamt sieht das Angebot über eine Laufzeit von 45 Monaten (vom Ende des alten Tarifvertrags am 31. März 2025 bis Ende 2028) Steigerungen von 3,5 Prozent ab 2026, 3,6 Prozent ab 2027 und 3,4 Prozent ab 2028 vor.

Präsident Gereon Haumann vom DEHOGA Rheinland-Pfalz betont, man wolle faire und verantwortbare Löhne ermöglichen, die im Einklang mit der wirtschaftlichen Realität der meist kleinen und mittleren Betriebe stünden. Das Ziel sei ein Tarifabschluss, der den Beschäftigten Perspektive und Aufstiegschancen biete, aber gleichzeitig die Existenz der Betriebe nicht gefährde. Haumann erklärte: „Tarifpolitik braucht Verantwortung auf beiden Seiten.“

NGG kritisiert „Leermonate“ und geringe jährliche Steigerung

Die NGG lehnt das Angebot ab. Landesbezirkssekretär und Verhandlungsführer Alexander Münchow kritisiert insbesondere die geplante Laufzeit. Wegen der sogenannten 9 Leermonate – vom 31. März 2025 bis zum 31. Dezember 2025 soll es keine Erhöhung geben – entspreche das gesamte Volumen über 45 Monate lediglich einer Steigerung von rund 2,9 Prozent pro Jahr.

Münchow merkte an: „Während Preise für Miete, Lebensmittel und Energie seit dem letzten Tarifabschluss 2021 stark gestiegen sind und hoch bleiben, sollen die Beschäftigten zusätzlich noch mit einer Nullrunde von neun Monaten abgespeist werden. Das ist Missachtung ihrer Arbeit und der enormen finanziellen Belastungen der letzten Jahre.“ Er bezeichnete das Erreichen des 3.000-Euro-Einstiegsgehalts für Fachkräfte erst im Jahr 2028 als „viel zu spät“. Die Beschäftigten bräuchten jetzt mehr Kaufkraft, nicht erst in drei Jahren.

Die NGG fordert 14,5 Prozent mehr Entgelt und ein Einstiegsgehalt von mindestens 3.000 Euro für Fachkräfte, plus 200 Euro für alle Azubis. Gefordert wird eine kurze Laufzeit des Anschlusstarifvertrages von zwölf Monaten.

Mindestlohn und Mehrwertsteuer als Streitpunkte

Ein weiterer strittiger Punkt ist die Entlohnung der untersten Entgeltgruppe. Nach dem Willen des DEHOGA sollen ungelernte Einstiegskräfte künftig nur noch mit dem gesetzlichen Mindestlohn entlohnt werden. Der Verband begründet dies mit klaren wirtschaftlichen Grenzen, besonders im Hinblick auf die deutlichen Steigerungen des gesetzlichen Mindestlohns. Frühere Lösungen wie „Mindestlohn plus 5 Prozent“ könnten unter diesen Rahmenbedingungen nicht fortgeführt werden.

Die NGG lehnt diesen Ansatz vehement ab. Münchow betont, wer eine ganze Branche Richtung Mindestlohn schiebe, mache sie kaputt. Dies verschärfe den Arbeitskräftemangel, sorge für Altersarmut und treibe die Beschäftigten aus dem Beruf.

Die Gewerkschaft verweist zudem auf die geplante Mehrwertsteuersenkung für Speisen von 19 Prozent auf 7 Prozent ab dem 1. Januar 2026. Dadurch verblieben 12 Prozentpunkte mehr vom Umsatz im Unternehmen. „Wenn Betriebe 12 Prozentpunkte mehr vom Umsatz behalten dürfen, können sie faire Löhne zahlen. Das Geld ist da!“, so Münchow.

Die NGG strebt darüber hinaus eine Allgemeinverbindlichkeit des zukünftigen Entgelttarifvertrags an. Laut der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit arbeiteten im Gastgewerbe in Rheinland-Pfalz im Dezember 2024 45.000 sozialversicherungspflichtige und 54.000 geringfügig entlohnte Beschäftigte.

Münchow sieht das vorliegende Angebot nicht als Grundlage für einen Tarifabschluss und forderte den DEHOGA auf, ein ernsthaftes Angebot vorzulegen, das die Realität der Beschäftigten respektiere.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Verbesserter Datenaustausch und digitale Prüfungen sollen den Kampf gegen illegale Beschäftigung effektiver machen. In der letzten Woche hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung verabschiedet. Der DEHOGA begrüßt die angestrebte Bürokratieentlastung, mahnt aber Ursachenbekämpfung an.

Das Europäische Parlament hat den Weg für eine deutliche Entbürokratisierung im Bereich Lieferketten, Nachhaltigkeitsberichterstattung und Taxonomie freigemacht. Der DEHOGA begrüßt die damit verbundene Chance auf durchgreifende Vereinfachungen und einen mittelstandsfreundlicheren Ansatz.

Die Koalition plant die Senkung der Luftverkehrsteuer. Das Vorhaben polarisiert: Während die Reisewirtschaft eine Trendwende und Entlastung sieht, hagelt es Kritik von Umwelt- und Klimaschützern.

Nach 36 Jahren beim DEHOGA Bundesverband und fast 20 Jahren als Hauptgeschäftsführerin ist Ingrid Hartges heute in Berlin offiziell verabschiedet worden. Die feierliche Veranstaltung fand im JW Marriott Hotel Berlin statt und vereinte führende Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Medien der Branche und ihrer Partner.

Das bestehende Minijob-System steht im Zentrum einer politischen Debatte. Eine Gruppe von Unions-Bundestagsabgeordneten sehen in der geringfügigen Beschäftigung einen „Systemfehler“, der reguläre Arbeit verdrängt und unsozial sei. Der DEHOGA Bundesverband hingegen warnt eindringlich vor den Konsequenzen einer Abschaffung.

Studierende in Niedersachsen sollen bald wieder ein warmes Mittagessen für 2,50 Euro bekommen. SPD und Grüne im Landtag wollen das sogenannte «Niedersachsen-Menü» an allen Hochschulen im Land neu auflegen. Fünf Millionen Euro sind dafür eingeplant.

Darf die EU Kriterien für die Festsetzung von angemessenen Mindestlöhnen vorgeben? Das höchste europäische Gericht sagt in einem neuen Urteil Nein. Auf die Höhe des Mindestlohns in Deutschland hat die Entscheidung keine direkte Auswirkung.

Macht ein EU-Urteil Änderungen am deutschen Mindestlohn-System notwendig? Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie die Politik blicken an diesem Dienstag gespannt nach Luxemburg.

Vertreter von Bundesregierung, Bundesländern, Wirtschaft und Gewerkschaften haben für die duale Berufsausbildung in Deutschland geworben und auf akute Probleme auf dem Ausbildungsmarkt hingewiesen. Die Lage sei mehr als herausfordernd, sagte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche.

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) fordert eine rasche und dauerhafte steuerliche Entlastung für das Gastgewerbe. Der Verband sieht darin einen entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Innenstädte.