Zehn Lehren aus der Corona-Krise für einen digitalen Staat

| Technologie Technologie

Online-Parteitage und digitale Wahlen, virtuelle Behördengänge und papierlose Anträge, flächendeckende Breitbandversorgung und intelligente Verkehrs- und Stromnetze: Ausgehend von den Erfahrungen in der Corona-Krise hat der Digitalverband Bitkom einen Plan für die Digitalisierung von Politik, Verwaltung und öffentlicher Daseinsvorsorge vorgelegt.

„Politik und Verwaltung haben in der Corona-Krise vielerorts von null auf digital umgeschaltet. Der Staat machte aus der Not eine Tugend und ermöglichte digitale Anträge, schaffte Schriftformerfordernisse ab und ließ seine Beamten und Angestellten im Homeoffice arbeiten“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Jetzt geht es darum, diesen digitalen Wandel zu verstetigen und nachhaltig zu gestalten. Der Staat und alle seine Institutionen müssen ihre Lehren aus der Corona-Krise ziehen.“ Der Zehn-Punkte-Plan des Bitkom umfasst folgende Vorschläge:

1. Verwaltung konzertiert modernisieren
Die Modernisierung der Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen muss konzertiert erfolgen. Dieser Prozess sollte den Leitprinzipien „digital zuerst“ und „nutzerzentriert“ untergeordnet werden. Das Onlinezugangsgesetz zur Digitalisierung aller 575 Verwaltungsdienstleistungen muss wie avisiert bis 2022 umgesetzt werden.

2. Digitale Demokratie ermöglichen
Parlamente müssen auch in Krisenzeiten voll beschlussfähig bleiben. Daher sollten die rechtlichen Grundlagen für volldigitalisierte Abstimmungen geschaffen werden. In Parteien sollten Satzungen so weiterentwickelt werden, dass Wahl- und Nominierungsverfahren sowie weitere Abstimmungsverfahren online durchgeführt werden können. Die Sicherheit elektronischer Abstimmungen muss dabei an erster Stelle stehen.

3. Rahmenbedingungen für Smart Cities und Smart Regions schaffen
Deutschland benötigt als Smart Country eine erstklassige Infrastruktur. Zur Förderung einer bestmöglichen öffentlichen Daseinsvorsorge sollte ein bundesweites Kompetenzzentrum eingerichtet werden, das sich an digitale Städte und Regionen richtet. Überschuldeten Kommunen sollte ein Schuldenschnitt angeboten werden – unter der Bedingung, dass der gewonnene finanzielle Spielraum für die Digitalisierung genutzt wird. Zudem muss Deutschland stärker in die Netzinfrastruktur von Städten und Gemeinden investieren und smarte Mobilitätsökosysteme zum festen Bestandteil öffentlicher Infrastruktur machen.

4. Öffentliche Beschaffung digitalisieren
Für einen starken digitalen Staat braucht es einen Ende-zu-Ende-digitalisierten Beschaffungsprozess, von der Ausschreibung über die Angebotsvergabe bis zur elektronischen Rechnungsstellung unter Nutzung von E-Vergabeplattformen.

5. Digitale Infrastruktur ausbauen
Der digitale Staat muss Investitionen für einen Infrastruktur-Boost mobilisieren und die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Kommunikationsnetze verbessern. Der Ausbau sollte beschleunigt und entbürokratisiert werden, etwa durch vereinfachte Genehmigungsverfahren, Offenheit für innovative Verlegemethoden und die Bereitstellung öffentlicher Liegenschaften für den Mobilfunkausbau.

6. Den Staat als attraktiven Arbeitgeber weiterentwickeln
Im Wettbewerb um IT-Fachkräfte muss der Staat als Arbeitgeber attraktiver werden und die Durchlässigkeit zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst erleichtern, etwa indem ein unbürokratischer Quereinstieg ermöglicht wird. Neben der Modernisierung von Technologien und Prozessen ist auch ein Wandel in der Organisationsstruktur und -kultur erforderlich. Der Staat sollte seinen Beschäftigten flächendeckend Telearbeit ermöglichen – sowohl mit Blick auf die Ausstattung als auch hinsichtlich der Arbeitsprozesse.

7. Open Government Data nutzbar machen
Der Staat muss Open Data verstärkt bereitstellen und breit nutzbar machen. Ein offener Umgang mit Daten wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor, etwa mit Blick auf die Etablierung und Weiterentwicklung von Schlüsseltechnologien wie Blockchain und Künstlicher Intelligenz. Schnittstellen sollten standardisiert und geöffnet werden, um eine Bereitstellung von Open Government Data über offene Datenformate zu ermöglichen.

8. Ebenenübergreifende Zusammenarbeit stärken
Um Medienbrüche bei der Kommunikation staatlicher Stellen zu vermeiden, sollten technische Standards geschaffen werden. Dafür sollte ein IT-Architekturboard eingerichtet werden, das die gemeinsame Vernetzung und Entwicklung vorantreibt.

9. Sichere digitale Identifizierung ermöglichen
Sichere digitale Authentifizierungs- und Identifizierungswege sind Grundlage für eine effektive Digitalisierung unseres Staates und verhindern erfolgreiche Angriffe. Sorgen zur Sicherheit und zum Datenschutz digitaler Identitätslösungen müssen ernst genommen und adressiert werden. Moderne Verschlüsselungstechnologie erlaubt die Umsetzung eines digitalen Authentifizierungsstandards in vollständiger Anonymität und ohne unerlaubten Datenzugang für Dritte.

10. IT-Sicherheit als Grundlage der Verwaltungsdigitalisierung vorantreiben
Deutschland und Europa sollten Vorreiter in den Schlüsseltechnologien Quantencomputer, Quantenkryptographie und Postquantenkryptographie werden. Im Sinne der digitalen Souveränität sollte für sicherheitskritische Anwendungen ähnlich wie in den USA ein möglichst zeitnaher Umstieg auf Quantencomputer-resistente Verfahren angestrebt werden.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz hat sich in der deutschen Wirtschaft innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt. Eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass bereits 36 Prozent der Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern KI nutzen.

Booking Holdings, der Mutterkonzern von Booking.com, setzt verstärkt auf sogenannte Agentic AI, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Das Ziel: eine KI, die nicht nur Fragen beantwortet, sondern eigenständig die gesamte Reise organisiert – inklusive automatischer Updates bei Verspätungen.

Intelligente Beleuchtung, sprachgesteuerte Assistenten und sogar Roboter-Butler – die Hotellerie setzt verstärkt auf Technologie, um den Aufenthalt für Gäste komfortabler zu gestalten. Doch eine neue Studie enthüllt: Viele Reisende sind von den smarten Funktionen überfordert.

Kundenzufriedenheit ist längst mehr als eine hübsche Kennzahl im Reporting. Sie ist das Rückgrat jedes erfolgreichen Unternehmens. Wenn Menschen begeistert sind von einem Service oder Produkt, dann erzählen sie auch im Freundeskreis davon.

Marriott International treibt eine mehrjährige digitale und technologische Transformation voran. Dabei stehen auch die Entwicklung und der Einsatz von KI-Agenten im Fokus, um repetitive Aufgaben zu automatisieren und die Mitarbeiter zu entlasten.

Das Alpbachtal in Tirol startet ein Pilotprojekt, bei dem in 24 Beherbergungsbetrieben digitale Sprachassistenten eingesetzt werden. Mit dem Projekt „Alpbachtal Voice Concierge“ soll die Gästebetreuung durch die Automatisierung von Routineanfragen optimiert werden.

Die Circus SE, ein spezialisiertes Unternehmen für KI-Software und Robotik, kooperiert zukünftig mit dem Facility-Services-Anbieter Secura. Ziel der strategischen Partnerschaft ist es, die autonom arbeitenden Ernährungssysteme von Circus bei weiteren Großkunden von Secura zu etablieren - dazu zählen unter anderem Shell, General Electric, Thyssenkrupp und Audi.

Eine neue Studie enthüllt, welche Plattformen bei Firmen wirklich punkten. Während eine alte Bekannte an der Spitze steht, verliert ein anderer Social-Media-Riese deutlich an Boden.

Deutschland hat sich bei der Digitalisierung im EU-Vergleich wieder etwas verbessert und belegt nun unter den 27 Mitgliedstaaten den 14. Platz. Im Vorjahr lag Deutschland noch auf Rang 16, hatte in den Jahren 2021 bis 2023 aber auch schon bessere Werte erzielt.

Pressemitteilung

In Hotels, Pflegeeinrichtungen oder kommunalen Gebäuden bleibt Energiesparen trotz moderner Technik oft Stückwerk – weil die Systeme nicht miteinander kommunizieren. Ob Raumbelegung, Fensterstatus oder Wunschtemperatur: Die Daten liegen meist in verschiedenen Anwendungen vor, sind nicht vernetzt – und führen so zu unnötigem Energieverbrauch.