KaDeWe statt Neuschwanstein: Shopping-Tourismus in Deutschland boomt

| Tourismus Tourismus

Von Erich Reimann, dpa

Das Schloss Neuschwanstein, der Kölner Dom und das Brandenburger Tor sind längst nicht mehr die einzigen Attraktionen, die Touristen nach Deutschland locken. Mindestens genauso anziehend finden viele Reisende aus dem Ausland inzwischen das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe, Edel-Einkaufsmeilen wie die Königsallee in Düsseldorf oder Schnäppchenparadiese wie die Outletcity Metzingen.

Beispiel KaDeWe: Nur rund die Hälfte der jährlich rund zehn Millionen Kunden in Berlins Luxus-Warenhaus wohnt in der Metropole, wie der Chef der KaDeWe-Gruppe André Maeder vor einiger Zeit verriet. «Die andere Hälfte beseht zu ungefähr gleichen Teilen aus deutschen und internationalen Touristen».

Vor allem Touristen aus Nicht-EU-Ländern wie China, Russland und den Golfstaaten shoppen gerne - auch deshalb, weil sie sich bei der Ausreise die Umsatzsteuer erstatten lassen können. Während die einheimische Kundschaft in den vergangenen Jahren auch wegen des Siegeszuges des Onlinehandels immer seltener den Weg in die deutschen Innenstädte fand, stieg die Zahl der Touristen aus Nicht-EU-Ländern - in den vergangenen zehn Jahren um satte 75 Prozent auf über 16 Millionen.

Die zollfreien Shopping-Ausgaben dieser Gruppe haben sich sogar mehr als verdoppelt - von 1,0 auf 2,5 Milliarden Euro, wie aus einer aktuellen Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI im Auftrag des Tax-Free-Dienstleisters Global Blue hervorgeht.

Als extrem konsumfreudig erwiesen sich demnach vor allem die Chinesen. Auf sie entfielen der Studie zufolge über 40 Prozent der Tax-Free-Umsätze. Auf Platz zwei folgten - mit erheblichem Abstand - die Touristen aus Russland, auf Rang drei die Urlauber aus den Golfstaaten. Zusammen vereinigten die Touristen aus diesen drei Regionen fast zwei Drittel der zollfreien Shopping-Umsätze in Deutschland auf sich.

Am meisten gekauft werde Mode und Bekleidung. Darauf entfielen gut die Hälfte aller Ausgaben, berichtete das EHI. Auf Rang zwei in der Beliebtheitsskala folgten demnach Uhren und Schmuck mit einem Umsatzanteil von 30 Prozent.

Der Handel bemüht sich, den weit gereisten Kunden den Einkauf so einfach wie möglich zu machen. So können chinesische Touristen in immer mehr Läden in Deutschland mit Alipay zahlen, dem Bezahldienst des chinesischen Online-Giganten Alibaba. Der Kaufhof akzeptiert Alipay ebenso wie die Modekette Breuninger oder die Drogeriemarktketten Rossmann und dm. Man wolle Besuchern aus China eine Zahlungsart anbieten, «mit der sie vertraut sind», betonte dm- Manager Martin Dallmeier.

Am meisten profitieren in Deutschland die Einkaufsmetropolen München, Frankfurt und Berlin von der Kauflust der Shopping-Touristen. Mit einigem Abstand folgen Düsseldorf, Hamburg und Köln. In vielen besseren Warenhäusern und Edel-Boutiquen ist Personal, das Mandarin, Russisch oder Arabisch spricht, deshalb nichts Ungewöhnliches mehr.

Ganz risikolos ist die verstärkte Ausrichtung auf die Kundengruppen aus dem Ausland für die Einzelhändler aber nicht. Das zeigte sich gerade in den vergangenen Jahren. Zwar lagen die Ausgaben der Touristen aus Nicht-EU-Ländern 2018 mit rund 2,5 Milliarden Euro deutlich höher als noch vor zehn Jahren. Doch auch deutlich niedriger als im Rekordjahr 2015, als in Deutschland noch für mehr als 3,6 Milliarden Euro zollfrei eingekauft wurde.

Für den Umsatzeinbruch gebe es eine ganze Reihe von Gründen, heißt es in der EHI-Studie: Allen voran die Einführung von Importzöllen auf Luxusgüter in China. «Chinesische Touristen, die im Ausland gekaufte Waren im Wert von mehr als 5000 Yuan (ca. 650 Euro) mit sich führen, müssen darauf seit 2016 zwischen 30 und 70 Prozent Steuern zahlen, was den rein preislichen Anreiz des chinesischen Shopping-Tourismus stark gedämpft hat», heißt es in der EHI-Studie. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Bain zum Luxusmarkt kaufen inzwischen immer mehr Chinesen in ihrem Heimatland Designerkleidung und Edeluhren.

Die wirtschaftlichen Probleme in Russland hätten außerdem dazu geführt, dass die Zahl der russischen Touristen zeitweise deutlich gesunken sei. Und auch im arabischen Raum habe es ähnliche Probleme gegeben.

Doch haben die Branchenkenner des EHI auch gleich einen Vorschlag, wie die Händler in Deutschland das Risiko beim Shopping-Tourismus verringern können. Sie empfehlen: Die Einzelhändler sollten verstärkt auch die Touristen aus der Schweiz und den USA ins Visier nehmen - und sie besser über die Vorteile des zollfreien Einkaufs aufklären.

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Regierung der Kanarischen Inseln hat eine neue Regelung für die Ferienvermietung eingeführt. Das Gesetz beinhaltet ein fünfjähriges Moratorium für die Genehmigung neuer touristischer Apartments und überträgt lokalen Gemeindeverwaltungen weitreichende Kontrollbefugnisse.

Die TUI Group hat ihre Erwartungen für das Geschäftsjahr 2025 übertroffen. Vorläufige Zahlen zeigen einen signifikanten Anstieg des bereinigten EBIT, getragen von den Segmenten Hotels & Resorts sowie Kreuzfahrten.

Berlin hat im laufenden Jahr bisher weniger Besucherinnen und Besucher angezogen als in den Vorjahren. Knapp 9,2 Millionen Gäste besuchten in den ersten neun Monaten 2025 die Hauptstadt.

​​​​​​​Tripadvisor hat seine Finanzergebnisse für das dritte Quartal 2025 bekannt gegeben und gleichzeitig eine tiefgreifende Umstrukturierung eingeleitet. Diese Neuausrichtung soll das Unternehmen als einen durch Erlebnisse geführten und KI-fähigen Konzern positionieren. Als Folge der strategischen Verschiebung wird ein Personalabbau vorgenommen.

Die Europäische Union hat einen entscheidenden Schritt zur Harmonisierung der Emissionsberechnung im Transportwesen vollzogen. Nach langjährigem Prozess wurde eine politische Einigung erzielt. Diese schafft einen gemeinsamen Rahmen und legt eine einheitliche Methode zur Berechnung von Treibhausgasemissionen im Güter- und Personenverkehr fest.

Mehrere Millionen Menschen reisen jedes Jahr in ein kleines südbadisches Dorf, um den Europa-Park zu besuchen. Eine Schweizer Familie knackt eine besondere Marke - und bekommt Geschenke.

Sommer, Sonne, volle Strände – so stellen sich viele den Urlaub in Schleswig-Holstein vor. Doch auch im Winter zieht Deutschlands nördlichstes Bundesland zahlreiche Besucher an. Besonders der Dezember gilt als kleine Hochsaison.

Walfleisch und unversteuerte Zigaretten finden Beamte in Kiel und Hamburg immer wieder im Reisegepäck: Besonders während der Kreuzfahrt-Saison sind die Beamten von Zoll und Bundespolizei gefordert.

Die niedersächsische Tourismusbranche steht durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast 80 Prozent der Betriebe bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vor allem an den Kosten scheitern.

Thüringens Tourismusbranche hat im vergangenen Jahr mehr Umsatz erwirtschaftet. Tagesausflüge sorgen für fast die Hälfte. Wie viel geben Besucher im Schnitt aus – und wer profitiert am meisten?