In der Generation Y und Z galt es lange Zeit geradezu als chic, häufig den Job zu wechseln. Doch inzwischen legen Unternehmen wieder mehr Wert auf beständigere Lebensläufe ihrer Bewerber – insbesondere, wenn es um Spitzenpositionen geht. Wer zu häufig den Arbeitsplatz wechselt, gerät heute leicht in die Sackgasse.
Sie kennen das vielleicht aus den zahlreichen Einstellungsgesprächen, die Sie geführt haben, um fähige Mitarbeiter für Ihren Betrieb zu gewinnen: es gibt einfach zu viele Job Hopper. Und ihre Rechtfertigungen für die zahlreichen Wechsel gleichen sich wie eineiige Zwillinge. „Schließlich habe ich dadurch viele Erfahrungen gesammelt und viele Betriebe kennengelernt,“ sagt ein junger Nachwuchsmanager. Was er da unter Erfahrung versteht, wenn er alle acht bis zwölf Monate zum nächsten Arbeitgeber springt, kann er allerdings nicht so recht definieren. Für andere ist es das schlechte Betriebsklima, der „unmögliche Boss“, die Bezahlung (ein Unternehmen nebenan hatte ein paar EURO mehr geboten) oder der ständige Stress im Job. Die Aufzählung von Gründen ließe sich endlos fortsetzen. Auffallend oft taucht auch auf: „Mein Chef ist gegangen und hat mich mitgenommen“. Kurios ist nur, dass diese Seilschaften oft nicht sehr lange halten. In der Tat, es gab Zeiten, da galt es als selbstverständlich, ja geradezu berufstypisch, alle paar Monate, mindestens aber jedes Jahr nach neuen Ufern Ausschau zu halten. Die Relikte dieser Zeit tauchen heute noch in regelmäßigen Abständen als Bewerber auf. Irgendwie, jeder wundert sich, haben sie es dennoch geschafft, auf diesem Job-Marathon in Führungsverantwortung zu gelangen. Wie lange sie dort aushalten, ist eine andere Sache.
Job-Hopping als Karrierebremse
Doch gottlob macht sich bei Personalentscheidern der Wunsch nach Kontinuität, Bodenständigkeit und Tiefgang breit. Nomadentum ist, vor allem bei Führungskräften, nicht mehr erwünscht. Wer schon nach ein oder zwei Jahren seinen Job an den Nagel hängt, gilt oft als labil und wenig belastbar. Es fehlt ihm an Zielorientierung, Stehvermögen, Resilienz, insbesondere dann, wenn sich Probleme in den Weg stellen und Konflikte gelöst werden müssen. Viele werfen zu früh die Flinte ins Korn und ergreifen die Flucht. Kein Wunder, dass sie so die Anforderungen ihrer (Führungs-) Aufgabe nur oberflächlich kennenlernen. Von Tiefgang kann keine Rede sein, geschweige denn von echtem beruflichen Erfolg. HR-Abteilungen meiden bei der Kandidatenauswahl daher heute nicht selten die Job Hopper.
Bedenkt man, dass unsere Wirtschaft gerade in stürmischer See standfeste Kapitäne braucht, so ist es verständlich, dass Leichtgewichte und Flattermänner in diesen unseren Zeiten wenig Chancen haben. Zu leicht lassen sie sich bei Windstärke zwölf von Bord wehen oder überlassen die Mannschaft (mit fadenscheinigen Rechtfertigungen) ihrem Schicksal, um die eigene Haut zu retten.
Ausgerechnet diese Zeitgenossen sind es oft, die beklagen, man hätte ihnen keine Chance zur Entwicklung gegeben, Gehaltserhöhungen, Beförderungen seien ihnen vorenthalten worden. Hart ist das Leben. Wer oft rotiert, der landet eben irgendwann im Abseits.
Über den Autor Albrecht von Bonin
Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.
Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.
Wirksamkeit braucht ihre Zeit
Böse Worte, sagen Sie? Nein, fragen Sie sich selbst, wie lange Sie in Ihrer Führungsposition geackert haben, um von ersten Anfangserfolgen sprechen zu können. Und wieviel Zeit Sie gebraucht haben, um von Ihrer Mannschaft als Vorbild und Führungskraft akzeptiert zu werden. Und wie häufig mussten Sie bei Ihren Key Accounts in zeitfressenden Gesprächen vertrauensbildende Maßnahmen durchführen, damit sie nicht von der Fahne gingen. Wieviel Zeit und stete kleine Tropfen mussten den Stein des Erfolges höhlen. Und dann- stellten Sie fest, dass es eigentlich immer noch Anfangserfolge waren. Und Sie mussten erkennen, dass die wahre Kunst einer Führungspersönlichkeit der dauerhafte Erfolg und das stete, gesunde Wachstum sind. Und die erfordern Zeit- mehr als ein oder zwei Jahre.
Wer sich heute mit Wechselabsichten trägt, sollte sich zunächst fragen: Was habe ich dazu beigetragen, dass der Zustand meiner Unzufriedenheit verfliegt? Und: Habe ich alles getan, um den Zenit meines derzeitigen Jobs zu erreichen? Welche Gründe auch immer den Jobwechsler zum Blick in Nachbars Garten bewegen, er sollte sich fragen, ob das Problem nicht vielleicht bei ihm selbst liegt und wie groß die Chance der Wiederholung beim nächsten Arbeitgeber ist. Und – last but not least – ist das Gras auf der anderen Seite des Zaun wirklich grüner?
Machen wir uns nichts vor: Manche Gründe sind oft nur Vorwände, um die Augen vor den eigenen Problemen oder Defiziten zu verschließen. Häufige Arbeitsplatzfluchten sind oft ein Weglaufen vor den eigenen Misserfolgen und unbewältigten Problemen: Innere Unruhe, Konfliktscheue, Orientierungs- und Ziellosigkeit. Viele Job Hopper leiden auch an Bindungsunfähigkeit. Sie wollen nur das Neue, etwas erobern. Sie schaffen es aber nicht, sich mit Kollegen und Chefs zu arrangieren, sich dauerhaft in ein Team einzubringen, Konflikte zu lösen und den unvermeidlichen Alltagsfrust durchzustehen. Misstrauen und Angst vor Enttäuschungen, persönliche oder fachliche Unfähigkeit, nicht abgeben oder loslassen können sind oft die Hintergründe. Fehlende Empathie verhindert die Akzeptanz des Teams.
Schuldlos ohne Job
Gewiss fällt Ihnen auf, dass ich noch nicht von den Führungskräften gesprochen habe, die mehr oder weniger unverschuldet zu häufigen Jobverlusten gezwungen wurden: Firmenpleiten, Umstrukturierungen, krisenbedingte Einsparungen von Führungspositionen etc. konnten diese Kandidaten bei ihrer Einstellung vielleicht nicht vorhersehen. Die einzige Frage, die sich hier stellt: „Habe ich im Vorfeld meiner Bewerbung sorgfältig genug recherchiert, um die Anzeichen des Desasters rechtzeitig zu erkennen?“ Schließlich kann akribische Marktrecherche (online oder im eigenen Netzwerk) zu eindeutigen Informationen führen. „Oder hat meine Euphorie über den neuen Job und das attraktive Gehaltsangebot mich blind gemacht für lauernde Gefahren?“
Wie auch immer - zahlreiche Beispiele von wirklich großen Leuten der Wirtschaft beweisen nicht selten: dauerhaft erfolgreiche Karrieren gehen nicht hektisch, sondern kritisch und in aller Ruhe voran. Denn- in der Ruhe liegt die Kraft.
Autor
Albrecht von Bonin
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