Nicht nur aus Lübeck - auch Berlin ist eine Stadt des Marzipans

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Lübecker Marzipan kennt jeder, Königsberger mit seiner typisch gebräunten Oberfläche noch einige, aber Berliner Marzipan? Ist eher weniger bekannt. Dabei gehört Berlin-Neukölln mit seinen zwei Fabriken zu den wichtigsten Produktionsstandorten bundesweit. Insgesamt etwa 13 000 Tonnen Marzipanrohmasse werden hier laut Herstellern pro Jahr produziert - fast die Hälfte der bundesweiten Produktion. Deutschlandweit waren es im vergangenen Jahr laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie rund 28 000 Tonnen.

Sven Hell, Geschäftsführer von Lemke Marzipan, erklärt den relativ geringen Bekanntheitsgrad des Berliner Marzipans so: «Die Lübecker waren einfach cleverer und haben sich den Namen schützen lassen.» Lemke Marzipan, 1902 gegründet, gilt als Berlins älteste Marzipanfabrik. «Zumindest in Berlin kennt jeder Lemke Marzipan», ist er überzeugt.

«Lübecker Marzipan ist auch bekannter, weil es viel stärker im Einzelhandel vertreten ist», ergänzt seine Marketingchefin Janine Judetzki. Wie auch der Konkurrent Moll Marzipan produziert Lemke vor allem für Großkunden und die Weiterverarbeitung im In- und Ausland. Ihr Marzipan findet sich zum Beispiel in Schokolade, Stollen, Kuchen und Pralinen.

Angestaubtes Image, aber Absatz bleibt konstant

Das Ansehen der süßen Masse, darüber sind sich die Geschäftsführer der beide Unternehmen einig, ist allerdings nicht das Beste. «Marzipan hat ein etwas angestaubtes Image», sagt Armin Seitz, der Chef von Moll-Marzipan. Dennoch sei der Absatz seit Jahren konstant. «Die deutschen Hersteller haben es jahrelang versäumt, dem Marzipan ein frisches Image zu geben», sagt auch Sven Hell. «Marzipan wird leider noch zu oft als biederes, altbackenes Produkt wahrgenommen», meint Janine Judetzki.

Mit Produkten in neuen Geschmacksrichtungen wie etwa «Salzkaramell» oder «Sonnige Orange» setzt Lemke Marzipan dem altbackenen Image etwas entgegen und will neue Kunden erreichen. «50 Prozent der Menschen mögen Marzipan, die anderen 50 Prozent nicht», sagt Sven Hell. Ein süßlicher Duft umgibt das Werk in der Späthstraße. In den Hallen werden jedes Jahr etwa 5000 Tonnen Mandeln aus Kalifornien und dem Mittelmeerraum gereinigt, geschält, gemahlen und mit Zucker und Wasser zu der Rohmasse verarbeitet. «Die Rohmasse darf höchstens 35 Prozent Zucker enthalten», erklärt Janine Judetzki.

Aus ihr und weiterem Zucker werde schließlich Marzipan oder Edelmarzipan hergestellt. Die genauen Qualitätskriterien seien in den «Leitsätzen für Ölsamen und daraus hergestellte Massen und Süßwaren» festgelegt. «Man kann es auch mit dem Reinheitsgebot für Bier vergleichen», so Judetzki.

Streng geregelt ist auch die Bezeichnung «Lübecker Marzipan». Laut Lübecker Marzipanverein darf die Bezeichnung nur von Herstellern aus Lübeck und Umgebung genutzt werden. Auch die Qualität hat ihre Besonderheiten. Während handelsübliches Marzipan je zu 50 Prozent aus Rohmasse und Zucker bestehen könne, dürfe bei Lübecker Marzipan nur 30 Prozent Zucker zugesetzt werden, erklärt Kathrin Gaebel, Sprecherin von Niederegger Marzipan in Lübeck. Bei «Edelmarzipan» dürfe der zugesetzte Zuckeranteil sogar nur bei zehn Prozent liegen, sonst seien es 30 Prozent.

Während Lemke auch in einem Werksverkauf und online seine Produkte an Endverbraucher bringt, will sich Seitz nicht auf Kleinteiliges einlassen. Wegen der Konzentration auf das Direktkundengeschäft ist die kleinste Verkaufseinheit hier eine Tonne. «Wir sehen unser Kerngeschäft in der Produktion für die Industrie und den Großhandel», erläutert Seitz.

Neue Fabrik in Neukölln geplant

Er plant eine neue Fabrik, die 2025 an den Start gehen soll. Der Kaufvertrag für das Grundstück - ebenfalls in Neukölln - sei in Vorbereitung. Wachstumspotenzial sieht Seitz in anderen Mandelprodukten wie Gries, Mandelstiften, Mandelmus, gehobelten Mandeln oder auch Nussprodukten. Diese lägen als Bestandteil gesunder Ernährung im Trend. Auch die Firma Lemke will mit «jungen, dynamischen» Produkten gesundheitsbewusste Käufer erreichen. Dazu zählen etwa «Mampf-Mandeln» zum Snacken oder Mandel-Öl.

Das Weihnachtsgeschäft haben beide Unternehmen abgeschlossen. Die nächste Weihnachtssaison startet dann wieder im Frühling. «Marzipan ist ein klassisches Geschäft der kalten Jahreszeit, die größten Verkaufszahlen haben wir aber im August, September und Oktober», so Seitz. Schließlich müssten die Kunden das Marzipan ja noch verarbeiten und rechtzeitig vor Weihnachten in den Handel bringen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlichte aktuelle Zahlen zur Herstellung und zum Außenhandel von kakaohaltigen Schokoladenerzeugnissen für das Jahr 2024. Obwohl die Produktion im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken ist, zeigt sich im Fünf-Jahres-Vergleich eine deutliche Steigerung.

Dienstpläne können eine komplexe Angelegenheit sein - und führen nicht selten zu Streit. Wer seine Rechte kennt, kann Probleme mit dem Arbeitgeber oder dem Team besser lösen. Ein Überblick.

Darf ein Chef verlangen, dass eine Kündigung zunächst geheim bleibt? Eine Fachanwältin erklärt, wann Beschäftigte tatsächlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Der europäische Dachverband des Gastgewerbes, HOTREC, hat eine Studie veröffentlicht, die die Auswirkungen der Besteuerung auf den Gastgewerbesektor in den 27 EU-Mitgliedsstaaten analysiert. Die Untersuchung stellt fest, dass selbst scheinbar geringfügige Mehrwertsteueränderungen erhebliche wirtschaftliche Verluste in der Branche auslösen können.

Die zehnte Ausgabe des Ernährungsreports beleuchtet die Prioritäten der deutschen Bevölkerung beim Essen. Während Geschmack und Gesundheit unangefochten an der Spitze stehen, gewinnen Kriterien wie Preis, schnelle Zubereitung, Tierwohl und Regionalität deutlich an Bedeutung. Der tägliche Fleischkonsum sinkt, die Wahrnehmung des Nutri-Scores steigt stark an.

Im dritten Quartal dieses Jahres sind die Bruttolöhne in Deutschland erneut stärker gestiegen als die Verbraucherpreise. Daraus ergibt sich eine Reallohnsteigerung um rund 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das ist der höchste Zuwachs im laufenden Jahr.

Der Entwurf zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung sieht eine Anhebung der amtlichen Sachbezugswerte für Verpflegung und Unterkunft zum 1. Januar 2026 vor, die für die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Bewertung von Sachbezügen an Arbeitnehmer relevant sind.

Das Jahresende naht und damit auch die Weihnachtszeit. Für manche gibt es da noch eine zusätzliche Bescherung vom Arbeitgeber: Weihnachtsgeld. Doch wer hat eigentlich Anspruch darauf? Kann das jeder bekommen?

Eine aktuelle Analyse der DATEV zeigt, dass die Löhne und Gehälter in Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) seit 2022 deutlich gestiegen sind. Die Zuwachsraten liegen demnach nominal weiterhin über der Inflation. Dem Lohnwachstum der breiten Masse steht ein unterdurchschnittliches Wachstum bei den Gehältern von Geschäftsführern gegenüber.

Wie sind die Aussichten für die Beschäftigung in Deutschland? Während das Barometer des Ifo-Instituts schlecht ausfällt, sieht es beim IAB besser aus. Das könnte daran liegen, wer gefragt wurde.