Hinter den Kulissen des Guide Michelin – Ein ehemaliger Tester berichtet

| Gastronomie Gastronomie

Wenn am 17. Juni die neuen Michelin-Sterne bekannt gegeben werden, blickt die kulinarische Welt gespannt auf die Urteile der anonymen Tester. Ein ehemaliger Inspektor bricht für die HAZ (Abo) sein Schweigen und gewährt Einblick in die streng gehüteten Abläufe des wohl berühmtesten Restaurantführers der Welt.

Gute Produktqualität, Aromenklarheit und handwerkliches Können sind die Grundlage jeder Bewertung – nicht etwa ein einzelnes perfektes Gericht. Laut dem ehemaligen Tester scheitern viele Küchenchefs an fehlender Konstanz oder überambitionierten Kompositionen. „Gutes Kochen kommt aus der Seele“, sagt er.

Rund 140 Tage im Jahr war der Inspektor inkognito unterwegs. Die Arbeit sei fordernd, aber auch Leidenschaft: „Wir planen sogar Urlaube um Restaurants herum.“ Teaminterne Diskussionen über Sterne waren häufig emotional – vor allem, wenn es um den Sprung von zwei auf drei Sterne ging. Entscheidend war jedoch stets das kollektive Urteil und nicht der Geschmack einer Einzelperson.

Gerüchte über künstlich begrenzte Sterneanzahlen oder eine Bevorzugung französischer Lokale weist er zurück. Unterschiede in Produktqualität und Esskultur seien real, nicht Ergebnis einer Verschwörung. Trotz hoher Professionalität zeigt der Insider Verständnis für Kritik am „Sternen-Hype“. Der Guide sei heute auch ein mächtiges PR-Instrument. Letztlich, so sein Fazit, müsse ein Restaurant vor allem Gäste begeistern – und nicht nur Tester.

Auch intern ist der Druck hoch: Sternekonferenzen können hitzig verlaufen, der Ton wird direkt, die Meinungen prallen aufeinander. Die Tester sind Einzelkämpfer, die lernen müssen, ihrer Wahrnehmung zu trauen – und sie notfalls auch gegen Widerstände zu vertreten. Doch gerade diese Mischung aus Unabhängigkeit und kollegialer Diskussion sei es, die dem Guide Michelin seine besondere Autorität verleihe.

Das Interview führte Journalist Hannes Finkbeiner für die Hannoversche Allgemeine Zeitung. Es liefert seltene und ehrliche Einblicke in eine Branche, die oft mystifiziert wird – und rückt den Mythos der Sterne ein Stück näher an die Realität.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Guide Michelin Italien 2026 hat die neue Auswahl in Parma präsentiert, wobei insgesamt 25 Neuzugänge in den Sternekategorien ausgezeichnet wurden. Die diesjährige Ausgabe zeichnet ein neues Haus mit drei Michelin Sternen aus. Zugleich konnte Südtirol seine Position in der Spitzengastronomie festigen und zählt zwei neue Restaurants mit einem Stern.

Die Burger-Kette Jim Block ist nach Rostock zurückgekehrt und hat ihr zwölftes Restaurant in Deutschland eröffnet. Mit einem Investitionsvolumen von rund 1,3 Millionen Euro wurde das erste Jim Block-Lokal in Mecklenburg-Vorpommern am Freitag eröffnet. Das Unternehmen gehört zur Block-Gruppe, zu der auch das Steak-Restaurant Block House zählt.

Bei der offiziellen Zeremonie des Michelin Guide Northeast Cities 2025 wurden in der US-Stadt Philadelphia erstmals Restaurants ausgezeichnet. Drei Betriebe erhielten je einen Michelin-Stern, ein weiteres Restaurant wurde mit dem Grünen Stern für Nachhaltigkeit geehrt.

Die Stadtverwaltung von Florenz wird ab dem kommenden Jahr neue und deutlich strengere Regelungen für die Außengastronomie im historischen Zentrum einführen. In 50 Straßen der Altstadt wird diese komplett untersagt.

Im Hamburger „Pallas“ fand jetzt die 39. Deutsche Cocktail Meisterschaft (DCM) der Deutschen Barkeeper-Union (DBU) statt. Als Sieger ging Jakob Schröder hervor, der in Köln in der Bar „Toddy Tapper“ tätig ist. Er setzte sich mit seiner Kreation namens „Slow Motion“ gegen zehn Finalistinnen und Finalisten durch.

Die Einkaufsstraße Zeil in Frankfurt am Main ist um ein Gastronomiekonzept reicher. Die Fast-Food-Kette KFC hat dort ein neues Restaurant eröffnet, das nach eigenen Angaben als einziger Core-Plus-Store in Deutschland gilt. Das Konzept zeichnet sich durch innovative Services, Technologien und ein besonderes Storedesign mit lokalem Bezug aus.

Das Victor’s Fine Dining by Christian Bau im saarländischen Perl-Nennig feierte jetzt ein außergewöhnliches Jubiläum: Seit dem 21. November 2005 ist das Gourmetrestaurant ununterbrochen mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Der Festakt versammelte alle saarländischen Ministerpräsidenten der vergangenen zwei Jahrzehnte.

Eine aktuelle Umfrage von Lightspeed zeigt: Weihnachtsfeiern in der Gastronomie bleiben in Deutschland beliebt. Doch angesichts eines engen Budgetgürtels und hoher Preissensibilität müssen sich Restaurants etwas einfallen lassen. Neben gutem Essen und Service wünschen sich die Gäste nämlich vor allem maximale Planbarkeit.

Kloster Eberbach startet ein neues Kapitel seiner Gastronomie. Die Stiftung hat die Bewirtung der Klosterschänke selbst übernommen und eröffnet das Lokal am 16. November 2025 mit einem neuen Konzept. Unter der Leitung von Rosa Roccaro, einer Gastronomin mit sizilianischen Wurzeln, soll ein Ort entstehen, der Kulinarik und Kultur verbindet.

In der Grand Hall Zollverein in Essen fand am 17. November 2025 das große Doppelfinale zur 10. Auflage des Live-Wettbewerbs "Koch des Jahres" statt. Dies stellte einen historischen Moment dar, da die Finalisten von "Koch des Jahres" und "Patissier des Jahres" erstmals gleichzeitig antraten. Die Wettbewerbe wurden vor 1.200 Fachbesuchern und Medienvertretern ausgetragen.