Zeitenwende: Gastronomie stößt Händler vom deutschen Neuanmietungsthron

| Gastronomie Gastronomie

Zeitenwende in der Einzelhandelsvermietung: Erstmals seit Beginn der Erhebung, haben die Textilhändler ihre Spitzenposition als stärkster Flächenabnehmer im deutschen Einzelhandel verloren. Gastronomie und Food sichern sich heute die meisten Geschäftsflächen.

Das ergeben aktuelle Analysen des Beratungsunternehmens für Immobilien JLL. 68 Abschlüsse mit insgesamt 28.000 Quadratmetern wurden im ersten Quartal 2019 deutlich von Gastronomie/Food mit 31.000 Quadratmetern bei 80 Deals übertroffen. Noch vor ein paar Jahren hatte der Textilbereich konstant knapp die Hälfte der neuvermieteten Flächen für sich beansprucht.

Dirk Wichner, Head of Retail Leasing JLL Germany: „Der Umbruch im Textilhandel ist nicht nur am Anteilsrückgang des Flächenumsatzes zu erkennen, sondern auch an der Verteilung innerhalb des Segments. So hat die Sparte Young Fashion über die vergangenen fünf Jahre rund die Hälfte ihres Flächenvolumens verloren. Auf der anderen Seite wachsen Textildiscounter wie Ernsting's und TK Maxx mit sechs beziehungsweise drei Neuanmietungen spürbar, können die Schwäche der anderen Segmente aber nicht ausgleichen. Gastronomie und Food profitieren hingegen vom Vormarsch der Systemgastronomie, wie zum Beispiel L'Osteria und Burgerheart.“

Branchenübergreifend hielt der Markt seinen konstanten Kurs und setzte in den ersten drei Monaten des Jahres rund 118.000 Quadratmetern bei 263 Abschlüssen um. Das Resultat ist nahezu identisch zum Vorjahreszeitraum, als 268 Anmietungen mit 119.000 Quadratmetern registriert wurden. Auch das Vorgängerquartal Q4/2018 ist mit 276 Deals und 120.000 Quadratmetern sehr ähnlich verlaufen.

Nach der starken Bilanz 2018 sind die Big 10 hingegen verhalten ins neue Jahr gestartet - obwohl es durch viele innerstädtische Projektentwicklungen nicht an Flächen mangelt. 53.600 Quadratmetern wurden in den zehn Handelsmetropolen umgesetzt, was 39 Prozent des Gesamtergebnisses ist und unter dem Schnitt des gesamten Vorjahres von 44 Prozent liegt.

Positiv stachen Berlin, Frankfurt und Hamburg heraus, die ihr Vorjahresergebnis deutlich steigern konnten. Die Hauptstadt legte durch einige Markteintritte wie zum Beispiel die Herrenmodemarke "Ron Dorff" um 122 Prozent auf 17.500 Quadratmetern zu. Dahinter folgt Frankfurt dank der Neuausrichtung des "MyZeil" mit 13.300 Quadratmetern (+375%). Hamburg kommt mit Abstand und 6.000 Quadratmetern (+58%) noch auf das Podest. In der Hansestadt standen die Stadthöfe und der Bleichenhof im Fokus.

Neue Luxusmarken Kate Spade und Marni zieht es nach München München (3.600 Quadratmetern), Hannover (2.700 Quadratmetern) und Nürnberg (1.500 Quadratmetern) verzeichneten ebenfalls Wachstum im Vergleich zum Vorjahr - wenn auch auf anderem Niveau. "Zwar hat München wenige Großanmietungen, die Abschlüsse von Luxusmarken wie Kate Spade und Marni unterstreichen aber die große Anziehungskraft der Millionenstadt im gehobenen Segment", ordnet Wichner Quantität und Qualität ein.

Herausfordernder war der Markt indes in Köln, wo es von 12.500 Quadratmetern auf 4.400 Quadratmetern zurückging. Auch Leipzig musste mit 3.400 Quadratmetern nach 11.900 Quadratmetern im Vorjahr deutlich kleinere Brötchen backen. In beiden Städten gab es kaum Großanmietungen. Mit jeweils 600 Quadratmetern rangieren derweil Stuttgart und Düsseldorf abgeschlagen am Tabellenende. Zumindest in Düsseldorf ist das teilweise auf die mangelnde Verfügbarkeit passender Flächen zurückzuführen, die aktuelle Quote liegt knapp unter zwei Prozent. Nur in München gibt es ähnlich wenig Angebot. Im Schatten des Zweikampfes zwischen dem neuen Spitzenreiter Gastronomie/Food und den Textilhändlern hat sich der Bereich Beauty/Gesundheit auf mittlerweile 17 Prozent herangepirscht. Neben den traditionell expansiven Drogerieketten entfällt dabei rund ein Drittel dieser Fläche auf die geräumigen Fitnessstudios, darunter neue Konzepte wie den Indoor-Fahrrad-Betreiber Becycle. Entsprechend ist die Branche bei Neuanmietungen in der Kategorie größer als 1.000 Quadratmetern mit neun Abschlüssen am stärksten. Insgesamt fallen zwölf Prozent der angemieteten Fläche auf diese Größenkategorie.

Wie in den vergangenen beiden Jahren gab es keine Veränderung bei den Spitzenmieten in den Big 10. Anders sieht das Bild jedoch auf Ebene aller 185 betrachteten Einzelhandelsstandorte aus. Dort wird für die erste Jahreshälfte in 141 Städten mit stagnierenden Mieten und für 44 Standorte sogar mit nachgebenden Werten gerechnet. Allerdings klafft die Schere für die Mietpreisrückgänge weit auseinander und liegt zwischen zwei Prozent und in der Spitze sogar bei 26 Prozent. Leichte Rückgänge hatten zum Beispiel Essen und Bamberg zu verzeichnen. Den höchsten Mietpreisverlust erlebte Leverkusen.

„Die strukturellen Probleme des Einzelhandels machen sich in erster Linie in kleineren Städten bemerkbar. Einzelhändler überdenken ihre Filialnetze und fokussieren sich dabei eher auf die größeren Standorte oder Städte mit einer besonderen Lagegunst. Im speziellen Fall leiden Städte wie zum Beispiel Leverkusen besonders unter der übermächtigen regionalen Konkurrenz wie Köln und Düsseldorf“, erklärt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany, dessen Abteilung Neuanmietungen in den 185 Standorten kontinuierlich auswertet.

Zurück

Vielleicht auch interessant

Dass Restaurants No-Show-Gebühren erheben, ist seit zehn Jahren ein laufender Prozess und in der gehobenen Gastronomie vielerorts der neue Standard. Immer mehr Restaurants in Deutschland bitten Gäste, die nicht erscheinen, zur Kasse. Wo die Gebühr erhoben wird, ist sie allerdings nur selten fällig.

Bereits zum fünften Mal hat METRO den Preis für nachhaltige Gastronomie verliehen. Ausgezeichnet wurden Gastronomiebetriebe für ihre kreativen nachhaltigen Konzepte und Initiativen. Erster Preisträger ist das Restaurant Ronja im Ringlokschuppen aus Mülheim an der Ruhr.

Immer wenn der Guide Michelin erscheint, werden Erfolgsgeschichten geschrieben oder tritt kurioses zu Tage. Rekordverdächtig dürfte die Auszeichnung des Romantik Hotels und Restaurant Hirsch auf der Schwäbischen Alb sein. Inhaber und Küchenchef Gerd Windhösel hat in diesem Jahr zum dreißigsten Mal einen Michelin-Stern erkocht.

Mit ihren «Neni»-Restaurants hat die Wiener Gastronomin Haya Molcho die orientalische Küche bekannt gemacht. Ein Teil der Erlöse eines neuen Gerichts kommt nun einem Schulprojekt in Marokko zugute.

Die Lieferando-Mutter Just Eat Takeaway hat mit zögerlichen Bestellern in Nordamerika zu kämpfen. Die USA und Kanada erwiesen sich im ersten Quartal weiter als Klotz am Bein und überschatteten das leichte Wachstum in Nord- und Westeuropa.

Der weltweit größte Franchisenehmer von TGI Fridays will die Kette kaufen und an die Börse bringen. Die Casual-Dining-Marke hat eine Vereinbarung mit dem britischen Unternehmen Hostmore plc über eine Übernahme aller Aktien im Wert von 220 Millionen Dollar getroffen. Es geht um fast 600 Restaurants in 44 Ländern.

Die Sonne lacht, kühle Getränke locken - und Cannabis-Rauchschwaden ziehen durch den Biergarten. Manche genießen die neue Freiheit, andere ärgern sich. Wie stehen die Bundesbürger zum neuen Leben mit der Droge?

Die Teil-Legalisierung von Cannabis konnte Bayern nicht verhindern. Dafür erlässt die Staatsregierung nun Verbote für konkrete Bereiche. In Bayern wird das Kiffen auf Volksfesten und in Biergärten komplett verboten,

Gerichte entwickeln sich ständig weiter. Future Menus unterstützt Gastronomen dabei, auf die Vorlieben für einzigartige kulinarische Erlebnisse von Gen Z und Millennials zu reagieren. Dabei geht es um Lösungen für einige der größten Herausforderungen, vor denen unsere Branche heute steht.

In der neuen Folge von Kitchen Impossible am Sonntag stellt sich Tim Mälzer dem Koch des Jahres 2023, Miguel Marques. Gedreht wurde diese Folge beim Finale des Live-Wettbewerbs Mitte November 2023 im Kameha Grand in Bonn.