DEHOGA kämpft gegen Übernachtungssteuer in hessischen Städten

| Politik Politik

Kassel und Offenbach wollen sie einführen, in anderen Städten wird sie bereits fällig: Die Übernachtungssteuer sorgt bei Wirtschafts- und Branchenverbänden für Unmut. Sie bringe nicht nur finanzielle Mehrbelastungen für die Gäste mit sich, sondern verursache auch erheblichen administrativen Aufwand, sagte etwa Oliver Kasties, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gastronomieverbands Dehoga Hessen. 

«Hotelbetriebe müssen ihre Abrechnungssysteme anpassen und bestehende Beherbergungsverträge überarbeiten», erläuterte er. «Schon jetzt machen Bürokratiekosten aufgrund komplizierter Vorgaben und Verpflichtungen bei einem typischen Unternehmen im Gastgewerbe jedes Jahr 2,5 Prozent des Umsatzes aus.» Bei durchschnittlichen Margen und hohen Arbeitsbelastungen könne das die Betriebe in ihrer Existenz und Nachfolge gefährden.

Kassel rechnet mit jährlichen Erträgen von 3 Millionen Euro

In Kassel wird nach Angaben der Stadt «seit Jahren über die Einführung einer Abgabe auf Übernachtungen diskutiert, um mit den zu erwartenden Erträgen zur auskömmlichen Finanzierung der touristischen und kulturellen Infrastruktur beizutragen». Vorgesehen sind nun fünf Prozent des Netto-Übernachtungspreises ab dem 1. Juli 2025. Ausgenommen sind Übernachtungen in Jugendherbergen sowie Klassenfahrten und Gruppenreisen von Kindern und Jugendlichen bis zum Alter von 18 Jahren. 

Nach Angaben des Sprechers rechnet die Stadt mit jährlichen Erträgen von 3 Millionen Euro. Am 5. Mai soll die Kasseler Stadtverordnetenversammlung über die Übernachtungssteuersatzung entscheiden. 

Abgabe in Offenbach bereits beschlossen

In Offenbach hat das Stadtparlament die Einführung einer Abgabe für Touristen und Geschäftsreisende in Hotels nach Angaben der Stadt im Rahmen der Haushaltssatzung 2025 bereits beschlossen. «Die Einnahmen sind Teil des Konzepts zur Haushaltskonsolidierung aufgrund der stetig steigenden Ausgaben», erklärte eine Sprecherin. 

Details seien noch nicht bekannt, da zunächst die notwendige Satzung ausgearbeitet werden müsse, die 2026 in Kraft treten solle. Die Stadt erwarte Einnahmen in Höhe von 1,3 Millionen Euro. «Ein Teil der Ausgaben soll in das Tourismusmarketing fließen.» 

Dehoga lehnt weitere Belastungen ab

«Uns ist bewusst, dass die kommunalen Haushalte unter Druck stehen», sagte Kasties. Gerade deshalb sei es entscheidend, die Wirtschaft vor Ort zu stärken, um die Einnahmen aus der Gewerbesteuer für die Kommune zu erhöhen. «Weitere Belastungen sind nicht das Gebot der Stunde.» 

Auch die örtlichen Industrie- und Handelskammern üben Kritik an den Plänen in Kassel und Offenbach und warnen vor zusätzlichen Belastungen für die lokale Wirtschaft. Sie fürchten sinkende Buchungszahlen und negative Auswirkungen auf weitere Branchen wie Gastronomie, Einzelhandel und das Taxigewerbe. 

Die Position von IHK und Dehoga sei der Stadt bekannt, hieß es dazu aus Offenbach. Man stehe dazu im Austausch mit beiden Interessenverbänden. 

Die Stadt Kassel gehe davon aus, dass der Tourismusstandort Kassel weiterhin hochattraktiv für Privat- und Geschäftsreisende bleiben werde, sagte der Sprecher der Stadt. «Hierzu trägt auch die Übernachtungssteuer bei, indem sie eine auskömmliche Finanzierung der touristischen und kulturellen Infrastruktur auch in Zeiten äußerst angespannter kommunaler Haushalte sichert.» 

Verband spricht sich für Tourismusbeitrag aus

Kasties zufolge stören sich der Dehoga und die Kasseler Hotelerie besonders daran, dass die eingenommenen Steuern nicht komplett zweckgebunden sind und somit zum großen Teil auch für nicht-touristische Zwecke genutzt werden könnten. «Eine Haushaltskonsolidierung auf Kosten der touristischen Betriebe sehen wir kritisch und fordern die Stadt weiterhin auf, alternative Wege wie den Tourismusbeitrag, der in vielen Kommunen wie auch in Frankfurt und Fulda bei allen touristischen Beteiligten Akzeptanz gefunden hat, zu prüfen.» 

Frankfurt erhebt seit dem 1. Januar 2018 einen Tourismusbeitrag in Höhe von zwei Euro pro Person pro Nacht. Zunächst galt dieser nur für Privatreisende, seit Oktober 2024 auch für Geschäftsreisende. Im Jahr 2023 erzielte die Stadt nach eigenen Angaben so Einnahmen von knapp sieben Millionen Euro. «Mit der Ausweitung auf Geschäftsreisende erwartet die Stadt für das Jahr 2025 Einnahmen in Höhe von 11 Millionen Euro», sagte eine Pressesprecherin.

«Die Einnahmen aus dem Tourismusbeitrag sind zweckgebunden und dürfen ausschließlich für die Förderung des Tourismus verwendet werden», erklärte sie. Dies umfasse die Schaffung, Erweiterung und Vermarktung touristischer Einrichtungen sowie die Durchführung entsprechender Veranstaltungen.

Rechtliche Hürden für Tourismusbeitrag in Kassel

Ursprünglich war auch in Kassel ein Tourismusbeitrag angestrebt worden. Nach Angaben der Stadt gibt es für dessen Einführung aber eine rechtliche Hürde. «In Kassel liegt die Besonderheit vor, dass der Ortsbezirk Bad Wilhelmshöhe als Kurort und die restlichen städtischen Ortsbezirke als Tourismusort anerkannt sind», erklärte der Sprecher. Die gleichzeitige Führung sowohl eines Kur- als auch eines Tourismusprädikats durch dieselbe Kommune beziehungsweise denselben Ortsbezirk habe der Landesgesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossen. 

«Dies führt in Kassel dazu, dass ein stadtweit einheitlicher Tourismusbeitrag, der sich auch auf Bad Wilhelmshöhe erstrecken würde, nicht erhoben werden kann.» Eine Ungleichbehandlung von Bad Wilhelmshöhe und der übrigen Stadtteile komme für den Magistrat aus tourismuspolitischen Gründen nicht in Betracht. 

Darmstadt erhebt Übernachtungssteuer seit 2023

Einbußen, wie sie Kritiker der Übernachtungssteuer nach der Einführung befürchten, sind der Stadt Darmstadt nach eigenen Angaben nicht bekannt. Dort wird seit dem 1. Januar 2023 für jede Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb eine Steuer in Höhe von zwei Prozent der Netto-Kosten erhoben. Die Übernachtungszahlen in Darmstadt im Allgemeinen seien seit 2022 mit insgesamt 676.152 Übernachtungen um gut 15 Prozent auf 780.787 Übernachtungen 2024 gestiegen, erläuterte ein Sprecher.

Die Stadt stelle in vielfältiger Weise städtische Infrastruktur zur Verfügung, unterhalte diese und baue sie stetig aus, erklärte er. «Hierzu zählen beispielsweise kulturelle Einrichtungen wie Theater, Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder, das Welterbe Mathildenhöhe Darmstadt, das Verkehrswegenetz (ÖPNV) und viele weitere Angebote.» Finanziert werde diese Infrastruktur aus den allgemeinen Finanzmitteln der Stadt, zu denen auch die Einnahmen aus der Übernachtungssteuer zählten.

«Zu Beginn gab es kurzzeitig Anlaufschwierigkeiten, bis alle Systeme der Hotels sowie die Buchungsplattformen mit den entsprechenden Informationen korrekt gepflegt waren, was durchaus zunächst ein Mehraufwand für die Beherbergungsbetriebe war», erklärte er. Inzwischen habe sich die Abgabe der Erklärung der Übernachtungssteuer, die quartalsweise von den Betrieben abgegeben wird, eingespielt. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) fordert eine rasche und dauerhafte steuerliche Entlastung für das Gastgewerbe. Der Verband sieht darin einen entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Innenstädte.

Die im Europäischen Parlament angestoßenen Pläne für ein Bezeichnungsverbot von Fleisch-Namen für pflanzliche Ersatzprodukte stoßen im Bundestag auf breite Ablehnung. Quer durch fast alle Fraktionen äußerten Abgeordnete Kritik an einem möglichen Verbot von Begriffen wie „Tofu-Wurst“ oder „Veggie-Burger“.

Die wiederholte Blockade in Washington hat für das US-Hotelgewerbe bereits zu massiven Verlusten geführt. Über 30 Branchenverbände richten einen verzweifelten Appell an die politischen Entscheidungsträger.

Der Mindestlohn steigt wie geplant zum 1. Januar auf 13,90 Euro pro Stunde und ein Jahr später um weitere 70 Cent auf 14,60 pro Stunde. Das Bundeskabinett beschloss in Berlin eine entsprechende Verordnung.

Bundesagrarminister Alois Rainer spricht sich gegen ein Verbot von Bezeichnungen wie «Veggie-Schnitzel» oder «Tofu-Wurst» für pflanzliche Lebensmittel aus. Es würde «unglaublich hohe Kosten für die Wirtschaft» sowie Bürokratie verursachen, sagte der CSU-Politiker vor einem Treffen mit einem EU-Amtskollegen in Luxemburg.

Zwei Drittel der abhängig Beschäftigten in Deutschland sprechen sich für eine Lockerung der täglichen Arbeitszeitbegrenzung und die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit aus. Dies ist das zentrale Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Die Debatte um geplante Steuerentlastungen für die Gastronomie und Pendler spitzt sich zu. Nach der ablehnenden Haltung von Bundesfinanzminister Klingbeil hinsichtlich einer Kompensation für die Länder, kam scharfe Kritik von Ministerpräsidenten der CDU. Gleichzeitig warnt der DEHOGA vor den Folgen einer Verzögerung der Entscheidungen.

Der Streit zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung des geplanten Entlastungspakets spitzt sich zu. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat die Länder scharf vor einem Scheitern der geplanten Mehrwertsteuersenkung für Speisen in der Gastronomie gewarnt. Jetzt äußerten sich weitere Politiker und Verbände.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat angesichts des anhaltenden Streits über die Verteilung der Steuerausfälle mit einem Scheitern der geplanten Entlastungen für die Gastronomie und Pendler gedroht. Die Länder fordern eine Kompensation der zu erwartenden Mindereinnahmen durch den Bund.

Entlastung für eine krisengeschüttelte Branche: In einer öffentlichen Anhörung im Bundestag bekräftigen Wirtschaftsvertreter und Fachexperten die Notwendigkeit der geplanten Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf sieben Prozent. Kritiker stellten die fiskalischen Kosten und die soziale Treffsicherheit der Maßnahme infrage.