Merkel will jetzt Urlaubsreisen ins Ausland verbieten

| Politik Politik

Angesichts der hitzigen Diskussion über Urlaub auf Mallorca trotz Corona erwägt die Bundesregierung, Reisen in beliebte Urlaubsgebiete im Ausland vorübergehend zu unterbinden. «Das wird jetzt von den zuständigen Ressorts überprüft», sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. Sie sagte aber nicht, welche Optionen es gibt.

Die SPD lehnte ein echtes Reiseverbot umgehend ab. «Ein generelles Verbot von Reisen in beliebte Urlaubsgebiete im Ausland wird es mit der SPD-Fraktion nicht geben», sagte der parlamentarische Geschäftsführer Carsten Schneider der Deutschen Presse-Agentur. «Generell Reisen ins Ausland zu verbieten, geht über sinnvolle Schutzmaßnahmen hinaus, ist unverhältnismäßig und trägt zur weiteren Verunsicherung der Bevölkerung bei.»

Hintergrund der Diskussion ist der vorübergehende Buchungsboom für Mallorca nach der Streichung der Lieblingsinsel der Deutschen von der Liste der Corona-Risikogebiete am 14. März. Damit wurde auch die Reisewarnung des Auswärtigen Amts aufgehoben. Der Schritt erfolgte, weil die Zahl der Neuinfektionen dort unter 50 pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gesunken war. Damit ist der Urlaub auf Mallorca wieder ohne Quarantäne und Testpflicht bei der Rückkehr möglich.

Das führte zu einer Explosion der Buchungen bei den großen Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften, die hunderte zusätzliche Flüge für die Osterferien neu auflegten. Beim Bund-Länder-Treffen am Montag wurde allerdings entschieden, dass künftig für alle Flugpassagiere, die nach Deutschland einreisen, eine Testpflicht eingeführt werden soll.

Das reicht einigen Ministerpräsidenten aber nicht aus - vor allem, weil Urlaub im Inland in den Osterferien wegen geschlossener Hotels und Campingplätze nicht möglich ist. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte am Mittwoch in seiner Regierungserklärung, die Testpflicht sei nur das «Minimum». «Und mir wäre es lieber, uns würden noch ein paar andere Maßnahmen einfallen.» Es sei «einfach für die Menschen schwer verständlich und akzeptabel», dass man bei uns kein Ferienhaus und keine Ferienwohnung buchen könne, umgekehrt aber auf Mallorca großer Urlaub gemacht werden könne.

Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Olaf Scholz (SPD). «Es ist nicht gut, dass jetzt in dieser Situation solche Urlaubsreisen stattfinden», sagte der Finanzminister. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht das so. Es könne doch nicht sein, dass man nicht in der Lage sei zu verhindern, dass Menschen nach Mallorca fliegen, aber in Flensburg ein 15-Kilometer-Bewegungsradius durchgesetzt werden könne, sagte sie am Mittwochvormittag bei ihren Beratungen mit den Ministerpräsidenten.

Wie man es rechtlich sauber hinbekommen kann, dass niemand mehr nach Mallorca fliegt, ist aber unklar.

DAS PROBLEM

Bisher raten Bund und Länder in ihren Beschlüssen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie von touristischen Reisen im In- und Ausland ab. Das ist zwar nur eine Empfehlung. Für das Inland wurde aber schon eine Lösung gefunden, das Reisen tatsächlich auch wirksam zu unterbinden: Man hat den Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben einfach verboten, Urlauber einzuquartieren. Da die Bundesregierung auf Hotelöffnungen im Ausland keinen Einfluss hat, muss sie eine andere Lösung finden.

LÖSUNGSANSATZ 1: QUARANTÄNE ALS REISEBREMSE

Eine Möglichkeit wäre, das Reisen für Urlaubswillige einfach unattraktiv zu machen. Rückkehrer aus Corona-Risikogebieten müssen für zehn Tage in Quarantäne, von der sie sich erst nach fünf Tagen befreien können. Diese Regelung auf Einreisende aus dem Ausland generell auszuweiten, hätte zumindest abschreckende Wirkung und würde auch die Ansteckungsgefahr durch rückkehrende Urlauber verringern. Allerdings ist die Einhaltung der Quarantäne schwer zu kontrollieren.

LÖSUNGSANSATZ 2: REISEVERBOT FÜR URLAUBER

Eine andere Möglichkeit ist, das Reisen zumindest teilweise zu verbieten. Das geschieht zum Beispiel in den Herkunftsländern der anderen beiden großen Mallorca-Urlaubergruppen: Spanien und Großbritannien.

BEISPIEL ENGLAND

In England ist das Verbot von Auslandsreisen längst Realität - und davon sind nicht nur klassische Urlaubsziele betroffen. Die Engländer sollen sich derzeit nicht einmal aus ihrem eigenen Wohnviertel bewegen, erst im April sollen Inlandsreisen unter bestimmten Bedingungen wieder erlaubt sein. Das Land verlassen darf aktuell nur, wer einen triftigen Grund dafür vorweisen kann. Zu diesen wenigen Ausnahmen zählen notwendige Arbeitsreisen, Beerdigungen oder die Heimreise von internationalen Schülern. Wer ohne das notwendige Formular - auf dem dieser Grund nachzuweisen ist - am Flughafen, Fährhafen oder Bahnhof erwischt wird, muss mit saftigen Geldstrafen rechnen. Premierminister Boris Johnson will die strengen Maßnahmen noch bis mindestens Mitte Mai aufrechterhalten. Johnson kann nur für England Corona-Maßnahmen verhängen, in den anderen britischen Landesteilen gelten jedoch sehr ähnliche Regeln.

BEISPIEL SPANIEN

In ganz Spanien darf man seine autonome Gemeinschaft - das entspricht in etwa deutschen Bundesländern - nicht verlassen. Aus Katalonien auf dem spanischen Festland darf man also nicht auf die Balearen, zu denen Mallorca gehört. Die Polizei kontrolliert auf den Balearen alle vom Festland Ankommenden, ob sie einen triftigen Grund für die Reise vorweisen können. Falls nicht, werden sie umgehend zurückgeschickt. Als hinreichende Gründe werden die Aufnahme von Arbeit, ein Arztbesuch oder die Pflege von bedürftigen Angehörigen angesehen.

ZURÜCKHALTUNG IN DEUTSCHLAND

Auch im deutschen Recht gibt es zwar jetzt schon Vorkehrungen, um eine Ausreise zu verbieten. So können die Behörden einen Pass oder andere Reisepapiere versagen oder auch entziehen. Die Stoßrichtung ist aber hier eine andere. Damit sollen zum Beispiel Drogenschmuggler aufgehalten werden oder Menschen, die einen Terrorakt planen.

Selbst das in der Corona-Krise ergänzte Infektionsschutzgesetz sieht die Möglichkeit zur Untersagung touristischer Reisen vor. Das Problem bei Mallorca beispielsweise ist aber, dass die Infektionszahlen dort niedrig sind, die Gefahr also eher in der Zukunft liegt. Ein pauschales Reiseverbot - immerhin ein Grundrechtseingriff - wäre noch schwerer zu rechtfertigen. Denn staatliche Eingriffe müssen immer verhältnismäßig sein, mildere Mittel nicht ausreichen.

Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland herrscht im Justizministerium deswegen auch große Zurückhaltung gegenüber einem Verbot von Reisen. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sehe da «sehr hohe Hürden» und sei deshalb mit Blick auf die Grundrechte «sehr skeptisch», heiße es in Regierungskreisen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Nachdem der Bundestag in der vergangenen Woche das Steueränderungsgesetz 2025 verabschiedet hat, liegt die Entscheidung über die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie nun beim Bundesrat. Die Länderkammer muss dem Gesetz am 19. Dezember 2026 zustimmen. Jetzt äußerten sich Ministerpräsidenten.

Die Obergrenze für Arbeitsmigration über die Westbalkanregelung ist für 2025 erreicht, was zu Ablehnungen offener Anträge führt und bei Wirtschaftsverbänden angesichts politischer Pläne zur Kontingentsreduzierung auf 25.000 auf Kritik stößt.

Die Regierungschefs der Bundesländer haben sich zusammen mit Bundeskanzler Friedrich Merz auf ein umfangreiches Reformpaket zur Modernisierung von Staat und Verwaltung geeinigt. Dieses könnte bei konsequenter Umsetzung auch für das Gastgewerbe spürbare Entlastungen bringen.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) erwägt ein Subunternehmerverbot für Essenslieferdienste wie Uber Eats, Wolt und Lieferando. Die Maßnahme soll nach einer rbb-Recherche, in der auf mögliche kriminelle Strukturen in der Branche hingewiesen wurde, effektiver gegen zahlreiche Verstöße gegen das Arbeitsrecht vorgehen.

Der Bundestag hat das Steueränderungsgesetz 2025 beschlossen. Das Gesetz setzt die im Koalitionsausschuss vereinbarten steuerlichen Rechtsänderungen um. Zu den zentralen Beschlüssen gehört die dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent.

Gastronomen, Pendler sowie Ehrenamtler sollen steuerlich entlastet werden. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag in Berlin beschlossen. Nun muss noch der Bundesrat den Weg für das Branchenanliegen freimachen.

Die große Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland spricht sich für eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf maximal 8 Stunden aus. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse des nun vorgestellten DGB-Index Gute Arbeit 2025.

Eine Umfrage beleuchtet die Herausforderungen der DSGVO-Umsetzung in der deutschen Wirtschaft. Unternehmen fordern mehrheitlich eine umfassende Reform der europäischen Datenschutzregeln, um die Digitalisierung und die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz nicht weiter zu behindern.

Bundesernährungsminister Alois Rainer hat die geplante Novellierung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes verschoben. Die Ausweitung der Kennzeichnung auf weitere Tierarten und die Einbeziehung der Gastronomie sind weiterhin strittige Punkte, während die Bezahlbarkeit von Lebensmitteln für den Minister im Vordergrund steht.

Der Deutsche Bundestag hat den Haushalt 2026 verabschiedet. Das zentrale Element aus Sicht des Gastgewerbes ist die Verankerung der auf sieben Prozent gesenkten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie. Der DEHOGA zeigte sich zuversichtlich, dass nun auch die Mehrheit der Bundesländer im Bundesrat den Weg für das Branchenanliegen freimachen wird.