SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat für den Fall eines Wahlsiegs Steuererhöhungen für Besserverdienende angekündigt. «Angesichts der vielen Aufgaben, die der Staat jetzt schultert, muss klar sein, dass Leute, die ein paar Hunderttausend Euro verdienen, künftig einen höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten können», sagte der Bundesfinanzminister der «Rheinischen Post» (Samstag). «Wir brauchen ein leistungsgerechteres Steuersystem.» Pragmatische Politik bedeute nicht, dass man Spitzenverdiener verschone und deshalb zusätzliche Schulden mache.
Vom Koalitionspartner Union und der FDP kam Kritik an dem Vorstoß. Der Linken geht er nicht weit genug. CDU/CSU-Fraktionsvize Carsten Linnemann sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag), Steuererhöhungen könne man jetzt am allerwenigsten gebrauchen. «Handwerker und Mittelständler sind froh, wenn sie Corona überstehen. Wenn wir jetzt mit höheren Steuern drohen, die sie am Ende des Corona-Tunnels erwarten könnten, wäre das absolut kontraproduktiv». Deutschland brauche aber eine echte Steuerreform, um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten.
Der künftige FDP-Generalsekretär Volker Wissing kritisierte Scholz' Steuerpläne als doppelt ungerecht: «Er will dem unternehmerischen Mittelstand die Steuern erhöhen und der arbeitenden Mitte mehr Gerechtigkeit verweigern. Solch eine Steuerpolitik macht alle zu Verlierern.» Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) sagte: «Das ist wieder typisch Scholz: Keine kreativen Konzepte in dieser schwierigen Situation, sondern nur die klassischen Steuererhöhungen aus der Mottenkiste.»
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch begrüßte die Ankündigung im Grundsatz. «Zur Finanzierung der Krise ist dies allerdings zu wenig», sagte er aber. «Corona kostet Billionen, da brauchen wir einen historischen Lastenausgleich, wie ihn das Grundgesetz für solche Situation vorsieht. Wir müssen Vermögen und Erbschaften von Multimillionären und Milliardären heranziehen.» Viele seien in der Krise noch reicher geworden, viele wollten aber auch höher besteuert werden. «Tun wir dies nicht, wird Olaf Scholz dem Normalbürger die Corona-Rechnung präsentieren müssen.»
Scholz sagte auch, dass er die Schuldenbremse von 2022 an wieder einhalten wolle. Die Aussetzung rechtfertigte der SPD-Politiker so: «Wir dürfen nicht alles, was wir jetzt mit unserem Stabilisierungsprogramm und den Konjunkturmaßnahmen stützen, wieder kaputtmachen, indem wir plötzlich auf die Bremse treten. Wir brauchen Kraftreserven für länger.» Dank Maßnahmen der Regierung gebe es Anzeichen, dass sich die Wirtschaft erhole. «Wir können mittlerweile annehmen, dass wir durch unser schnelles staatliches Handeln eine bessere ökonomische Entwicklung haben als wir befürchten mussten.» (dpa)