Bürokratieabbau im Gastgewerbe: Baden-Württemberg schafft Gaststättenerlaubnis ab

| Politik Politik

Der Landtag hat am 12. November 2025 die Neufassung des Landesgaststättengesetzes (LGastG) beschlossen. Die Reform tritt am 1. Januar 2026 in Kraft und führt zu grundlegenden Vereinfachungen für Gastgewerbebetriebe in Baden-Württemberg.

Systemwechsel: Von der „Konzession“ zum Anzeigeverfahren

Die zentrale Änderung betrifft den Wegfall der Gaststättenerlaubnis, auch bekannt als „Konzession“, die bisher für Betriebe mit Alkoholausschank notwendig war. An ihre Stelle tritt künftig ein einfaches Anzeigeverfahren. Dieses wird im Zuge der Gewerbeanmeldung bei den zuständigen Behörden abgewickelt.

Die Neuregelung zielt darauf ab, zeit- und kostenintensive Doppelprüfungen zu verhindern. Dies betrifft nicht nur Gründerinnen und Gründer, sondern auch Unternehmer, die einen bestehenden Betrieb übernehmen – etwa im Rahmen einer Unternehmensnachfolge – oder die lediglich die Rechtsform ihres Betriebes ändern (z.B. von einer GbR in eine GmbH). In diesen Fällen war zuvor eine erneute, umfangreiche Gaststättenerlaubnis samt Zuverlässigkeitsprüfung erforderlich.

Das Wirtschaftsministerium und das Statistische Landesamt schätzen den jährlichen Entlastungseffekt auf rund 3,5 Millionen Euro für die Verwaltungsbehörden und circa 9,75 Millionen Euro für die Betriebe des Gastgewerbes.

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) äußerte sich zufrieden über die Verabschiedung: „Mit der Neufassung des Landesgaststättengesetzes ist es gelungen, ein schlankes und effektives Regelwerk zu schaffen. Wir gehen damit voran – kein anderes Bundesland hat den Systemwechsel so konsequent vollzogen wie Baden-Württemberg.“

Die tourismuspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Katrin Schindele, bezeichnete die Gesetzesnovellierung als „pragmatisch, marktnah und wirksam“. Die Reform geht auf den Einsatz des Branchenverbandes DEHOGA im Rahmen der Entlastungsallianz für eine Entbürokratisierung im Gastgewerbe zurück.

Modernisierung der Unterrichtungspflicht

Eine weitere Säule der Reform ist die Modernisierung und Ausweitung des Unterrichtungsnachweises für angehende Gastronominnen und Gastronomen. Die Unterrichtungspflicht gilt ab 2026 für alle Quereinsteiger ohne lebensmittelfachliche Ausbildung, unabhängig davon, ob in ihrem Betrieb Alkohol ausgeschenkt wird.

Die bestehende Unterrichtung bei den Industrie- und Handelskammern (IHKs) wird inhaltlich unter Mitwirkung des DEHOGA an aktuelle Anforderungen angepasst. Die Neuausrichtung gliedert sich in zwei Teile:

  • Teil 1: Lebensmittelrecht

  • Teil 2: Allgemeine Rechtsthemen (z.B. Tarifwesen, LGastG, Jugendschutz, Sperrzeiten, Nichtraucherschutz).

Ziel ist die Stärkung der Qualifikation von Gründerinnen und Gründern, die Einführung einheitlicher Standards in der Unterrichtung sowie die Förderung langfristig erfolgreicher Gründungen. Erfahrungen des DEHOGA Baden-Württemberg zufolge scheitern rund 50 Prozent der Neugründungen innerhalb der ersten drei Jahre, wobei Hauptursachen oft Fehler sind, die bereits vor der Eröffnung gemacht wurden.

Der DEHOGA hatte zwar eine weitergehende Lösung in Form eines verpflichtenden Sachkundenachweises mit mehrtägiger Schulung und Abschlussprüfung gefordert. Das Wirtschaftsministerium sah darin jedoch einen möglichen Verstoß gegen EU-Recht.

Wichtigste Fakten zur Gesetzesänderung im Überblick

  • Wegfall der Konzession: Die bisherige Genehmigungspflicht entfällt.

  • Einführung eines Anzeigeverfahrens: Stattdessen genügt eine fristgebundene Anzeige bei der zuständigen Behörde.

  • Keine unnötigen baurechtlichen Prüfungen: Wenn sich am Lokal baulich nichts ändert, entscheidet die Baurechtsbehörde über die Notwendigkeit einer Prüfung. Bei Neuerrichtung oder Umbauten gelten die baulichen Vorgaben weiterhin.

  • Entlastungseffekt: Die Branche wird um rund 10 Millionen Euro pro Jahr an Gebühren entlastet.

  • Gaststättenunterrichtung für alle: Die Unterrichtungspflicht gilt für alle Quereinsteiger ohne lebensmittelfachliche Ausbildung.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Gewerkschaft NGG hat ihre Empfehlungen für die Tarifverhandlungen 2026 veröffentlicht und fordert Entgeltsteigerungen von 4 bis 6 Prozent sowie konkrete Verbesserungen für Auszubildende.

Wie der AfD begegnen? Der Verband der Familienunternehmer will sich für Gespräche mit der AfD öffnen. Das sorgt für scharfe Diskussionen in Politik und Wirtschaft. Caroline von Kretschmann, Inhaberin des Luxushotels Europäischer Hof in Heidelberg, die im Präsidium der Familienunternehmer sitzt, bezieht deutlich Stellung – auch klar abweichend von der Verbandslinie.

Der Stadtrat von Kaiserslautern hat mehrheitlich die geplante Einführung einer Übernachtungssteuer abgelehnt. Die Steuer sollte ursprünglich ab dem 1. Januar 2026 auf Gästeübernachtungen erhoben werden.

Schleswig-Holsteins Gastronomie kämpft laut dem FDP-Fraktionschef mit steigenden Kosten. Er hofft auf Entlastungen durch weniger Bürokratie und niedrigere Mehrwertsteuer und fordert ein klares Signal.

Der Hotelverband Deutschland und der Handelsverband Deutschland warnen vor den Folgen einer geplanten EU-Regulierung, die das bedingungslose Rückerstattungsrecht auf händler-initiierte Kartenzahlungen ausweiten könnte.

Das Verbot der Bettensteuer in Bayern bleibt bestehen. Das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden. Die Staatsregierung freut sich - aber der Streit könnte bald an anderer Stelle weitergehen.

Weniger als jede zweite in Deutschland verkaufte Weinflasche stammt aus heimischer Produktion. Wie kann hiesiger Wein mehr ins Rampenlicht gerückt werden? Ein Treffen im Kloster Eberbach soll helfen.

Die Dorfkneipen in Brandenburg sollten nach Ansicht von Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) angesichts existenzieller Probleme unterstützt werden - doch wann ist offen. Die CDU-Opposition dringt hingegen auf schnelle Hilfe.

Steigende Kosten und internationale Konkurrenz setzen dem Weinbau zu. Im Kloster Eberbach bei Eltville wollen Minister aus acht Bundesländern der Branche helfen. Worum soll es in ihren Gesprächen gehen?

Verbesserter Datenaustausch und digitale Prüfungen sollen den Kampf gegen illegale Beschäftigung effektiver machen. In der letzten Woche hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung verabschiedet. Der DEHOGA begrüßt die angestrebte Bürokratieentlastung, mahnt aber Ursachenbekämpfung an.